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Vogelwild

Vogelwild

Titel: Vogelwild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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und nirgends sein. Wenn der mit dem Auto weg ist und
schon seit drei Tagen nicht mehr daheim war, dann ist der vielleicht schon in
Anatolien«, murmelte er. »Vier Stunden nach Italien, dann mit der Fähre von
Ancona rüber nach Griechenland und anschließend ab durch die Mitte.«
    »Und das alles bloß mit einer kleinen Sporttasche
bewaffnet? Nein, der ist noch da, aber wo?«, rätselte Morgenstern.
    »Sollen wir ihn vielleicht zur Fahndung ausschreiben
lassen?«, schlug Hecht vor.
    Morgenstern schüttelt den Kopf. »Jetzt schon? Nein.
Was haben wir denn überhaupt gegen ihn vorliegen? Bloß dass er einen Berg
Schulden bei einem Landsmann hat, aber da könnten wir noch zwanzig andere
Türken in die Mangel nehmen. Du hast doch selbst gehört, dass Önemir hier in
Eichstätt und Umgebung an viele Geld verliehen hat.«
    Hecht war beleidigt. »Hast du vielleicht einen
besseren Vorschlag? Wenn ja, dann lass hören.«
    »Wir könnten die Steinbrüche nach unserem Ali
absuchen.« Eigentlich hatte Morgenstern keine Lust, schon wieder in das
Bruchgebiet zu fahren. Außerdem ging es auf Mittag zu. Hecht entgegnete, sie
könnten prima in der Eichstätter Behördenkantine essen. Aber dafür war es noch
zu früh. »Ich habe eine Idee«, sagte Morgenstern plötzlich. Wir fahren auf die
Willibaldsburg zu diesem Fossilien-Museum. Ich habe da etwas, was ich mit einem
Experten besprechen muss.«
    Hecht schaute seinen Kollegen verständnislos an: »Na,
du bist mir ja ein toller Partner. Jetzt redest du mit mir schon fast so
geheimnistuerisch wie mit der ollen Nachbarin. Was gibt es denn so Wichtiges?«
    Morgenstern musste die Katze aus dem Sack lassen.
Etwas mühsam erhob er sich vom Fahrersitz und zog aus der Gesäßtasche seiner
Jeans einen Packen Fotos heraus: Önemirs Polaroids, die durch die rüde Transportweise
den starken Eindruck machten, als hätten sie schon einmal bessere Zeiten
gesehen. »Die habe ich oben in Önemirs Winterdach gefunden.«
    »Wo?«, fragte Hecht noch immer leicht gereizt.
    »Na, oben im Steinbruch, da hatte er so einen
hölzernen Schuppen, und hinter dem Kühlschrank waren die hier versteckt.
Eingewickelt in eine alte Zeitung. Schau sie dir mal an.« Morgenstern drückte
Hecht die Fotos in die Hand. Sein Kollege fixierte sie wie ein Schafkopfspieler
seine Karten: Prompt fiel ihm eines der Bilder unter den Beifahrersitz.
    »Verflixt noch mal, heute habe ich wirklich zwei linke
Hände«, schimpfte er und tastete in der Lücke zwischen Sitz und Beifahrertür
nach dem Bild. Missmutig beobachtete Morgenstern seine Bemühungen. Als Hecht
endlich das Bild erspürt hatte, hielt er es mitten ins Licht: »Ziemlich
unscharf, würde ich sagen.«
    »Ist das alles, was dir dazu einfällt?«, maulte
Morgenstern, der auf einen deutlich größeren Aha-Effekt gehofft hatte. »Was
würdest du denn sagen, was das ist?«
    »Na, das sieht doch jedes Kind! Eine Versteinerung
natürlich. Ein großer Fisch.«
    »Und jetzt schau dir mal die anderen Bilder hier an.
Aber lass sie nicht wieder runterfallen.«
    »Du bist ja ganz schön pingelig«, maulte Hecht, ging
aber nun deutlich vorsichtiger mit Önemirs Geheimnissen um. »Das wird ja immer
besser!«, staunte er, als er ein Polaroid nach dem anderen begutachtet hatte.
»Und die hatte er alle versteckt? Schau mal, das Ding hier sieht aus wie eine
Schildkröte, findest du nicht auch?«
    Morgenstern blickte auf das Foto: »Stimmt. Und zwar
ein ganz schön großes Gerät.« Neben dem Fossil hatte der Fotograf zum Vergleich
wieder einen Meterstab platziert. Der versteinerte Schildkrötenpanzer brachte
es demnach auf einen halben Meter.
    »Und du glaubst, diese Steintierchen könnten etwas mit
Önemirs Tod zu tun haben?«
    »Na ja, jedenfalls könnten sie neben seiner
Geldverleiherei eine zweite Spur sein«, sagte Morgenstern. »Ich habe am Freitag
doch mit der Steinbruchbesitzerin gesprochen, und die hat mir beiläufig
erzählt, dass diese Versteinerungen viel Geld bringen können. Da gibt es eine
richtige Sammlerszene.«
    »Verrückte Typen! Ich kann mir nicht vorstellen, wer
sich so etwas ins Wohnzimmer hängen würde«, meinte Hecht und zog ein
grünstichiges Foto aus dem Packen, auf dem ein Gewirr von Knöchelchen auf einer
bröseligen, großteils von einer dicken Lehmschicht überzogenen Steinplatte zu
sehen war. Alles in allem vielleicht dreißig Zentimeter lang, wie der Zollstock
zeigte.
    Morgenstern grinste. »Dann doch lieber den Fisch. Da
weiß man wenigstens, was man vor

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