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Vogelwild

Vogelwild

Titel: Vogelwild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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herausgefunden?«
    »Nun ja, ich habe mit der Besitzerin des Steinbruchs
gesprochen, Pauline Schredl aus Solnhofen. Viele ihrer Angestellten sind
Türken, und sie hat mir erzählt, dass der verunglückte Mustafa Önemir bei
seinen Landsleuten eine wichtige Rolle spielte.«
    »So, und die wäre?«
    »Anscheinend hat er oft als Mittelsmann agiert, wenn
es etwas zu besprechen oder Probleme gab. Im Gegensatz zu vielen anderen
Arbeitern konnte er recht passabel Deutsch reden, war gewandt im Umgang mit
anderen Leuten und selbstbewusst. Ich frage mich allerdings, ob man sich damit
nicht auch unbeliebt machen kann, wenn das Selbstbewusstsein ein bisschen zu
groß wird.«
    »Meinen Sie jetzt, unbeliebt bei den Türken oder bei
der Firmenleitung?«, fragte Schneidt nach.
    »Ich würde eher auf die Landsleute tippen. Frau
Schredl, also seine Chefin, schien ihn zwar auch nicht gerade ins Herz
geschlossen zu haben, aber er war wichtig für sie. Ist doch praktisch, wenn man
nicht mit jedem einzelnen anatolischen Hilfsarbeiter über jeden Arbeitsschritt
diskutieren muss, sondern das mit einem abhandeln kann. – Ich nix verstehn
Deitsch.«
    »Na, na, na, da sollte sich ein Franke in Oberbayern
mal nicht gar zu weit aus dem Fenster lehnen«, gab Schneidt zurück und fügte
noch ein spöttisches »Allmächd, na!« hinzu. Dann wurde der Chef augenblicklich
wieder ernst: »Wir sollten also über diesen Mustafa Önemir noch nähere
Informationen einholen. Haben Sie schon eine Idee, wie wir da vorgehen, Herr
Morgenstern?«
    »Ich könnte mir von Frau Schredl ein paar Arbeiter
nennen lassen, die oft mit ihm zu tun hatten, und dann hoffen, dass ich mich
mit denen einigermaßen verständigen kann. Wollen mal testen, wie beliebt unser
Herr Önemir wirklich war.«
    »Ich würde Ihnen auch raten, beim türkischen Verein in
Eichstätt nachzufragen«, empfahl Schneidt.
    »Meinen Sie wirklich?« Morgenstern war skeptisch. »Sie
haben doch am Freitag selbst noch gesagt, dass wir bei den Türken nicht die
Pferde scheu machen sollen. Ich würde vorschlagen, dass wir uns erst einmal auf
neutralem Gebiet umhören. Am besten wäre es natürlich, wenn ich in irgendeiner
Kneipe an die Leute rankäme.« Morgenstern hielt inne, dann hellte sich seine
Miene auf. »Und ich glaube, ich habe da schon eine Idee.«
    »Na gut, dann machen wir das so«, sagte Schneidt.
»Also, Hecht, Morgenstern, auf gutes Gelingen!« Damit nahm der Hauptkommissar
einen großen Schluck aus seiner Kaffeetasse, einem weißen Porzellanbecher mit
dem Aufdruck »Adam«, der von roten Rosen umrankt wurde.
    Auf
dem Weg nach Eichstätt machten sich Hecht und Morgenstern besser miteinander
bekannt. Bisher hatten sie sich nur wenig unterhalten. Morgenstern erfuhr, dass
Peter Hecht in Schrobenhausen wohnte, einem Städtchen, das fünfundzwanzig
Kilometer südlich von Ingolstadt lag und das für seinen Spargel berühmt und als
Heimatstadt des Malerfürsten Lenbach bekannt war. Beides wurde in der Stadt mit
eigenen Museen gewürdigt, sodass es nahelag, dass Peter Hecht wegen seiner
Herkunft und seines schmalen, hochaufgeschossenen Körpers unter den Kollegen im
Polizeipräsidium den Spitznamen »Spargel« verliehen bekommen hatte. Er erzählte
das relativ freimütig, schärfte Morgenstern aber sofort ein, dass er den Namen
nicht ausstehen könne. Im Übrigen sei er geschieden.
    »Es hat halt nicht gepasst«, sagte er wehmütig,
woraufhin ihm Morgenstern – unsensibel wie der sprichwörtliche Elefant im
Porzellanladen – seine eigenen, vergleichsweise glücklichen familiären
Verhältnisse unter die Nase rieb.
    Die Kneipe, die Morgenstern in Eichstätt ins Auge
gefasst hatte, war ein Kebab-Imbiss im Gewerbegebiet, der sich nicht nur bei
den einheimischen Deutschen, sondern auch bei den Türken selbst großer
Beliebtheit erfreute. Für den Oberkommissar war das gemischte Publikum ein
vertrauenerweckendes Indiz für die Qualität des Fleisches, das sich tagaus,
tagein auf einem großen Dönerspieß direkt neben dem Ladenschaufenster drehte.
Betrieben wurde der Imbiss von einem jungen türkischen Mann, der oft lässig
neben der Eingangstür unter dem großen Schild »Bosporus-Grill« lehnte und aus
einem schmalen Glas Schwarztee trank, wenn er gerade keine Kundschaft hatte.
Morgenstern war mit dem Betreiber beim Abholen seines Döners schon gelegentlich
ins Gespräch gekommen und hielt den jungen Mann, der meist Jeans und Turnschuhe
trug, für grundsätzlich sympathisch. Anscheinend war er so

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