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Volkssagen, Maerchen Und Legenden

Titel: Volkssagen, Maerchen Und Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gustav Buesching
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denn auch der Knecht seine Schuldigkeit gern und willig that.
    Eines Tages gab ihm Rechenberg ein wichtiges Schreiben an einen Fürsten, etliche Meilen weit zu bestellen. Der Knecht machte Anstalten abzureiten; aber als Rechenberg nach Verlauf einer kleinen Stunde in den Stall kam, fand er ihn unter den Pferden auf dem Stroh schlafend. Erschrocken und unwillig weckte er ihn auf und fragte nach der Bestellung. Der Knecht griff bestürzt in den Busen und brachte einen Brief heraus, mit den Worten: »hier ist die Antwort.« Rechenberg erbrach ihn und fand, was er wünschte; aber es war ihm unerklärlich, wie der Knecht in so kurzer Zeit das Geschäft ausgerichtet haben könnte.
    Nicht lange darauf rückten Feinde in die Nachbarschaft. Rechenberg war alles daran gelegen, ihre Zahl und Stellung zu erkunden, aber es fand sich niemand, der es wagen wollte, sie zu besichtigen, als sein treuer Knecht. Dieser ritt getrost fort und kam in kurzem mit der tröstlichsten Nachricht wieder. Da seine Taschen so vollgestopft aussahen und klirrten, fragte der Herr: was er darin habe? und siehe da, der schlaue Knecht hatte allen Pferden der Feinde die halben Hufeisen weggerissen, und die Feinde dadurch gehindert, ihm nachzukommen.
    Diese und ähnliche Streiche machten, daß Rechenberg immer aufmerksamer auf diesen Knecht ward, und als er ihn eines Tages vornahm und nach seiner Herkunft und Absicht fragte, erhob sich dieser sonst gemeine Mensch mit einer überraschenden Größe und Feierlichkeit, und sprach: »Herr, der Herr aller Herren hat euch zeigen wollen, wie sehr es ihm wohlgefällt, wenn die Herren auf Erden ihre Diener und Knechte so gütig und recht behandeln, wie ihr an mir und andern gethan habt.« Und mit diesen Worten verschwand er.
    Seitdem sagt man, wenn jemanden etwas Liebes und Gutes von unbekannter Hand geschehen war: »das hat Rechenberg's Knecht gethan.«
     
16. Der schwarze Friedrich zu Liegnitz.
     
    Vor zweihundert Jahren haus'te in der Gegend von Liegnitz ein grausamer Räuber, der schwarze Friedrich, oder der Bruchmörder genannt, ein Mensch von bewunderungswürdiger List und Stärke. Alle Spione täuschte er, allen Nachstellungen wußte er zu entgehen und wo keine List half, da wirkte seine mächtige Faust, mit der er seine Armbrust spannte und eine ganze Stunde weit schoß.
    Friedrich hielt eine große Bande in Eid und Pflicht und machte die Gegend weit und breit so unsicher, daß die Einwohner ihres Lebens nicht froh wurden. Wer sich heute als ein wohlhabender Mann zur Ruhe legte, war morgen früh ein Bettler und mußte noch Gott danken, wenn er nicht Weib und Kind und Gesinde in ihren Betten erwürgt fand. Niemand wagte sich ohne starkes Geleite auf die Straße und selbst ganze Schaaren von Begleitern schützten nicht, wenn Friedrich mit allen seinen Blutgesellen anrückte. Große Preise waren auf seinen Kopf gesetzt, aber niemand konnte den Aufenthalt desselben ergründen.
    In der Schenke eines nachbarlichen Dorfes ging lange Zeit ein junger, wohlgebildeter Mann aus und ein, um, wie man bald sah, um die artige Tochter des Wirths zu werben. Das Mädchen war ihm nicht unhold und da er sowohl durch seine Kleidung, als auch durch seinen Aufwand verrieth, daß er nicht arm war, so hinderten die Eltern diese Bewerbung nicht, ja sie erlaubten sogar, daß er ohne Zeugen mit ihrer Tochter ins Feld, oder Sonntags in die Kirche nach Liegnitz gehen konnte. Aber welches Schrecken ergriff sie, als des einen Tages ihre Tochter ausblieb. Man durchsuchte alle Winkel, wo sie sein könnte, vergebens, Anna war verloren. Und in kurzem kam ihnen das Gerücht zu Ohren, daß der schwarze Friedrich gesehen worden sei, in vollem Jagen, ein Frauenzimmer fest in den Armen haltend, nach dem Bruch zu reitend. O Jammer! sein Kind in der Gewalt eines solchen Bösewichts zu wissen.
    Anna war es. Der artige junge Mann, der um sie geworben hatte, gehörte zu den Gesellen des schwarzen Friedrichs und hatte ihm das Mädchen ausgeliefert.
    Kaum war sie in der Höhle des Räubers angekommen, so nahm er ihr einen fürchterlichen Eid ab, daß sie diese Höhle ohne sein Wissen nie verlassen wolle. Er drohte im Uebertretungsfalle, ihre Eltern auf eine grausame Art zu ermorden und sie selbst langsam zu Tode zu martern. Anna schwur und duldete.
    Von nun an war sie ganz in der Gewalt dieses Wütrichs, mußte seine Häuslichkeiten besorgen und ihm zum Weibe dienen. Das Tageslicht erblickte sie nur Minuten lang, so lange sie damit zubrachte, die eiserne

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