Vogelwild
dann sollten Sie in
den Fossiliensteinbruch gehen, den der Landkreis für Hobbysammler eingerichtet
hat. Da können Sie nach Herzenslust Steine klopfen, und wenn Sie nicht vorher
aufgeben, finden Sie sogar was.«
»Danke für den Tipp.«
»Und falls Sie auf einen Archaeopteryx stoßen, dann
lassen Sie es mich wissen, damit ich Ihnen gratulieren kann, okay?«, sagte sie
lachend.
Morgenstern zögerte mit der Antwort. Irgendwo hatte er
den Begriff doch schon gehört. Verdammt, die Bedeutung lag ihm auf der Zunge.
»Einen Archaeopteryx, einen Urvogel«, erlöste ihn
Pauline Schredl von seinen Qualen. »Wenn Sie den finden, dann brauchen Sie
nicht mehr zu ermitteln, dann haben Sie ausgesorgt. Aber ehrlich gesagt, Ihre
Chancen stehen wesentlich besser, wenn Sie sich drunten im Solnhofener
Lottoladen ein Bayernlos kaufen.«
»Wir werden unser Glück trotzdem bald versuchen«,
versprach Morgenstern. Auf einmal schien ihm die Sache sehr verlockend.
Fossiliensuche: Das erinnerte stark an Goldschürfen am Klondike River.
***
Daheim
tischte er seinen Jungs umgehend die Fossiliensuche als Wochenendattraktion
ersten Ranges auf. Die Begeisterung hielt sich indes in Grenzen.
»Das kenn ich schon«, überraschte ihn Marius. »Neulich
haben die anderen aus meiner Klasse davon erzählt. Da sitzt du nur in der Hitze
rum, hämmerst den ganzen Tag auf Steine ein, und am Ende findest du nichts. Im
letzten Jahr waren sie beim Wandertag da, und keiner ist auf etwas Tolles
gestoßen, nur haufenweise winzige Krebse.«
»Jetzt hör schon auf«, sagte Morgenstern. »Die werden
halt nicht richtig gesucht haben. Beim Goldrausch in Kanada waren es ja auch
bloß die Hartnäckigen, die reich geworden sind. Wenn man dranbleibt, kann man
in den Steinbrüchen sogar riesige Fische und solche Sachen finden. Aber gut,
wenn ihr nicht wollt … Ich möchte niemanden zu seinem Glück zwingen.« Leicht
beleidigt wandte sich Mike Morgenstern an Fiona: »Ich würde so gerne mit euch
zusammen einen schönen Samstagsausflug machen. Schließlich ist es das letzte
Wochenende der Pfingstferien. Da sollten wir schon irgendwie rauskommen.«
»Was uns angeht, wir sind gestern schon Rad gefahren,
wie du dich vielleicht schwach erinnern kannst.« Der süffisante Unterton war
nicht zu überhören. »Aber ich bin allem gegenüber aufgeschlossen, was in die
Natur führt – Steinbrüche ausgenommen, auf die du seltsamerweise auf einmal
ganz wild bist. Unten an der Altmühl gibt es doch diesen Bootsverleih, wo man
Kanus mieten kann.
»›Bernies Boote-Bunker‹? Komischer Name, immerhin
lässt er sich gut merken.« Er seufzte ergeben. »Aber von mir aus, ich bin
dabei.«
Marius und Bastian führten spontan einen kleinen
Freudentanz in der Küche auf, während Fiona bereits mit dem Kanuverleiher
telefonierte und für den morgigen Samstag, neun Uhr, zwei Zweisitzer-Kanus mit
Schwimmwesten und zwei großen, wasserdichten Plastiktonnen fürs Gepäck
bestellte. Wie weit denn die Familie vorhabe, flussabwärts zu fahren, wollte
Boote-Bunker-Betreiber Bernie wissen. Fiona war sich unsicher, aber
Morgenstern, jetzt ganz Indianerfachmann, gab kühn das fünfundvierzig Kilometer
entfernte Beilngries als Zielort an.
Ein Glück, dass Bernie mit allen Altmühlwassern
gewaschen war. »Ich denke, Rieshofen wäre auch eine prima Endstation«,
widersprach er. Morgenstern wollte schon intervenieren, das waren ja gerade mal
fünfzehn Kilometerchen, aber Fiona machte den Handel kurz entschlossen perfekt.
Am Nachmittag um siebzehn Uhr würden sie mitsamt ihren Kanus von einem Bus samt
Bootsanhänger aus Rieshofen abgeholt und wieder nach Eichstätt gebracht werden.
Fiona und die Jungs begannen voller Vorfreude, die
Sachen für den Ausflug zu packen.
»Aber in den Steinbruch gehen wir auch noch
irgendwann«, nölte Morgenstern noch einmal rum.
»Wenn’s denn unbedingt sein muss«, maulten die Jungs
gedehnt zurück – ein familieninterner Code dafür, dass das schon so in Ordnung
ginge. Als dann auch der Oberkommissar nach seiner Badehose suchte, hörten die
anderen immerhin, wie er dabei schon wieder munter vor sich hin pfiff: »Am
Sonntag will mein Süßer mit mir segeln gehen …«
SECHS
Am nächsten Morgen war um kurz nach sechs
Uhr die Nacht für Fiona und Mike zu Ende, denn für ihre Söhne, die sowieso vor
Aufregung kaum in den Schlaf gefunden hatten, gab es jetzt kein Halten mehr.
Die beiden stürmten ins Elternschlafzimmer, zogen Mike und Fiona deren
Bettdecken weg und
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