Vogel-Scheuche
entsprechend eingeschüchtert, nicht einer von ihnen wagte, auch nur einen Piepser zu erwidern. Nur Fetthuf vermochte so etwas – denn es war sein Talent, jene einzuschüc h tern, die sich nicht einschüchtern ließen.
Metria faßte ihren Mut zusammen und brach das angespannte Schwe i gen. »He, Prof-… Wo ist Jenny Elfe.«
Die zornige Miene entwickelte Risse an den Außenrändern. Aus den glühenden Augäpfeln des Professors stiegen Rauchwölkchen auf. »Was tust du denn hier schon wieder?« brüllte er bebend vor Empörung. Ta t sächlich bebte das ganze Klassenzimmer mit ihm.
He – es funktionierte ja! Sie war tatsächlich imstande, seiner Ei n schüchterung die Stirn zu bieten. Zugleich wußte sie aber auch, daß sie an ihrer Einstellung beharrlich festhalten mußte, denn sollte sie sie je einbüßen, würde sie diese Festigkeit kein zweites Mal erreichen. »Ach, störe ich vielleicht? Tut mir aber leid.« Ihr Gewissen verlangte von ihr, daß sie sich entschuldigte, wenn sie irgendwo störte, und es fiel schwer, sich in Fetthufs Gegenwart aufzuhalten, ohne das Gefühl zu stören.
»Komm mit in mein Büro, Dämonin«, sagte er mit einer solchen Ruhe, daß es schon entsetzlich wirkte.
»Klar doch, Profchen.« Sie huschte hinein und stützte ihre wackelnden Knie mit Metallprothesen.
Er kam hinter ihr hergesaust. »Und welchem Umstand verdanke ich das Unvergnügen dieser Störung, Dämonin?« fragte er, sobald seine fin s tere Miene sich genügend aufgehellt hatte, um die Worte freizugeben. »Selbst bei deinem Matschhirn solltest du eigentlich wissen, daß du me i nen Unterricht nicht zu stören hast – und das war nun schon das zweite Mal.«
Sie ließ auch Stützen für ihr Rückgrat entstehen, versteifte den Kiefer und antwortete. »Weißt du noch, dieser Prozeß? Wo du den Richter abgeben sollst?«
»Natürlich weiß ich von diesem Prozeß, du empörende Kreatur! Ich habe ihn bereits in meinen Terminkalender eingetragen.«
»Schön, dann möchtest du doch bestimmt, daß auch sämtliche G e schworene anwesend sind, nicht wahr?«
»Selbstverständlich will ich, daß alle, die dort hingehören, auch anw e send sind. Warum holst du sie nicht?«
»Weil ich Jenny Elfe nicht finden kann. Weißt du vielleicht, wo sie ist?«
»Natürlich weiß ich, wo sie ist!«
»Dann sag es mir, und ich verschwinde.«
»Ah, welche Verführung!« murmelte er. Seine Augen nahmen einen gewitzten Blick an. »Dämonin, es gehört nicht zu meinen Aufgaben, für dich die Leute auf deiner Liste ausfindig zu machen. Was willst du im Gegenzug für diese Information für mich tun?«
Ihre Selbstsicherheit fiel zu Boden. Hastig beugte sie sich vor, um sie wieder aufzuheben, wobei sich ihr Minirock heftig spannte. »Ach, Prof, ich wußte ja gar nicht, daß du dir etwas daraus machst. Soll das heißen, daß all die Jahrhunderte, in denen ich dir meine fleischigen Beine in den kurzen Röcken zur Schau stellte, genau wie meine durchsichtigen, üppig gefüllten Blusen, doch nicht verloren waren? Daß du es tatsächlich b e merkt hast?«
»Natürlich habe ich es nicht bemerkt! Ebensowenig wie die Tatsache, daß du jeden Tag ein andersfarbiges Höschen getragen hast – darunter auch geschmacklose Bonbonstreifen und Polkatupfer ohne Stoff in den Tupfern, ganz anders als die eher konservative Fischgrätunterwäsche, die du gerade anhast. Warum sollte ich auch der Kleidung einer Studentin Aufmerksamkeit zollen, die niemals auch nur einen einzigen Auftrag zu Ende geführt hat?«
»Ach«, sagte sie enttäuscht. »Wenn du also gar nichts Interessantes von mir willst, was möchtest du denn dann haben.«
Sein wütender Blick nahm eine beunruhigende Intensität an. »Ich habe einen Sohn«, verkündete er.
Das wußte sie zwar, mußte aber bei ihrer Pose bleiben. »Na, dann mußt du ja wohl doch mindestens einmal einer Studentin unter den Rock geschaut haben. Nie wieder, was, Prof?«
»Hör auf mit deinen albernen Anstrengungen, mich zum Narren zu halten, Dämonin! Du kennst meinen Sohn, den Dämonenprinzen Vore. Der frißt andere auf.«
»Ja, ich habe mal versucht, ihn zu verführen, aber statt dessen hat er mich aufgefuttert. Das ist wirklich ein brutaler Kerl. Vielleicht hat er auch meine bonbongestreiften Höschen mit Süßigkeiten verwechselt. Worauf willst du hinaus, Prof? Du drückst dich doch sonst nicht so u n klar aus.«
Sie glaubte, er würde gleich explodieren, doch statt dessen sackte er in sich zusammen. »Getroffen, Dämonin.
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