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Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Titel: Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
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ich fort, wobei ich ihr Schmollen mit einem brüderlichen Stirnrunzeln kommentierte, »reagieren meist entweder mit umfassender Akzeptanz oder vollständiger Ablehnung auf diese Dinge, weil sie sie nicht verstehen. Bei dem Kleinen Volk etwa, von dem Machen erzählt, handelte es sich ursprünglich wahrscheinlich um die Nachfahren des prähistorischen Volkes, das in Europa ansässig war, bevor die Kelten aus dem Norden kamen.
    Es ist unter ganz unterschiedlichen Namen bekannt – Turanier, Pikten, Mediterraner oder Knoblauchesser. Einzelne Angehörige dieses kleinen, dunkelhäutigen Menschenschlags finden sich auch heute noch in weniger entwickelten Regionen Europas und Asiens, etwa unter den Basken in Spanien, den Schotten in Galloway oder unter den Lappen.
    Diese Menschen bearbeiteten Feuerstein, Anthropologen ordnen sie daher ins Neolithikum, die Jungsteinzeit, ein. Funde aus dieser Zeit belegen eindeutig, dass sie ein vergleichsweise hohes Maß an primitiver Kultur entwickelt hatten, und das bereits zu Beginn der Bronzezeit, die wiederum von den Vorfahren der Kelten eingeleitet wurde – unseren Stammesvätern also, junge Dame.
    Die Kelten vernichteten oder versklavten die mediterranen Völker und wurden ihrerseits von den teutonischen Stämmen vertrieben. In ganz Europa, besonders aber in Großbritannien, existieren Legenden, wonach die Pikten, die von den Kelten als kaum menschlich betrachtet wurden, in unterirdische Höhlen flohen, wo sie fortan lebten. Sie kamen nur nachts an die Oberfläche, um zu plündern, zu morden und Kinder zu stehlen, die sie in blutigen Anbetungsriten opferten. Zweifellos hat diese Theorie eine solide Grundlage: Da sie von Höhlenmenschen abstammten, hätten diese fliehenden Zwerge sicherlich Zuflucht in Höhlen gesucht und dort bestimmt für viele Generationen unentdeckt leben können.«
    »Das war vor langer Zeit«, sagte sie mit erwachendem Interesse. »Wenn es diese Völker je gegeben hat, dann sind heute längst alle tot. Immerhin sind wir hier ja mitten in ihren heimischen Gefilden, aber ich habe noch keinerlei Anzeichen für ihre Existenz gesehen.«
    Ich nickte. Meine Schwester Joan reagierte auf diese seltsame Gegend im Südwesten Englands nicht auf die gleiche Weise wie ich: Die gewaltigen Menhire und Megalithformationen, die thronend aus den Moorlandschaften aufragten, schienen vage Erinnerungen an meine Herkunft zurückzubringen und meine keltische Fantasie anzuregen.
    »Vielleicht«, räumte ich ein und fügte, sehr unklug, hinzu: »Aber du hast gehört, was dieser alte Dorfbewohner gesagt hat – er hat davor gewarnt, nachts durch das Moor zu gehen. Niemand tut das. So weltklug du auch sein magst, junge Dame, ich wette, du traust dich nicht, eine ganze Nacht allein in der Felsenruine zu verbringen, die von meinem Fenster aus zu sehen ist.«
    Sie senkte das Buch, und ihre Augen leuchteten interessiert auf.
    »Das würde ich doch! Ich werde es dir beweisen! Er sagte, niemand würde sich nachts alleine in die Nähe dieser alten Felsen wagen, nicht wahr? Ich schon – und ich werde die ganze Nacht dort bleiben!«
    Sie war sofort aufgesprungen und ich erkannte, dass ich einen Fehler gemacht hatte.
    »Nein, auch du wirst das nicht tun«, widersprach ich. »Was sollen denn die Leute denken?«
    »Was kümmert es mich, was die denken?«, entgegnete sie mit dem kühnen Temperament der Jugend.
    »Du hast nachts im Moor nichts zu suchen. Auch wenn diese alten Legenden frei erfunden sind, gibt es dennoch jede Menge zwielichtige Gestalten, die einem hilflosen Mädchen ohne zu zögern Böses tun würden. Für ein Mädchen wie dich ist es nicht sicher, ohne Beschützer auszugehen.«
    »Ich bin also zu hübsch?«, fragte sie naiv.
    »Du bist zu töricht«, antwortete ich in bester Großer-Bruder-Manier.
    Sie schnitt eine Grimasse in meine Richtung und schwieg für einen Moment, und da ich ihren regen Geist mit spielerischer Leichtigkeit lesen konnte, verrieten mir ihr versonnener Gesichtsausdruck und ihre leuchtenden Augen ganz genau, was sie dachte. In Gedanken war sie von ihren Freunden zu Hause umgeben und ich wusste, welche Worte sie sich im Geiste bereits für ihren Bericht zurechtlegte: »Meine Lieben, ich habe eine ganze Nacht in der romantischsten Ruine in ganz Westengland verbracht, angeblich soll es dort sogar spuken …«
    Ich verfluchte mich im Stillen, weil ich das Thema zur Sprache gebracht hatte, als sie plötzlich verkündete: »Ich mache es trotzdem. Mir wird bestimmt

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