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Volk der Verbannten

Titel: Volk der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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musste noch besprochen werden, ebenso die Angriffstaktik. Das dauerte gut eine Stunde. Laosimba war bleich und sprach in abgehackten Sätzen; seine Züge waren von einer Wut verzerrt, die nur umso verzehrender war, weil er sie nicht ausdrücken konnte.
    Dann stand Marikani auf und beendete die Versammlung.
    Wieder richtete sich ihr Blick auf Arekh, und dieser hielt den Atem an. Dann wandte sie sich ab, entfernte sich einige Schritte, und Arekh folgte ihr fasziniert; er sog jeden ihrer Schritte, jede ihrer Bewegungen ein.
    Er war so müde.
    Er hatte sich so oft gesagt, dass er sie nie wiedersehen würde.
    »Morales!«, zischte Laosimba.
    Arekh zuckte beinahe zusammen und drehte sich um. Der Hohepriester musterte ihn mit hassentstellter Miene.
    Sie sagten nichts zueinander, sondern starrten sich nur an. Schließlich verneigte sich Arekh. »Lionor Mar-Arajec sendet Euch freundliche Grüße, Hohepriester«, sagte er im Tonfall vollkommener Höflichkeit.
    Dann entfernte er sich, hörte aber noch, wie Harrakin hinter ihm hell auflachte.

    Die Teilnehmer des Treffens begannen aufzubrechen, gingen zu ihren Pferden hinüber und machten sich bereit, zu ihren Stellungen zurückzukehren. Harrakin winkte Gilas zu, und die beiden begannen, den Hang hinabzusteigen.
    Arekh zögerte und blieb nahe beim Tisch stehen. Bara und Day-Yan sprachen mit ihren Männern.
    Arekh hob den Blick zu Marikani.
    Sie stand zwanzig Schritt entfernt von ihm und sah ihn an. Dann winkte sie ihn mit einer knappen Kopfbewegung zu sich heran.
    »Ich muss mit dir sprechen«, flüsterte sie.
    Sie deutete auf ein Zelt, das abseits der Senke etwas höher am Hang lag. Sie stiegen beide schweigend hinauf und kamen an einigen Bäumen und Zelten vorbei, in deren Nähe unauffällige Feuer brannten. Arekh bemerkte Farer, der sein Schwert an einem Stein schärfte. Der Mann nickte ihnen abwesend zu, bevor er sich wieder seiner Arbeit zuwandte.
    Schließlich blieben Arekh und Marikani vor dem Zelt stehen. Die Stille wurde nur von einigen Stimmen in der Senke und den Geräuschen der Pferde, die sich irgendwo weiter unten entfernten, durchbrochen.
    Marikani sah Arekh an. Der Mond ließ die blaue Schminke auf ihrem Gesicht leuchten und verklärte ihre Züge. Wenn sie so allein dastand, wirkte sie derart zerbrechlich …
    »Ich habe gerade eine Nachricht vom König der Sakâs erhalten«, sagte sie. »Wir treffen uns morgen vier Stunden nach Sonnenaufgang im Pass beim Roten Felsen. Ich glaube nicht, dass er persönlich kommen wird - zumindest nicht als Mitglied der Delegation. Er muss misstrauisch
sein. Aber er wird mit einer kleinen Eskorte in der Nähe sein, um zu sehen, wie das Treffen verläuft. Um zu mir zu kommen und mit mir zu verhandeln, sobald er sicher ist, dass es sich nicht um einen Hinterhalt handelt. Du musst da sein, ihn finden und ihn töten.«
    Arekh brauchte eine gewisse Zeit, um diese Information zu verdauen; dann nickte er nachdenklich. »Der Pass beim Roten Felsen. Wie … wie ist es dir gelungen, ihn dorthin zu locken?«
    Marikani wandte den Blick ab. »Ich habe einen Weg gefunden, damit er mir vertraut … nun ja, zumindest teilweise vertraut. Damit er denkt, dass es eine gewisse, wenn auch geringe Wahrscheinlichkeit gibt, dass ich es ehrlich meine.« Als sie fortfuhr, wich sie Arekhs Blick noch immer aus: »Bitte Gilas es Maras, dir eine Karte zu geben. Sieh dir die Umgebung genau an. Du musst den Ort finden, an dem er sich verstecken wird. Versuch, dich in ihn hineinzuversetzen. Wo würdest du dich verstecken, um ein solches Treffen zu beobachten? Nimm kräftige Männer mit und zeige nicht das geringste Erbarmen.«
    »Einverstanden«, sagte Arekh. Er hob den Blick zu ihr und wusste, dass sie in ihm wie in einem offenen Buch lesen würde. Was er empfand, musste sich auf seinem Gesicht abzeichnen. Er konnte ein schwaches Lächeln nicht unterdrücken. »Gut gemacht.«
    Marikani erwiderte sein Lächeln. Ihres war genauso schwach und zögerlich wie seines. »Du weißt, dass ich nie … dass ich niemals auf Seiten der Sakâs gekämpft hätte«, sagte sie. »Dass ich nur damit gedroht habe, um Druck auf Laosimba auszuüben.«
    »Ich weiß.«

    Sie sahen sich noch immer an.
    »Die Sakâs werden vor Sonnenaufgang nicht angreifen«, sagte Marikani leise. »Bis zur Morgendämmerung bleiben noch vier Stunden.«
    Langes Schweigen folgte. Arekh zögerte. Er wagte es nicht, zu verstehen, zu sprechen oder sich zu rühren, aus Furcht, etwas zu zerbrechen, die zarte

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