Vogelwild
sich hat.«
Der Kollege schmunzelte: »Seh ich genauso. Aber als
Hecht ist das sowieso klar. Hast du ihr eigentlich die Fotos gezeigt? Der
Steinbruchbesitzerin?«
»Nein.« Morgenstern stockte. »Vielleicht hätte ich es
tun sollen, schließlich war dieser Önemir ja ihr Angestellter. Aber erst habe
ich einfach nicht dran gedacht, und dann schien es mir besser, wenn ich sie
vorerst behalte, ohne dass es jemand weiß. Jedenfalls würde ich gerne von einer
neutralen Stelle erfahren, was diese Sachen hier wert sind. Und da dachte ich
an das Jura-Museum.«
»Also los«, sagte Hecht. Er stapelte die Fotos
zusammen, dann zögerte er kurz: »Die nehmen wir jetzt aber zu den Akten, nicht
dass du sie noch weitere zwei Wochen lang in deiner Hosentasche herumträgst.
Davon werden sie nämlich auch nicht besser.«
Das
Museum befand sich in der Willibaldsburg, dem Eichstätter Wahrzeichen. Elegant
thronte sie auf einem Bergrücken, der von der Altmühl in einem großen Bogen
umrundet wurde. Zwei von Zinnen bekrönte Türme bildeten die pompöse Schauseite
der Burg, hinter der vor Jahrhunderten die Eichstätter Fürstbischöfe residiert
hatten. Als das winzige Fürstentum vor zweihundert Jahren aufgelöst worden war,
hatte man auch für die Burg keine Verwendung mehr gehabt, sodass sie nach und
nach zerfiel. Der wuchtige, repräsentative Vorderbau aber hatte die stürmischen
Zeiten überstanden und beherbergte nun zwei Museen: das für Ur-und
Frühgeschichte des Eichstätter Raums, dessen Glanzstück ein riesiges Mammut
war, und das Jura-Museum, das sich den Fossilien der Jura-Zeit verschrieben
hatte.
Morgenstern war alles andere als ein begeisterter
Museumsgänger, deswegen hatte er zwar schon zwei Mal den Biergarten im Hof der
Willibaldsburg frequentiert, aber noch keines der beiden Museen besichtigt.
»Läuft einem ja nicht weg«, war seine Meinung zu solchen angeblich
interessanten Attraktionen vor der eigenen Haustür. »Das ist genau das Richtige
für einen regnerischen Sonntag, wenn es mal so richtig ungemütlich ist.« Die
Familie Morgenstern unterschied sich in dieser Hinsicht also kaum vom Rest der
Bevölkerung, und so beklagte der Museumsdirektor immer wieder zu Recht in der
Zeitung, dass der Prophet im eigenen Lande leider nicht viel gelte, während von
auswärts die Besucher in ganzen Busladungen zum Museum herangekarrt wurden.
Hecht konnte sich immerhin noch vage an die Museen auf
der Burg erinnern. »Wir waren da mal mit der Grundschule von Schrobenhausen
aus, aber das ist schon fünfundzwanzig Jahre her«, erzählte er, als sie im
Dienstwagen die steile Straße zur Burganlage hinauffuhren.
»Und wie war das damals?«, wollte Morgenstern wissen.
»Das Mammut sehe ich noch vor mir«, meinte Hecht.
»Außerdem gab es damals da so ein Fernrohr, eins mit Münzen, mit dem man auf
die Stadt hinunterschauen konnte.«
»Na, dann wird’s aber wirklich mal wieder Zeit, dass
du da vorbeischaust«, grinste Morgenstern. »Siehst du, mit mir kannst du immer
noch was lernen.«
»Danke schön«, kommentierte Hecht ironisch.
»Gern geschehen.«
Mit mitleidigen Blicken passierten die Ermittler zwei
Radfahrer, die ihre schwer bepackten Mountainbikes schwitzend den Berg
hinaufschoben. Ein siebzig Meter langer, mittelalterlicher Tunnel bildete den
Eingang zur Burganlage. Morgenstern schaltete die Scheinwerfer ein, als sie in
die finstere Röhre hineinfuhren, noch immer bergauf. Die Burg war früher wohl
schwerlich vom Feind zu erobern gewesen, dachte er, während sie den Tunnel
durchquerten. Als sie wieder ins Tageslicht kamen, fanden sich die Polizisten
in einem riesigen Hof wieder, der überwiegend als Parkplatz genutzt wurde.
Trotz des guten Wetters verloren sich nur klägliche vier Wagen auf dem Areal.
»Läuft wohl nicht so gut, das Museum«, vermutete
Morgenstern, als er das Auto im Schatten einer großen Linde abstellte. »Und ich
dachte immer, hier würde der Bär steppen. Komisch, als ich mal im Biergarten
drüben war, herrschte viel mehr Betrieb, da haben wir kaum einen Parkplatz
bekommen.«
Die Kommissare kletterten aus dem Wagen und liefen
über einen gepflasterten Weg auf eine riesige Schildmauer zu, die den
Museumsbereich vom Rest der Burg trennte. Davor befand sich die Burgschenke, in
der man auch unter freiem Himmel essen konnte.
»Hm, beste Mittagszeit, und kein Mensch ist da«,
rätselte Hecht, kam aber der Lösung gleich auf die Spur. An der Eingangstür
lehnte eine Tafel mit dem Emblem der örtlichen
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