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Volk der Verbannten

Titel: Volk der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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liebenswürdig, mir die Qual der Wahl zu lassen. Da ist Eure Befehlsverweigerung …«
    »Ein Ungehorsam, der die Stadt gleich mehrfach gerettet hat.«

    »Aber darum muss ich mir keine Gedanken machen, denn Eure Verbindung zu Arekh es Morales wird völlig ausreichen. Ihr habt mit einem Mann gesprochen, von dem Ihr wusstet, dass er unter einer bewiesenen Häresieanklage stand. Ihr habt an seiner Seite gekämpft. Ihr habt ihn weder getötet noch ausgeliefert. Ihr habt ein Bündnis mit dem Gefährten der Demeana geschlossen. Herzlichen Glückwunsch! Ein volles Geständnis hätte mir nicht mehr nützen können.«
    Er wartete auf eine aggressive oder sarkastische Antwort, aber zu seinem Erstaunen schwieg Harrakin. Laosimba erkannte Mattigkeit auf seinem Gesicht, in seinen Augen. Der junge König versuchte, es vor ihm zu verbergen, aber er war erschöpft.
    Perfekt. Die moralische Erschöpfung seiner Opfer gestattete es Laosimba stets, die Oberhand zu gewinnen. Die innere Ermüdung, die aus der körperlichen Folter hervorging, brach die Menschen weit eher als die Schmerzen an sich.
    Sobald Harrakin verurteilt war, würde Harabec unter den »religiösen Schutz« von Reynes gestellt werden. Und dann …
    »Ihr habt einen Vertrag mit der Demeana geschlossen«, sagte Harrakin sanft. »Der Sieg ist zu einem Großteil dank ihrer Hilfe errungen worden. Ihr habt Euch mit ihr verbündet. Wenn meine Entscheidung ein Fehler war, war Eure dann nicht auch einer?«
    »Das wäre sie in der Tat - wenn ich denn vorhätte, diesen Vertrag einzuhalten. Das ist nicht der Fall.« Die Verblüffung, die sich auf Harrakins Gesicht abzeichnete, verschaffte Laosimba ungewöhnlich tiefe Befriedigung. »Gleich morgen werde ich vor der Ratsversammlung
die Annullierung des Vertrags aus religiösen Gründen fordern. Man kann keinen gültigen Vertrag mit einem Vertreter der Abgründe unterzeichnen … Die Ratsherren fühlen sich erleichtert«, fuhr der Hohepriester fort; kalter Zorn war seiner Stimme anzuhören, als er an das Gespräch zurückdachte, das er am Vorabend mit drei Angehörigen der Ratsversammlung geführt hatte. »Sie glauben, dass dies die beste Lösung ist. Dass sie sich ihrer am einfachsten entledigen können, indem sie sie gehen lassen. Glauben sie etwa, dass die wahren Götter Kompromisse hinnehmen?«
    Er sah Harrakins Blick und begann zu lachen. »Ihr macht Euch Sorgen um sie, nicht wahr? Wie lustig. Ihr habt sie mir ausgeliefert, aber heute passt Euch der Gedanke nicht, dass unsere Truppen ihren Hafen und ihre dummen Schiffe niederbrennen könnten? Gefällt Euch die Vorstellung nicht, dass Eure ehemalige Frau ohne weitere Umstände an einem Mast aufgeknüpft wird? Ich habe Euch ja gleich gesagt, dass Ihr unter ihrem Einfluss steht.«
    »Die Ratsherren werden sich der Aufhebung des Vertrags widersetzen«, sagte Harrakin, aber auf seinem Gesicht zeichnete sich Unsicherheit ab.
    Laosimba lächelte. Er hörte Furcht in Harrakins Stimme, und wenn die Angst erst einmal Fuß gefasst hatte, war ein Mensch den Göttern auf Gnade und Ungnade ausgeliefert.
    »Sie werden es versuchen. O ja, das werden sie. Sogar meine Untergebenen werden versuchen, mich umzustimmen. Aber Fîr spricht aus meinem Munde, König von Harabec«, sagte Laosimba und senkte die Stimme. Er beugte sich zu Harrakins Ohr, wie um ihm ein Geheimnis anzuvertrauen. »Mit meiner Stimme. Alles geschieht
durch mich. Durch mich allein. Das müsst Ihr begreifen. Das müssen sie alle begreifen …«
    Diesmal huschte über Harrakins Gesicht ein seltsamer Ausdruck, den Laosimba nicht zu deuten vermochte. Aber er verschwand sofort wieder. Laosimba richtete sich auf und tätschelte den Hals seines Pferdes.
    »Und jetzt entschuldigt mich bitte. Ich habe Sakâs zu töten!«, verkündete der Hohepriester mit vor Energie vibrierender Stimme. Er setzte sein Pferd in Bewegung und stürzte sich ins Getümmel.
    Harrakin sah ihm gleichmütig nach.
    »Majestät?«, sagte der Hauptmann der Armbrustschützen und trat an ihn heran. »Wir sind bereit. Wenn Sakâs versuchen, zu den westlichen Pässen zu fliehen, dann …«
    »Nein«, sagte Harrakin.
    »Nein?«
    »Zielt dorthin«, sagte Harrakin und deutete auf das Kampfgetümmel.
    »Aber Majestät … unsere Reiter … die Soldaten aus Reynes. Sie sind im Handgemenge mit den Sakâs …«
    »Wir werden diesen Tag mit einer Ehrenbezeugung an die Götter beschließen«, verkündete Harrakin. »Das Arrethasfeuer wird auf die Sakâs niedergehen.«
    »Das

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