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Vogelwild

Vogelwild

Titel: Vogelwild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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Jungs im
seichten, hier nur knietiefen Wasser herum. Sie wagten sich sogar auf den
glitschigen Steinen bis unter die steinernen Brückenbögen vor, an denen sich
die Altmühl in kleinen Strudeln verengte, und freundeten sich dort mit anderen
Bootsfahrern an, die hier ebenfalls Rast machten. Fiona und Morgenstern hatten
endlich Zeit für sich.
    »Ist das nicht einfach wunderschön hier?«, schwärmte
Fiona. »Von Nürnberg aus hätten wir dafür bis in die Fränkische Schweiz fahren
müssen, und hier liegt alles direkt vor unserer Haustür.«
    »Hast schon recht«, gab ihr Gatte offen zu. »Ich hätte
nicht gedacht, dass wir uns so schnell hier eingewöhnen.« Und nach einer kurzen
Pause fügte er leise hinzu: »Aber ganz habe ich alles, was passiert ist, noch
nicht weggesteckt.«
    Fiona beugte sich zu ihrem Mann hinüber, zog ihn zu
sich heran und legte, nach kurzem Blick auf die Kinder, die immer noch
anderweitig beschäftigt waren, seinen Kopf behutsam in ihren Schoß. Zärtlich
fuhr sie ihm mit den Fingern durch die Haare. »Ich weiß, ich weiß. Aber du
musst dir wirklich keine Sorgen machen. Natürlich wird niemand gerne gegen
seinen Willen versetzt, aber wir müssen auch nicht immer wieder davon anfangen.
Sieh doch mal das Positive: Das Leben geht weiter, und unsere Jungs fühlen sich
wohl. Wir haben es schön hier.«
    »Schon wahr. Aber manchmal geht mir das doch alles
ganz schön auf den Keks. Noch nicht mal ein ordentliches Hallenbad gibt es
hier.«
    »Jetzt werd mal nicht kleinlich, Herr Morgenstern. Ich
kann mich nicht daran erinnern, wann wir in Nürnberg zum letzten Mal im Palm
Beach gewesen wären. Ich sag dir mal was: In der Phase, in der wir uns momentan
befinden, reicht uns das Freizeitangebot in Eichstätt allemal.«
    Für einen langen Moment beobachtete Morgenstern seine
Söhne, die unter dem mittleren Brückenbogen planschten, und hörte sie vor
Vergnügen johlen, als sie sich gegenseitig nass spritzten. Dann richtete er
sich mit einem Mal auf, gab Fiona einen langen Kuss, nahm ihre Hand und zog sie
mitten ins frühsommerlich angewärmte Altmühlwasser zu ihren Kindern.
»Piratengefecht!«, rief er und spritzte mit beiden Händen das Wasser auf die
überrumpelten Familienmitglieder.
    Es wurde ein durch und durch vergnüglicher Tag, an
dessen Ende alle pitschnass, hundemüde und hungrig wie die Wölfe waren. In
Rieshofen kehrten die Morgenstern’schen Seeräuber im Biergarten einer
Bauernwirtschaft ein, und der Oberkommissar war so mit sich und der Welt im
Reinen, dass er zu seiner deftigen Bauernbrotzeit mit Leberwurst, geräuchertem
Schinken und essigsaurem weißem Presssack im Überschwang auch noch drei
Weizenbier genoss. Schließlich würden sie samt fahrbarem Untersatz von
Bootsverleiher Bernie höchstpersönlich nach Hause chauffiert werden. Sehr
komfortabel.
    Im VW -Bus des
Kanukutschers kam denn auch die Erschöpfung über die beiden Jungs, sodass sie
bald eindösten. Morgenstern, der sich das Paddeln mit einem Kanu sehr viel
leichter vorgestellt hatte, war im Nachhinein heilfroh, dass er sich mit seinem
Tourenziel Beilngries nicht hatte durchsetzen können. Da hätten sie noch um
Mitternacht in ihren Booten gesessen.
    Am
späteren Abend war Mike Morgenstern bei einer Flasche Rotwein auf dem noch warmen,
heimischen Balkon in so aufgeräumter Stimmung, dass Fiona riskierte, ihn mit
einem heiklen Thema zu konfrontieren.
    Als sie beide zum Sternenhimmel hinaufblickten, an dem
der Oberkommissar einzig und allein den Großen Wagen identifizieren konnte, was
er auch bei jeder sich bietenden Gelegenheit tat, fasste sich Fiona ein Herz.
»Ich glaube, ich will endlich auch wieder arbeiten«, sagte sie langsam.
    Morgenstern stutzte wie ein Reh, das im finsteren Wald
plötzlich einem Jäger gegenübersteht. »Mmmh«, brummte er gedehnt, nachdem er
sich einigermaßen gefasst hatte, und harrte der Dinge, die nun kommen sollten.
    »Jetzt arbeite ich schon neun Jahre nicht mehr, und du
weißt doch, dass es mir im Kindergarten damals immer gut gefallen hat. Ich will
ja gar nicht unbedingt wieder Erzieherin sein unter all den jungen Mädchen, die
da heute das Sagen haben, wäre ich sowieso nur die Oma. Aber irgendetwas muss
passieren. Und zwar unbedingt. Ausschließlich Kinder, Küche und Waschmaschine,
das kann’s auf Dauer doch nicht sein.«
    Mike Morgenstern starrte zu seinem Verbündeten, dem
Großen Wagen. In den vergangenen Jahren hatten Fiona und er immer wieder das
Thema angeschnitten, und immer

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