Vogel-Scheuche
Ida.
»Abgelehnt.«
JA.
»War dir das Ei wichtig?«
Heiterkeit im Publikum, als der Simurgh antwortete: JA.
»Also hast du dir nicht gleich das erstbeste Wesen ausgesucht, um ihm dein Ei anzuvertrauen.«
DAS STIMMT.
»Hast du dir nicht tatsächlich das Geschöpf ausgesucht, das für diese Aufgabe am allerbesten geeignet war?«
JA.
»Und dieses Geschöpf war Roxanne Roc.«
JA.
»Deinem Urteil zufolge, und das ist per definitionem das kompetente s te, das es gibt, war Roxanne Roc also ein hochqualifizierter Vogel. Ja, genaugenommen ein Geschöpf von größter Kompetenz und allerbestem Charakter.«
JA.
»Und hat sie die Aufgabe so erfüllt, wie es sich gehörte?«
JA.
»Fast sechs Jahrhunderte lang.«
JA.
»Und ist sie noch heute qualifiziert genug?«
JA.
»Dann ist deine Verfolgung dieses Verstoßes also nicht dahingehend auszulegen, daß die Angeklagte in irgendeiner Weise inkompetent oder charakterlich ungeeignet wäre.«
DAS STIMMT.
»Und du vertraust ihr immer noch hinreichend, um dein Ei von ihr bebrüten zu lassen.«
JA.
Wieder entstand unterdrücktes Raunen im Gerichtssaal. Aussage und Handeln des Simurgh stellten beide die beste Referenz für Roxanne Rocs Charakter dar.
»Danke.« Ida wandte sich lächeln an Grey Murphy. Es war eine Das-widerleg-jetzt-mal-Miene, doch ihr Mund hellte sich dabei allerliebst auf. Metria sorgte sich, wie dies wohl auf einen Mann wirken mochte, der schon allzulange ohne Ergebnis verheiratet war. »Deine Zeugin.«
Grey trat an den Zeugenstand. »Die Angeklagte hat aber doch gegen die Erwachsenenverschwörung verstoßen?«
JA.
Und da lag auch die Crux, erkannte Metria. Es spielte kaum eine Rolle, was für eine großartige Persönlichkeit Roxanne Roc war – sie hatte die Tat nun einmal begangen. Und es spielte auch kaum eine Rolle, wie hübsch Prinzessin Ida mittlerweile strahlte – Greys Talent neutralisierte diese Magie.
Bedeutungsschwanger nickte er zur Geschworenenbank hinüber. »Danke. Keine weiteren Fragen.« Das Abbild verblaßte. Ida wandte sich an das Publikum. »Ich rufe Gwendolyn Kobold in den Zeugenstand.«
Die hübsche kleine Häuptlingsdame vom Koboldberg erhob sich und trat in den Stand. Auch sie wurde vereidigt.
»Bist du der Angeklagten einmal begegnet?« fragte Ida sie.
»Ja, einmal.«
»Beschreibe die Umstände dieser Begegnung.«
»Na ja, damals stand ich mit meinem verzogenen kleinen Bruder im Wettstreit um die Häuptlingswürde unseres Stammes, und da hat er d a für gesorgt, daß ich holen mußte, was zwischen dem Roc und dem ha r ten Platz lag.« Während sie sprach, belebte die Zauberin Iris die Schild e rung durch entsprechende Illusionen, so daß nun vor aller Augen die Szene im Koboldberg erschien. Gwenny Kobold befand sich in Begle i tung von Che Zentaur und ihrer Freundin Jenny Elfe, die beide nun auf der Geschworenenbank saßen. Zu dritt bemühten sie sich, die Bede u tung der hier gestellten Aufgabe zu erfassen und erkannten schließlich, daß sie irgendwie ins Namenlose Schloß eindringen mußten, um das kostbare Ei des Roc zu holen.
Die Szene zeigte die komplizierte Route, die sie einschlagen mußten, um ins Namenlose Schloß zu gelangen. Das geschah im Schnelldurc h lauf, so daß es schien, als würden sie fieberhaft durch ganz Xanth rasen und wie wild das Schloß erklimmen. Schließlich gelangten sie in den Hauptsaal, wo Roxanne im Nest saß. Gwenny benutzte ihren magischen Stab, um den vermeintlich schlafenden Vogel vom Nest zu heben und das wunderschöne Kristallei freizulegen. Dann berührte Che das Ei.
Und Roxanne krächzte. »Aufhören!« dolmetschte Grundy. »Das ist das Ei des Simurgh!« Und plötzlich war das ganze Schloß auf ihren Befehl hin versiegelt, so daß die Eindringlinge nicht mehr entkommen konnten.
Nun kam es zu einer Verfolgungsjagd, als der Große Vogel die drei einfangen und festnehmen wollte, während diese flohen. Es gelang i h nen, Roxanne in einen von Jenny Elfes Gruppenträumen zu locken und sich mit ihr auszutauschen. Bei dieser Gelegenheit erfuhren sie, wie R o xanne sich gegen den Simurgh vergangen und ihre Flugfähigkeit dabei eingebüßt hatte. Schließlich hatte sie den Simurgh ersucht, ihr das Fli e gen wieder zu gestatten, worauf der Simurgh ihr diesen Gemeinschaft s dienst im Namenlosen Schloß auftrug, wo sie zu bleiben hatte, bis das dort aufbewahrte Ei endgültig ausgebrütet war. Sie wußte nichts davon, daß sie für diesen wichtigen Dienst bereits im Vorfeld ausgesucht
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