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Vogelfrei

Titel: Vogelfrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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er seine Blase erleichtern konnte, dann musste er zumindest entfernt einer Toilette gleichen.
    Am Ende der Treppe angekommen, stand er vor einer hölzernen Tür, die auf die Brustwehr hinausführte. Zu seiner Linken lag die spitz zulaufende Holzdecke von Malcolms Schlafgemach, rechts eine geschwungene, zinnenbewehrte, in einzelne Abschnitte unterteilte Mauer, in die in bestimmten Abständen Schießscharten eingelassen waren. Die eisige Luft reizte seine Lungen, und er musste husten. Der Wind wehte ihm ständig die Haare ins Gesicht. Dylan lehnte sich auf die Laibung, um sich die Gegend genauer anzusehen, und stellte fest, dass die Burg auf einer Insel oder Halbinsel nahe dem Ufer eines kleinen Sees lag. Die Wolken spiegelten sich in dem tiefblauen Wasser wider. Hinter dem Ufer ragten die hohen, zerklüfteten Berge auf und bildeten einen auffälligen Gegensatz zu der friedlichen Atmosphäre des Sees. Die Luft war so klar und die Farben so intensiv, dass Dylan eine ganze Weile still stehen blieb und die Schönheit dieser grau-blau-grünen Landschaft bewunderte.
    Endlich riss er sich von dem Anblick los, schaute nach unten und sah, dass rund um. die ganze Burg eine verfallene Mauer verlief, eigentlich nur mehr eine Ruine, die darauf hinwies, dass das Gebäude einst von einem Burgwall umgeben gewesen war. Ein Trompeterschwan glitt lautlos über den See hinweg, Dylans Blick folgte ihm. Ein breites Lächeln trat auf sein Gesicht, erstarb jedoch sofort wieder. Er hatte noch nie zuvor einen lebendigen Schwan gesehen; für ihn gehörten diese Tiere in das Reich der Märchen und Mythen. Hieß es nicht, die >kleinen Leute< würden gelegentlich Menschen in Schwäne verwandeln? Nur waren diese Märchen für ihn leider bittere Realität geworden, obwohl es ihn nicht weiter gestört hätte, wenn er niemals in seinem Leben einen Schwan oder gar eine Fee zu Gesicht bekommen hätte.
    Doch mit diesen müßigen Betrachtungen konnte er sich jetzt nicht länger aufhalten, denn mittlerweile hatte er es wirklich eilig, jenen ominösen Abtritt zu finden. Schließlich stieß er auf einen winzigen, direkt in die Mauer gehauenen Raum direkt hinter dem Wachturm und stemmte sich gegen die schmale Holztür, bis sie sich mit einem protestierenden Knarren aufschieben ließ. Er zwängte sich hindurch, schloss die Tür hinter sich und drehte sich um, um die Burglatrine eingehender zu betrachten.
    Diese bestand lediglich aus einem an der Wand angebrachten Holzsitz mit einem Loch in der Mitte; daneben stand ein kleiner Korb voll Heu. Als ihm aufging, wozu dieses gedacht war, verzog er gequält das Gesicht. Zwar roch es auf dem Örtchen etwas streng, aber lange nicht so schlimm, wie er es von einer jahrhundertealten Latrine erwartet hatte. Tatsächlich herrschte in jeder Telefonzelle in Nashville ein weitaus üblerer Gestank. Graues Morgenlicht drang durch die Schlitze im Mauerwerk und durch das Loch herein.
    Neugierig spähte Dylan dort hinein. Direkt unter dem Loch, am Fuß des Turms, befand sich eine dunkle Grube, die ein Ende eines Gartens einnahm. Weiße Rosen rankten sich an dem Gitterzaun empor, der den Garten von der Grube trennte.
    Flüchtig überlegte er, wie viele dieser Abtritte es wohl in der Burg geben und wie der morgendliche Exkrementeregen aussehen mochte, wenn man ihn aus der Entfernung betrachtete. Die Vorstellung sowie seine eigene missliche Lage erschienen ihm mit einem Mal so komisch, dass er beinahe in schallendes Gelächter ausgebrochen wäre, doch er beherrschte sich gerade noch rechtzeitig, da er befürchtete, nicht mehr aufhören zu können, wenn er erst einmal angefangen hatte.
    Seufzend dachte er daran, dass es nun wohl an ihm war, seinen Teil zum Inhalt der Grube unten beizutragen, und langte nach dem Saum seines Kilts.
    »Das nenne ich mal ein knackiges Hinterteil! Ich sehe, ich bin gerade zur rechten Zeit gekommen!«
    Diese vermaledeite Fee! Dylan fuhr herum. »Du! Schick mich endlich nach Hause!« Er versuchte sie zu packen, doch sie entzog sich seinen Händen, flatterte zur Decke empor und lachte ihn aus.
    »Nachdem du getan hast, weswegen du hier bist, mein Freund.«
    Dylan legte den Kopf schief und grinste spöttisch. »Das dauert nur eine Minute. Muss bloß schnell pinkeln.«
    Sie verschränkte ergrimmt die Arme vor der Brust. »Du sollst meine Leute retten.«
    »Unmöglich. Sie werden sowohl bei Sheriffmuir als auch bei Glen Shiel und schließlich noch bei Culloden schwere Niederlagen erleiden. Schottland wird auch

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