Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Voellig durchgeknallt

Voellig durchgeknallt

Titel: Voellig durchgeknallt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
Vom Netzwerk:
zu einem kümmerlichen Pferdeschwanz gebunden. Mit der fahlen Haut und dem knochigen Gesicht sieht er aus wie einem Leichensack entstiegen.
    Jetzt legt er seine Männerhandtasche auf den Gartenweg und reckt sich. Anschließend vollführt er komische Bewegungen, beugt sich ruckartig vor und streckt die Arme aus, dann stellt er sich mit gefalteten Händen kerzengrade hin. Ich schüttle den Kopf. Mein Dad war nicht grade ein Vorzeigebürger, er hat zu viel getrunken und die Fäuste saßen ihm locker, aber wenigstens hat er nicht wie der letzte Trottel im Garten Aerobic gemacht.
    »Vollidiot«, sage ich vor mich hin.
    |212| Lenny unterbricht urplötzlich sein Gehampel. Er schaut zum Fenster hoch. Ich trete sofort einen Schritt zurück, aber sein abstoßendes Grinsen gilt eindeutig mir. Die Gardine ist doch blickdicht, oder nicht? Aber dann wendet er sich zum Glück ab und besieht sich die Blumen. Oma kann Gartenarbeit nicht ausstehen, aber sie hat den Ehrgeiz, dass ihr Vorgarten schöner sein soll als der von Dolores, darum hat sie lauter große lila, weiße und gelbe Blumen gepflanzt und dank Michael ist der Rasen kürzer geschoren, als der Knastfriseur einem die Haare schneidet. Lenny greift nach einer großen weißen Blüte und rupft sie ab, einfach so. Er schaut wieder zu meinem Fenster hoch, zupft ihr ein Blütenblatt nach dem anderen aus und lässt es auf die Erde trudeln.
    Für wen hält sich der Wichser eigentlich? Wenn Devil so was machen würde, wär’s mir egal. Devil macht sowieso, was er will. Aber Lenny Darling ist erwachsen. Und Erwachsene rupfen nicht in Oma-Vorgärten die Blumen ab.
    Ich reiße das Fenster auf.
    »Was soll der Scheiß?«, rufe ich runter.
    »Hab bloß ein bisschen gej-j-jätet«, antwortet er mit seiner Flüsterstimme. »Ganz schön nötig hier bei euch. Ich halte überhaupt viel vom Ausmerzen.«
    Ich weiß nicht, was ich darauf sagen soll, darum sage ich nichts.
    »Was ist mit deinem Finger los?«, ruft Lenny.
    Ich bekomme einen Schreck.
    »Ist mir neulich schon aufgefallen. Hast du im Knast einen Unfall gehabt?«
    |213| Keine Ahnung, warum ich ihm ausgerechnet die Antwort gebe, die aus mir rauskommt. Wahrscheinlich, um ihm auch einen Schreck einzujagen.
    »Den hat mir mein Kumpel abgehackt. Soviel ich weiß, hat er ihn behalten.«
    »Wie bitte?« Lenny ist baff. »War das etwa Absicht?«
    »Nicht direkt, wir haben nur Blödsinn gemacht. Berufsrisiko.«
    »Bist du sicher?« Lenny scheint richtig Anteil zu nehmen. »Macht dir etwa irgendwer das Leben schwer, Chas?«
    »Es war ein Versehen. Devil ist abgerutscht.« Ich weiß selber nicht, ob das stimmt, aber Lenny geht das nichts an.
    »Hoffentlich hast du die Wunde verarzten lassen.«
    »Erzählen Sie Mum nichts«, bitte ich. »Die kriegt bloß ’ne Krise.«
    Lenny grinst mich an. Es ist kein freundliches Grinsen und ich beschließe, die Unterhaltung zu beenden. Ich knalle das Fenster zu. Dann gehe ich so lange in mein Zimmer, bis er weg ist.

|214| Achtzehn
    Endlich Freitag. Ich bin viel zu früh da, weil sie ja gesagt hat:
Komm pünktlich
. Jetzt stehe ich hier rum wie bestellt und nicht abgeholt und sehe den Leuten zu, die sich vor dem
Odeon
drängeln. Heute war es heiß und es hat sich immer noch nicht abgekühlt. Ich habe geduscht, mich rasiert (obwohl das eigentlich nicht nötig ist) und ich habe Oma dazu gekriegt, mein bestes Hemd und meine beste Hose zu bügeln. Gestern war ich Haare schneiden, und zwar bei dem Friseur, wo ich immer hingehe,
Haarscharf
heißt der Laden. Komisch, da war ich zuletzt, bevor ich wegen dem geklauten Laster in den Bau musste. Damals bin ich noch mit Devil um die Häuser gezogen und habe Briefe an Lenny Darling geschrieben – der noch in einem amerikanischen Hochsicherheitsgefängnis hinter Gittern saß. Tja, die Zeiten ändern sich. Ist ja auch egal, der Friseur war jedenfalls noch derselbe, bloß hat er mir diesmal die Haare viel kürzer geschnitten. Über den Ohren ist jetzt noch jede Menge Platz, bis die Haare anfangen. Von der Seite seh ich echt bescheuert aus, von vorne geht’s. Aber ich tu immer so, als müsste ich mich am Ohr kratzen, um die Seiten zu verdecken.
    Aus lauter Langeweile schicke ich Connor Blacker eine SMS.
     
    |215| hab 1 date mit lexi da biste neidisch hä
     
    Ich bummle ein Stück die Straße runter und sehe mir die Schaufenster an, kriege aber eigentlich gar nichts mit. Ich bin aufgeregt. Obwohl ich erst im allerletzten Moment aus der Dusche raus bin, stinke ich nach

Weitere Kostenlose Bücher