Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vogelwild

Vogelwild

Titel: Vogelwild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
Vom Netzwerk:
ist es ja dringend?«
    »Na gut, dann schlagt eben ein Fenster ein – aber
vorsichtig, wenn’s geht. Wir wollen keinen überflüssigen Ärger machen.« Damit
verstummte der Funkverkehr.
    Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis sich die beiden
mit Geknacke und Geknarze wieder meldeten. »Es ist niemand drinnen. Die Frau
ist einfach weg. Vielleicht ist sie ja doch bloß weggefahren?« Die
Erleichterung der beiden Beamten war unüberhörbar.
    »Also gut, umso besser«, war auch Huber beruhigt.
»Aber sicher ist sicher. Schaut euch noch auf dem Hof um. Nicht dass sie am
Ende im Stadel oder im Hühnerstall einen Unfall hatte und Hilfe braucht.«
    »Geht klar, Chef.«
    Wieder verging Minute um Minute. »Wahrscheinlich ist
sie mit dem Bus zum Wallfahrten nach Flüeli gefahren und hat sich bei den
Nachbarn nicht abgemeldet«, meinte Huber schmunzelnd.
    »Wohin soll sie gefahren sein?«, fragte Morgenstern
nach. Den Ort hatte er noch nie gehört.
    »War doch bloß ein Witz, Mike. Nach Flüeli in die
Schweiz, zum heiligen Bruder Klaus, das ist der Patron des Landvolks.«
    »Ah, so, mhm.« Auch mit der ausführlicheren Erklärung
konnte Morgenstern nichts anfangen.
    Zehn Minuten später meldete sich die Streife aus
Mörnsheim endlich wieder. »Wir haben sie.« Die Stimme klang tonlos.
    »Und?«, fragte Huber und hielt den Atem an. Er spürte,
dass etwas nicht stimmte.
    »Tot«, knarzte es jetzt wie zur Bestätigung seiner
Vorahnung aus dem Funkgerät. »In der Odelgrube hinterm Stall. Wir … wir haben
sie rausgezogen.«
    »Verdammt noch mal! Immer diese Unfälle auf den
Bauernhöfen!«, machte Huber seinen Emotionen Luft. »Ich kann mir das bildlich
vorstellen: Da haben sie diese betonierte Grube, vier Meter tief, voller
Jauche, und über das Loch für die Pumpe legen sie das morscheste Brett, das
sich auf dem ganzen Hof auftreiben lässt. Das habe ich schon so oft sehen
müssen. Aber diese Bauern sind auch einfach unbelehrbar. Unbelehrbarer
Leichtsinn. Dummheit!«
    »Chef?«, klang es – nun mit fast weinerlicher Stimme –
wieder aus dem Lautsprecher. »Aber die Frau ist gefesselt!«
    Die beiden Ingolstädter Ermittler, die den Funkverkehr
erneut mitverfolgten, wurden blass. Morgenstern, der lässig am Türrahmen
gelehnt hatte, spürte, wie ihm die Knie weich wurden.
    Huber war der Erste, der die Fassung wiedergewann, und
winkte die beiden Kriminalbeamten heran: »Ihr beide dirigiert jetzt sofort das
Team von der Spurensicherung um. Die Jungs sollen gleich nach Mörnsheim. Die
Wohnung von diesem Türken kann warten.« Die beiden Streifenbeamten auf dem
Bauernhof wies er an, erst einmal auf die Fachleute von der Kripo zu warten.
Sie sollten derweil schon einmal den Mörnsheimer Bürgermeister ausfindig machen
und zum Anwesen bestellen. Man müsse alles über die tote Frau in Erfahrung
bringen. Er selbst, so Huber, werde sich ebenfalls sofort auf den Weg machen.
Er nickte Morgenstern und Hecht zu: »Und unter diesen Umständen würde ich
vorschlagen, dass ihr gleich mit ins Gailachtal fahrt.«
    »Wir?« Morgenstern runzelte die Stirn. »Aber wir haben
eigentlich noch genug mit unserem Steinbruchfall zu tun. Um die Geschichte in
Mörnsheim sollen sich besser andere kümmern. Drüben in Ingolstadt sitzen doch
genügend rum.«
    »Mitgehangen, mitgefangen, mein lieber Mike. Wenn mir
schon mal die Ehre zuteil wird, die Kripo im Haus zu haben, dann lasse ich euch
doch nicht so einfach wieder gehen. Wir fahren da jetzt gemeinsam raus, ihr
könnt den Fall später immer noch abgeben, basta.« Und schon hatte Huber den
Telefonhörer in der Hand, um mit Abteilungsleiter Adam Schneidt das weitere
Vorgehen abzustimmen.
    Auf
dem Weg ins knapp fünfundzwanzig Kilometer entfernte Mörnsheim, Manfred Huber
steuerte den Dienstwagen der Polizeiinspektion Eichstätt, herrschte angespannte
Stille. Alle drei Beamten waren auf der Fahrt das Altmühltal aufwärts eine
Weile allein mit sich und ihren Gedanken und bereiteten sich auf das vor, was
sie gleich erwarten würde. Ein neuer Mord, der zweite innerhalb nur weniger
Tage.
    Schließlich seufzte Huber tief und meinte: »Ich
verstehe das einfach nicht. Jahrelang war es bei uns so ruhig und friedlich,
und jetzt ist auf einmal der Teufel los. Ich wünschte wirklich, das da draußen
wäre ein simpler Selbstmord. So etwas gibt es doch auch: Fesselt sich selber
die Hände, damit auch alles hundertprozentig gelingt. Wäre doch eine
Möglichkeit?«
    Morgenstern und Hecht schwiegen. Ihnen, genauso wie
Huber

Weitere Kostenlose Bücher