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Volk der Verbannten

Titel: Volk der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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Magie des Augenblicks zu zerstören. »Du hast gesagt, dass ich dich niemals berühren würde.«
    Marikani zuckte mit den Schultern. »Man hält seine Versprechen nicht immer.«
    Wie vorhin neben dem Tisch spürte Arekh einen heftigen Schmerz in der Brust. Er streckte die Hand nach der Schulter der jungen Frau aus und zog sie dann zurück, zögerte immer noch. »Wenn du glaubst, dass ich ein solches Angebot ablehnen werde«, sagte er in dem Versuch zu scherzen, »dann …«
    Ihm versagte die Stimme, und die Stille senkte sich wieder herab.
    Marikani hob die Zeltbahn, die den Eingang verdeckte, und er folgte ihr hinein.
     
    Die Morgensonne war kräftig und stechend. Draußen waren die Kämpfe noch nicht wieder aufgeflammt. Auf den Westmauern waren die Männer angespannt und unruhig. Vashni hatte versucht, einen der Offiziere zum Sprechen zu bringen, um mehr zu erfahren, aber der Mann hatte sich geweigert, ihr zu antworten.
    Die Armeen von Reynes hatten in der Nacht so viel Boden verloren, dass die Sakâs mittlerweile an einem guten Drittel der Westmauer standen. Die Armbrust-und Bogenschützen auf den Wehrgängen hatten aufgehört,
auf sie zu schießen, als der seltsame Waffenstillstand begonnen hatte.
    Aber das Warten war schlimmer als der Kampf.
    Sogar Vashni spürte das. Banh hatte dem Druck schließlich nachgegeben und das Viertel verlassen, um in die sicherere Innenstadt zu fliehen. Die junge Frau war allein in dem verlassenen Palast zurückgeblieben. In der Nacht hatte sie kein Auge zugetan. Die Straßen um den Quellenpalast waren mittlerweile leer. Die Barrikaden bestanden zwar immer noch, aber die Einwohner hatten es dennoch geschafft zu entkommen, indem sie Schmiergelder gezahlt hatten und zu Nachbarn geflohen waren. Sie hatten den Gedanken nicht ertragen, dass die Sakâs so nahe hinter den drei Mauern waren und nur einige Steine sie vor der Flut schützten.
    Vashni machte einige Schritte auf den Hof hinaus und stieg dann in ihr Zimmer hinauf. Sie blieb in der Tür stehen und betrachtete die auf dem Bett ausgebreiteten Kleider, die zarten Farben der Gemälde und Wandteppiche, die sie auf den Basaren von Reynes gekauft hatte.
    So kostbar, so zerbrechlich.
    Dann stieg sie wieder hinunter und begegnete drei eiligen Soldaten, die sie ignorierten, bevor sie den kleinen Hof betrat, in dem sich das am Vorabend vernagelte Tor befand. Sie blieb einen Moment lang reglos stehen und starrte es an, als könnten die Feinde es jederzeit einrennen und auftauchen.
    Nichts.
    Das Tor rührte sich nicht. Kein Sakâs erschien.
    Auf der rechten Seite des Hofs befand sich eine kleine Gittertür, die auf einen weiteren Hof führte, den der Ställe des Nachbarpalasts, der ebenfalls leer stand. Die
Familie Bernales, die dort lebte, hatte das Haus verlassen, sobald die Sakâs in Sichtweite von Reynes gewesen waren. Vashni ging weiter. Ihre Schritte hallten auf dem Pflaster wider.
    Sie kam auf den Haupthof.
    Auch hier gab es ein Tor in der Stadtmauer. Auch hier war es verbarrikadiert.
    Langsam ging Vashni an der inneren Stadtmauer entlang nach Norden, von verlassenem Palast zu verlassenem Palast, von Hof zu Hof, von Tor zu Tor. Es bereitete ihr ein diebisches Vergnügen, zu wissen, dass sie an der Innenseite der Mauern die Reihen der Sakâs abschritt, die auf der anderen Seite warteten.
    Im fünften Hof blieb sie erschöpft stehen und setzte sich auf den Sockel einer Bronzestatue, die einen Bogenschützen darstellte. Hinter ihr erhob sich ein großes Bürgerhaus. Die Fassade war lange nicht so luxuriös wie die der Nachbarhäuser, aber der Hof war bemerkenswert gepflegt. Büsche, Rankpflanzen, Bäume. Ein Springbrunnen. Das Wasser, das über den Marmor strömte, plätscherte fröhlich.
    Schläge.
    Ein Dutzend dumpfer Schläge, etwas Schweres, das auf Holz traf.
    Vashni zuckte zusammen und hätte beinahe geschrien. Sie sprang auf und sah zum Tor, das durch die Mauer führte und ebenfalls verbarrikadiert war.
    Nein , begriff sie mit klopfendem Herzen, nachdem sie so nahe herangegangen war, wie das Entsetzen, das durch ihre Schläfen pulste, es ihr gestattete. Nein. Das war nicht das Tor. Sie holte tief Atem, zwang sich, sich zu beruhigen und zu lauschen. Sie brauchte einen Moment, um festzustellen, woher der Lärm kam.

    Von unter der Erde.
    Vashni blickte auf. Dort oben, über ihrem Kopf, patrouillierten Soldaten. Sie wollte schreien, Alarm geben, aber das konnte sie nicht, nicht gleich: Was hätte sie sagen sollen? Dass sie Lärm im

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