Vogelfrei
wenn sie in Gefahr geraten sollte - was könnte ich schon tun?«
»Lass zu, dass auch andere dich sehen, und sag ihnen, dass Cait Hilfe braucht.«
»Das wird nicht viel nützen. Aufgrund der verdammten Hexenjagden ist es mir dieser Tage nahezu unmöglich, die Aufmerksamkeit eines Sterblichen auf mich zu lenken. Ich könnte schreien, bis ich blau anlaufe, und trotzdem würde niemand Notiz von mir nehmen.«
»Dann veranlasse Ranald, Lärm zu schlagen. Es gibt nichts, was er besser kann. Wenn sogar Ranald behauptet, dass Cait in Gefahr ist, wird Iain sicher etwas unternehmen.«
Sinann kräuselte unwillig die Lippen. »Ausgerechnet Ranald ...«
Dylan hob eine Hand. »Tu es einfach, Tink. Ohne Theater. Sorg dafür, dass Cait in Sicherheit ist.«
Sinann seufzte ergeben und nickte. Dylan eilte in den Burghof hinunter, wo Cait mit seinem gesattelten Pferd und einem in ein Tuch eingeschlagenem gefüllten Bannock auf ihn wartete. Er dankte ihr und stopfte den Leckerbissen in seine Tasche.
»Warum kann denn nicht einer der anderen Männer gehen?« Sie strich mit den Händen über seine Brust, und wieder wünschte er sich nichts sehnlicher, als bei ihr bleiben zu können.
Aber er hatte sein Wort gegeben. »Es geht hier immerhin um die Schwester deiner Mutter. Außerdem bin ich ja in ein paar Tagen wieder da, und dann kann uns nichts mehr trennen.« Er hielt ihre Hände fest, weil ihre Berührung ihn um den Verstand zu bringen drohte. Wenn sie noch lange so weitermachte, würde er nicht mehr im Stande sein, sein Pferd zu besteigen, geschweige denn, es zu lenken. Er küsste sie auf den Mund und flüsterte ihr ein Versprechen ins Ohr, das er in ihrer Hochzeitsnacht einzulösen gedachte, dann schwang er sich in den Sattel und brach nach Killilan auf.
Seit seinem ersten Ritt dorthin hatten sich seine Reitkünste erheblich verbessert, und er hatte sich an den Gedanken gewöhnt, ein tausend Pfund schweres Tier unter sich zu haben. In der Tat hatte er das Reiten so schnell gelernt, dass er sich manchmal fragte, ob er dieses Talent nicht auch von seinen Vorvätern ererbt hatte. Die Familie seiner Großmutter väterlicherseits hatte Anfang des 19. Jahrhunderts in der Nähe des Cumberland River eine Vollblutzucht unterhalten und ihre Pferde im Rennen oft gegen die von Andrew Jackson antreten lassen, doch im Lauf der nächsten hundertfünfzig Jahre war die alte Familientradition allmählich in Vergessenheit geraten. Während des Bürgerkriegs hatten die Yankees die Pferde für die Armee requiriert und dadurch die Farm fast in den Ruin getrieben. Später versuchte die Familie, sie wieder aufzubauen, doch zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden Pferderennen dann in Tennessee gesetzlich verboten, und die Farm ging endgültig Bankrott. Für Dylan aber war das Reiten - genau wie der Umgang mit dem Schwert - etwas, was er vor langer Zeit gelernt und dann vergessen zu haben schien, bis er gezwungen war, sich wieder daran zu erinnern.
Er ritt in einem langsamen Trab den schmalen Pfad entlang, der ihn durch ein Waldgebiet Richtung Killilan führte. Hinter dem Wald würde er einen Felshang überqueren und dann durch eine Reihe kleiner, gewundener Täler nach Killilan hinunterreiten müssen. Zu Fuß hätte er einen kürzeren Weg nehmen können, der auch nicht mehr Zeit in Anspruch genommen hätte, aber auf dem Rückweg würde Unas Schwester ihn begleiten, der er einen Fußmarsch nicht zumuten konnte. Nur die Reichen besaßen in dieser Gegend Pferde, Kutschen gab es nicht, sie wären auch kaum von Nutzen gewesen, da ausgebaute Straßen nicht vorhanden waren. Dylan trieb sein Pferd zu einer schnelleren Gangart an, und am späten Morgen hatte er bereits eine beträchtliche Entfernung zwischen sich und die Burg gelegt. Er dachte nur daran, seinen Auftrag so rasch wie möglich auszuführen, damit er zu Cait zurückkehren konnte.
Mit dem Anblick eines rot berockten englischen Soldaten, der sich plötzlich aus dem Schatten der Bäume löste und eine Muskete auf ihn richtete, hatte er nicht im Entferntesten gerechnet. Weitere Rotröcke brachen aus dem Wald hervor; vier bewaffnete Männer, die ihm den Weg verstellten. Eine eisige Hand schloss sich um Dylans Herz, als er sie erkannte. Es waren Bedfords Dragoner.
16.
Dylan straffte sich und griff nach seinem Schwert; sein Pferd begann nervös zu tänzeln, die fremden Männer erschreckten es.
Eine Stimme hinter ihm warnte ihn auf Englisch: »Macht keine Dummheiten, Matheson!« Dylan drehte sich um und
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