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Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Titel: Volk der Finsternis - Horrorgeschichten (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
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niemand etwas antun, und so ein Abenteuer würde ich mir für nichts auf der Welt entgehen lassen!«
    »Joan, ich verbiete dir, heute Nacht oder in irgendeiner anderen Nacht allein auszugehen.«
    Ihre Augen blitzten auf und ich wünschte mir sofort, ich hätte für mein Verbot etwas diplomatischere Worte gewählt. Meine Schwester war eine eigenwillige, temperamentvolle Person, die es gewohnt war, ihren Willen durchzusetzen und daher auf Verbote sehr ungehalten reagierte.
    »Du kannst mich nicht herumkommandieren«, entgegnete sie aufgebracht. »Du tyrannisierst mich, seit wir Amerika verlassen haben.«
    »Weil es nötig war«, seufzte ich. »Ich kann mir jede Menge Freizeitbeschäftigungen vorstellen, die angenehmer sind, als mit einer aufmüpfigen Schwester durch Europa zu reisen.«
    Ihr Mund öffnete sich, als wolle sie, sehr verärgert, etwas entgegnen, doch dann zuckte sie nur mit ihren schmalen Schultern, ließ sich wieder auf ihren Sessel nieder und nahm ein Buch zur Hand.
    »Wie du meinst. Ich wollte sowieso nicht wirklich gehen«, sagte sie beiläufig.
    Ich sah sie misstrauisch an – normalerweise war sie nicht so leicht zu überzeugen. Tatsächlich zählten einige jener Momente, in denen ich ihr schmeicheln und gut zureden musste, um sie von einer ihrer rebellischen Launen abzubringen, zu den entsetzlichsten meines Lebens.
    Auch als sie kurz darauf verkündete, sie wolle schlafen gehen, und sich auf ihr Zimmer auf der gegenüberliegenden Seite des Flurs zurückzog, war mein Misstrauen noch nicht vollständig verflogen. Ich löschte das Licht und trat ans Fenster, das einen Ausblick über die karge, hügelige Moorlandschaft bot. Der Mond ging gerade auf und die kahle Landschaft schimmerte grau und feindselig in seinem kalten Licht. Es war Spätsommer, die Luft noch warm, dennoch wirkte die Landschaft unbarmherzig, trostlos und abweisend. Hinter dem Moor sah ich starr und schattenhaft die rauen, mächtigen Felsspitzen der Megalith-Ruine aufragen. Karg und furchteinflößend erhoben sie sich in die Nacht, wie verstummte Geister der Vergangenheit.
    Ich konnte nicht sofort einschlafen, zu sehr schmerzte mich die offenkundige Missgunst meiner Schwester. Lange Zeit lag ich wach, grübelte und starrte dabei auf das Fenster, das eindrucksvoll vom gleißenden Silber des Mondlichts umrahmt wurde.
    Schließlich fiel ich in einen unruhigen Schlaf und durch meine vagen Träume huschten düstere, geisterhafte Gestalten, deren grinsende Blicke mir Angst machten.
    Ich erwachte plötzlich, setzte mich auf, blickte mich erschrocken im Zimmer um und versuchte angestrengt, meine verwirrten Sinne wieder zu ordnen. Ein erdrückendes Gefühl drohenden Unheils erfüllte mich. Während ich das volle Bewusstsein wiedererlangte, verblasste die unheimliche Erscheinung eines diffusen Traumes, in dem ein weißer Nebelschleier durch mein Fenster geschwebt war und die Gestalt eines großen, weißbärtigen Mannes angenommen hatte, der mich an der Schulter gerüttelt hatte, als wolle er mich aufwecken. Jeder kennt die sonderbaren Empfindungen nach dem Erwachen aus einem bösen Traum, wenn sich die letzten Erinnerungen an geträumte Gedanken und Gefühle langsam verdunkeln und schließlich ganz erlöschen. Doch je wacher ich wurde, desto stärker erwuchs eine Vorahnung gefährlichen Unheils in mir.
    Ich sprang aus dem Bett, warf meine Kleider über, eilte zum Zimmer meiner Schwester und riss die Tür auf. Das Zimmer war leer.
    Ich rannte die Treppe hinunter und fragte den Nachtportier, der aus mir völlig schleierhaften Gründen von dem kleinen Hotel beschäftigt wurde, nach meiner Schwester.
    »Miss Costigan, Sir? Ja, sie ist heruntergekommen. Sie war wetterfest gekleidet. Das war kurz nach Mitternacht, vor etwa einer halben Stunde, Sir. Sie sagte, sie möchte einen Spaziergang durch das Moor machen und ich solle nicht besorgt sein, falls sie etwas länger ausbliebe.«
    Ich stürzte aus dem Hotel, mein Herzschlag glich tausend wilden Trommeln. Ich blickte über das weite Moor in die Ferne zur Felsenruine, die sich mächtig und düster vor dem Mond abzeichnete, und in diese Richtung rannte ich davon. Nach einiger Zeit – es kam mir vor wie Stunden – sah ich endlich eine schlanke Gestalt in nicht allzu weiter Entfernung vor mir. Meine Schwester schien sich Zeit zu lassen, denn obwohl sie einen Vorsprung hatte, holte ich allmählich auf – bald musste ich in Hörweite sein. Aufgrund der Anstrengung keuchte ich schon heftig, dennoch erhöhte

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