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Volksfest

Volksfest

Titel: Volksfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Nikowitz
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den Achseln. «Wer weiß? Bei Frauen ist er ja immer besonders stark, sagt man.»
    «Ja. Ich hab ihn vorgestern gesehen, wie er seine Tochter vom Volksfest nach Hause gefotzt hat.»
    «Seine Tochter …», sinnierte Gregor. «Na, genau! Die Bianca! Du kennst eh die Geschichte vom Faschingsdienstag, oder?»
    «Nein. Was war am Faschingsdienstag?»
    «Das Gschnas vom Musikverein. Und da hat der Willi angeblich ganz genau nachgeschaut, was alles unter dem Kostüm von der Hartl Bianca ist.»
    «Aber die ist doch gerade einmal … was? Vierzehn?»
    «Der Willi hat immer gesagt: ‹Alt werden sie von allein. Und alles andere bring ich ihnen bei.›»
    «Na toll. Und was hat der Sechser dazu gesagt?»
    «Ja. Das täte mich jetzt zum Beispiel auch interessieren.»

[zur Inhaltsübersicht]
13
    Er wedelte!
    Der Hund wedelte tatsächlich erkennbar mit dem Schwanz.
    Das sollte ja nun bei Hunden mitunter vorkommen. Aber doch nicht bei Fritzi oder Franzi, Ferdi, Fredi? Andererseits hatte er gestern auch gebellt. Und das war ja wohl als gutes Zeichen zu deuten. Zum einen natürlich zuneigungstechnisch und zum anderen seinen Gesundheitszustand betreffend. Er sah mittlerweile überhaupt wieder merklich frischer aus, jetzt, wo sich die Narkose-Dröhnung verflüchtigt hatte. So frisch, wie man mit einem rasierten Hundehintern und einem Trichter auf dem Kopf eben aussehen kann.
    Eine Restunsicherheit bezüglich des Schwanzes gab es allerdings noch: Hoffentlich war das Ding nicht durch den Schnitt irgendwie locker geworden und bewegte sich nur deshalb.
    Während Suchanek den neuesten Zettel, den er im Haus gefunden hatte («Die Flaschen in der Bar sind abgezählt»), auf den Stapel mit allen anderen legte, die er morgen Abend als schönes Andenken mit nach Wien zu nehmen gedachte, hörte er am Telefon Grasel zu, der sich gerade wieder einmal an einer seiner eigenen Ideen berauschte.
    «Das ist wie in diesem Film damals! Wie in ‹Sieben›! Jeder, der in den Augen des Killers eine Todsünde begangen hatte, war dran!»
    «Grasel, du solltest versuchen, öfter einmal aus Wulzendorf rauszukommen. Das erweitert den Horizont. Man schaut sich dann zum Beispiel nicht mehr nur blutrünstige Popcorn-Filme an.»
    «Du hast ihn also auch gesehen?»
    «Klar.»
    «Also: Die heilige Johanna, die in Wirklichkeit alles andere als heilig ist, wird wegen Ketzerei am Scheiterhaufen verbrannt. Und der Willi, der seinen ganzen Dreck immer in dem Rohr und in der Lacke entsorgt hat, verrottet genau hier drin. Und dann fetzt es seinen Kadaver auch noch ins Wasser, und er sinkt kopflos hinab zu seinem ganzen Auto. Na?»
    «Das scheint mir theologisch auf etwas wackligen Beinen zu stehen. Seit wann ist Umweltverschmutzung eine Todsünde?»
    «Hmm. Seit dem Kyoto-Protokoll?»
    «Dem ist Wulzendorf garantiert nie beigetreten. Und dass der Willi schlussendlich in der Lacke landen würde, von dieser umwerfenden Symbolik konnte der Mörder gar nichts wissen.»
    «Außer, es war der Spakowitsch.»
    «Na endlich! Wir hatten jetzt eh schon eine Stunde keinen neuen Verdächtigen. Und ich werde sicherheitshalber auch noch nach einem sich irgendwie auffällig benehmenden Kevin Spacey Ausschau halten.»
    «Suchanek! Du entwickelst langsam einen Humor, der mir gefällt! Aber du musst schon zugeben, dass irgend so ein Schuld-und-Sühne-Freak die einzige Möglichkeit ist, wie man die Johanna und den Willi unter einen Hut bringt. Die andere wäre, dass der Willi gar nicht einmal im Monat ins Puff in die Slowakei gefahren ist, sondern in der Zeit immer heimlich bei der Legio war. Oder dass die Johanna gar nicht einmal im Monat den Dechant Czurka im Altersheim besucht hat, sondern sich in Wirklichkeit als Boxenluder bei einem GTI -Treffen herumgetrieben hat.»
    «Aber was ist mit dem Sechser-Hartl? Zwei Morde und für beide ein Motiv. Das kann nicht jeder von sich behaupten.»
    «Ja, stimmt. Obwohl die Johanna den Grenzstein ja nicht selber eingeackert hat. Wobei, so eine kleine Sippenhaftung sollte nicht das Problem sein. Aber weißt du, was mich daran stört? Es sind zwei verschiedene Motive. Eines für beide Morde wäre wesentlich eleganter.»
    «Eleganter? Vergeben wir jetzt schon Haltungsnoten?»
    «Bei zwei verschiedenen Motiven wäre ja zwischen den Morden kein Zusammenhang. Dann könnten es genauso gut zwei verschiedene Mörder gewesen sein. Der Hartl kriegt zwei Mal innerhalb von einer Woche aus unterschiedlichen Gründen so einen Zorn, dass er zwei Mal losmarschiert und

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