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Vogelwild

Vogelwild

Titel: Vogelwild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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»Haben die beiden denn das gefunden, weshalb sie gekommen sind?«
    »Freilich. Es war irgendein Buch, haben sie gesagt, ein
riesiges, schweres Buch. Ja, jetzt erinnere ich mich wieder. Das hatten sie in
einer großen Plastiktüte. Ich weiß es noch ganz genau: eine Tüte vom REWE -Markt! Und sie haben sich so gefreut.«
    »Aber gesehen haben Sie das Buch nicht? Wissen Sie, ob
es auf Deutsch oder auf Türkisch war?«
    »Es war bestimmt auf Deutsch. Diese beiden Besucher
waren ja auch Deutsche und keine Türken. So junge und wohlerzogene Männer. Ach,
da müsste man nochmals achtzehn sein.« Die einsame Witwe seufzte.
    »Sagen Sie mal, Frau Aurich: Würden Sie mich und
meinen Kollegen denn auch mal einen Blick in die Wohnung von Herrn Akatoblu
werfen lassen? Wo Sie doch den Schlüssel haben?«
    »Ach, Herr Kommissar, ich weiß nicht recht, ob der Ali
das gerne sehen würde.« Einen Moment lang herrschte Stille in der Leitung.
Offenbar spielte sich in Rosa Aurichs Kopf gerade ein grauenvoller Kampf
zwischen Alis Recht auf Privatsphäre und ihrer eigenen hemmungslosen Neugierde
ab. Nach kurzem Gefecht hatte die Neugierde gesiegt: »Also gut, kommen Sie her,
ich sperre Ihnen auf. Aber bloß, wenn Sie in der Wohnung nichts anrühren. Das
müssen Sie mir versprechen.«
    »Versprochen«, sagte Morgenstern.
    Rosa
Aurich erstarrte mit dem Schlüsselbund in der Hand wie zu biblischen Zeiten
Lots Weib: zur Salzsäule.
    »Ich werd verrückt«, flüsterte sie kreidebleich. »Mein
Gott, ich werd verrückt.«
    Hinter ihr drängten Morgenstern und Hecht bereits in
Ali Akatoblus Wohnung. Sie waren direkt von ihrem Mittagsmahl nach Eichstätt
gefahren, voll böser Vorahnungen, die sie nun bestätigt fanden. Akatoblus
Wohnung sah einem Schlachtfeld ähnlich. Im Flur waren Garderobe und
Telefonkästchen von den Wänden gerückt, Schubladen standen sperrangelweit
offen, und Kleidungsstücke lagen verstreut auf dem Boden herum. Die
Junggesellenbude hatte, so schien es den beiden Beamten, einen Bombenangriff
mehr schlecht als recht überstanden.
    »Nette junge Leute also«, hämte Morgenstern, der sich
für einen Moment nicht am Riemen reißen konnte. »Und Sie wollten denen auch
noch Schokolade schenken, Frau Aurich!«
    »Aber, aber das konnte ich doch nicht ahnen!«,
jammerte die Seniorin verzweifelt. »Der eine war doch wirklich bloß für ein
paar Minuten alleine.«
    »Die haben ihm aber eindeutig gereicht«, stellte Hecht
unbarmherzig fest. Rosa Aurich schluchzte laut auf, aber Hecht fuhr fort: »Wir
brauchen jetzt von Ihnen eine genaue Beschreibung dieser beiden Vandalen, Frau
Aurich. Kommen Sie, wir gehen zu Ihnen rüber und nehmen alles zu Protokoll.
Oberkommissar Morgenstern wird sich hier noch ein bisschen umsehen«, Hecht machte
eine kleine, gemeine Pause, »und er wird auch nichts anrühren, versprochen?«
    In dem Moment steckte sein Kollege den Kopf aus
Akatoblus Wohnzimmer. In der Hand hielt er eine CD :
»Gangsta-Rap, davon hat er jede Menge. Passt doch irgendwie zu unserem Fall,
oder?«
    Nach
den Beschreibungen, die Rosa Aurich tränenreich Peter Hecht diktiert hatte,
waren die Eindringlinge zwei junge, gut gekleidete, ordentlich frisierte Männer
zwischen zwanzig und fünfundzwanzig Jahren. Morgenstern entschied, eine
offizielle Hausdurchsuchung zu beantragen und die Kollegen von der Spurensicherung in Akatoblus Wohnung zu bestellen. Dann schärfte er Rosa Aurich ein,
das Haus nicht zu verlassen, bis das Kripoaufgebot wieder vor ihrer Tür stehen
würde. Und sie solle ja nicht auf die Idee kommen, in Aktaboblus Wohnung
aufzuräumen. Sicherheitshalber nahm Morgenstern den Schlüssel an sich. Sie
würden wiederkommen, wenn auch die Kollegen von der Spurensicherung vor Ort
waren.
    »Das waren aber keine normalen Einbrecher«, sagte
Morgenstern, als sie wieder im Auto saßen, um sich in Ruhe absprechen zu
können.
    Hecht nickte: »Und ich denke, wir sind uns einig, dass
in dieser Plastiktüte nicht ›Dierckes großer Weltatlas‹ war, oder?«
    »Logo. Ich wette um meinen roten Landrover, dass
dieser Ali den Archaeopteryx in seiner Wohnung versteckt hatte, während Önemir
Verhandlungen mit den potentiellen Interessenten führte.«
    »Aber wie sind diese wohlerzogenen jungen Leute«,
Morgenstern imitierte wirklichkeitsnah Aurichs bestürzte Stimme, »auf die Idee
gekommen, dass Akatoblu den Vogel hat? Ich meine, sonst lagen in seiner ganzen
Bude bloß CDs rum und Schallplatten – aber eben keine Steinplatten. Denk dran:
Der

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