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Voellig durchgeknallt

Voellig durchgeknallt

Titel: Voellig durchgeknallt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
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Ich wär ja bescheuert, wenn ich die Lehrer jetzt noch gegen mich aufbringe. Anscheinend bin ich depressiv oder was. Jedenfalls ist das ganz klar kein normales Chas-Benehmen. Ich mache sogar Hausaufgaben. Ich setze mich an die Hausarbeit für Technik und bastle aus Pappe ein Campingbett, das sich zum leichteren Transport zusammenklappen lässt (ich war in meinem ganzen Leben noch nicht zelten und würde dazu garantiert nie ein Bett mitnehmen, aber mein Lehrer fand die Idee offenbar gut), außerdem habe ich jede Menge Mathehausarbeiten abgegeben.
    Zwischendurch ist immer wieder mal Gelegenheit für ein neckisches Geplänkel mit Lexi und ich habe sie jeden Tag nach Hause gebracht. Connor hat mich gefragt, |209| ob wir miteinander gehen, und ich hab ihn bloß angegrinst.
    Lenny Darling habe ich schon seit mehr als einer Woche nicht mehr zu Gesicht bekommen. Ich glaube, Mum sorgt absichtlich dafür, damit ich ihn nicht vergraule. Meine Spitzel haben mir berichtet, dass die beiden drei Treffpunkte haben: das
Harold’s
, ein Restaurant in der Innenstadt, eine Edelkneipe namens
The Gilded Lady
und die Bowlingbahn am Supermarkt. Ich muss zugeben, dass Mum so gut drauf ist wie schon jahrelang nicht mehr. Sie hat Oma sogar gesagt, sie soll sie in Frieden lassen, als Oma gemeint hat, mit ihrer neuen Frisur sieht sie aus wie ein Flittchen. Dafür hätte Mum eigentlich Beifall verdient, aber ich habe so meine Methoden, wie ich mit Oma klarkomme, und will nichts aufs Spiel setzen.
    Ich habe immer noch keinem meiner Kumpel von Lenny erzählt. Sobald irgendwas über seine Vergangenheit bekannt wird, könnte das für meine Familie böse ausgehen. Früher wohnte mal so ein alter Opa Tür an Tür mit Dolores und Michael, von dem hieß es auf einmal, er wär ein Nazi gewesen. Der Typ hat sich so viele Graffiti und Hundescheiße im Briefkasten eingefangen, dass er wegziehen musste. Er hatte einen komischen Akzent und ich weiß, dass er aus Deutschland kam, Michael hat mir das erzählt. Aber er hat auch erzählt, dass der Typ im Krieg aus Deutschland raus musste, weil er Jude war, und dass die anderen keine Ahnung hätten. Hier bei uns fällt man am besten nicht auf, denn jeder lauert nur drauf, dem andern was anzuhängen.
     
    |210| Oma lässt mich erst aus dem Haus, nachdem sie mich gezwungen hat, eine Schüssel
Rice Krispies
aufzuessen, und mir einen Stoffpinguin als Glücksbringer mitgegeben hat. Ich komme mir vor wie ein Kleinkind.
    Sie stellt sich vor den Spiegel in der Diele. »Mein Enkel schreibt nämlich heute seine Matheprüfung.«
    Die Frau spinnt total.
    Als ich in die Turnhalle komme, sitzen alle schon da. Auch Fuller ist schon zur Stelle.
    »Auf den letzten Drücker, Junge, auf den allerletzten Drücker!«, sagt er. Aber dann klopft er mir auf die Schulter. »Viel Glück, und denk dran: Gönn allen Fragen wenigstens einen Versuch. Sie dürften für dich eigentlich kein Problem sein.«
    Bis dahin war ich gar nicht aufgeregt. Aber jetzt, wo ich hinter Patsy Jones an meinem Tisch sitze, wird es totenstill im Raum und mir wird richtig mulmig. Herrje! Was ist bloß mit mir los? Stell dir vor, Chas Parsons macht sich wegen einer Arbeit ins Hemd!
    »Dreht die Bögen um«, kommandiert Fuller und es raschelt vernehmlich. Ich starre auf das leere Blatt vor mir. Ringsrum kritzeln alle schon drauflos.
    Kühlen Kopf bewahren
, ermahne ich mich.
Das ist die Hauptsache
. Ich stelle mir Omas Miene vor, wenn ich verkünde, dass ich Mathe bestanden habe.
    Ich drehe den Bogen um.
     
    Jetzt ist es acht Uhr abends. Noch sieben Tage bis zu meiner Verabredung mit Lexi. Oma sagt, Lenny kommt in |211| fünf Minuten vorbei und holt Mum ab. Seit meiner Entlassung habe ich ihn erst zweimal gesehen. Beide Male hat er im Auto gesessen und auf Mum gewartet. Hoffentlich macht er das heute Abend auch, aber selbst wenn, ich bleibe lieber oben, mache mich an Omas Porzellanfigürchen zu schaffen und linse durch die Gardine, falls ihm plötzlich einfällt, dass er doch reinkommen will. Mum rennt unten rum wie ein aufgescheuchtes Huhn und macht sich fertig. Auf dem Badezimmerfußboden liegt ein nasses Handtuch. Ich hebe es auf und lege es über die Heizung, damit Oma nicht wieder was zu meckern hat. Das Gartentor quietscht, dann kommt jemand den Weg entlang. Offenbar ist Lenny heute zu Fuß da, sonst hätte ich sein Auto gehört. Ich ziehe die Gardine einen winzigen Spalt auf.
    Er trägt Jeans, eine Jeansjacke und ein schwarzes T-Shirt . Das dünne Haar hat er

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