Vogelfrei
treffen soll.«
In Dylans Kopf begann es zu summen, unwillig rieb er sich die Schläfen. »Bedford ist nicht tot?«
»Nein.« Ramsay wunderte sich offenbar, wie er auf diesen Gedanken kam. Da er sich nicht mehr in Lebensgefahr wähnte, begann er seine Kleider zu ordnen. Er trug Hosen aus Hirschleder, ein Brokatwams und einen grünen Samtmantel. Seine Perücke hatte er sich mit einem grünen Band zu einem Zopf gebunden, und sein Hemd strotzte an Kragen und Manschetten vor Rüschen.
Dylan verdrängte diese schlechte Nachricht vorerst, um sich auf das Naheliegende zu konzentrieren. »Ihr seid kein Freund von Iain Mór. Ich denke, Ihr lügt, Sir.« Er wusste, dass Ramsay die Wahrheit sprach, wollte aber nicht, dass dieser das merkte und sich Gedanken darüber machte, woher er, Dylan, sein Wissen hatte. »Trotzdem werde ich Euch das Leben schenken. Legt die Hände gegen den Baum dort und spreizt die Beine.« Ramsay tat, wie ihm geheißen, aber so widerstrebend, als sei es ihm zuwider, von einem Mann wie Dylan berührt zu werden. Dylan hielt ihm mit einer Hand den Dolch an die Kehle, während er ihn mit der anderen durchsuchte. In das Futter des Mantels war ein Päckchen eingenäht, Dylan Schlitzte den Stoff auf und holte es heraus. Es war eine lederne Brieftasche, in der die gesuchten Botschaften steckten. Als Dylan die Tasche öffnete, stellte er fest, dass die Nachrichten verschlüsselt waren. Ramsay erklärte hastig: »Ich habe nicht die Absicht, diese Papiere in Bedfords Hände gelangen zu lassen. Nach diesem Treffen breche ich nach Glenfinnan auf. Dort erwartet mich ein Bote, der die Briefe nach Ciorram bringen wird.«
Dylan wusste, dass Rob Ramsay für verdächtig hielt, sonst hätte er ihm nicht seine Männer hinterhergeschickt, um die Briefe an sich zu bringen. Er gab ein undefinierbares Grunzen von sich und stopfte die Papiere in sein Hemd, dann fesselte er Ramsay mit einem Leinentaschentuch, das er in dessen Wams gefunden hatte, die Hände. Danach griff er nach Ramsays Börse, wog sie in der Hand und schüttelte sie, sodass die Münzen klirrten; er schätzte den Inhalt auf drei oder vier Pfund. Die Börse verschwand in seiner Tasche, dann packte er Ramsay am Kragen, zerrte ihn vom Baum weg und stieß ihn in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Er würde persönlich dafür sorgen, dass die Briefe Ciorram erreichten, ob es Ramsay nun gefiel oder nicht.
Sie erreichten den Pfad, wo die Räuber bereits die erbeuteten Pferde bestiegen hatten und die entwaffneten Soldaten mit vorgehaltenen Gewehren in Schach hielten, während sie auf Dylans Rückkehr warteten. Beifälliges Gemurmel wurde laut, als sie sahen, dass er den Zivilisten wieder eingefangen hatte. Dylan beauftragte Seamus, Ramsay zu bewachen, und bedeutete dann Alasdair, dass er ihn sprechen wolle. Alasdair beugte sich zu ihm herunter, und Dylan kehrte den Soldaten den Rücken zu.
Mit gedämpfter Stimme sagte er auf Gälisch: »Es gibt gute Gründe, ihn vorerst festzuhalten. Wir werden ein Lösegeld für ihn verlangen.«
Alasdair zog die buschigen Brauen hoch. »Wieso?«
Dylan griff in sein Hemd und zeigte ihm die Brieftasche. »Er hat wichtige Papiere bei sich. Wenn die Engländer davon wissen, aber glauben, wir hätten sie nicht gefunden, werden sie jede Summe für den Mann zahlen. Und wir können ihn unterdessen aushorchen und prüfen, wie vertrauenswürdig er ist.«
Der hünenhafte rothaarige Schotte grinste. »Deine Denkweise gefällt mir, weißt du das?« Auf Englisch brüllte er den uniformierten Gefangenen, von denen einer seinen toten Kameraden über der Schulter trug, zu: »Hört gut zu, Sassunaich. Ihr sollt eurem Vorgesetzten Folgendes ausrichten: Wenn er diesen Whig lebend und unversehrt zurückhaben möchte, kostet ihn das hundert Pfund Sterling, die uns in genau einer Woche an dieser Stelle zu übergeben sind. Ihr könnt jetzt zu eurer Garnison zurückgehen, zu Fuß, versteht sich. Der Marsch wird euch gut tun. Sollte einer von euch versuchen, uns zu folgen, schlage ich ihm den Kopf ab und verfüttere seine Eier an meine Schweine -und zwar nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.«
Die Soldaten blieben unschlüssig stehen, wagten offenbar nicht, ihren Begleiter einfach seinem Schicksal zu überlassen. Alasdair verlor die Geduld. »Was steht ihr hier noch rum und glotzt?«, fuhr er die Männer an. »Verpisst euch, ehe ich euch allesamt erschieße, nur um eure hässlichen Visagen nicht mehr sehen zu müssen.«
Das machte ihnen Beine.
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