Volkssagen, Maerchen Und Legenden
Primislaus, neigete sich vor ihm mit gebogenen Knien und Halse, gleich als wollte es ihm seine Reverenz und Ehrerbietung thun. Der Ackersmann blieb auf seiner Pflugschaar, so er umgewendet, sitzen, aß sein Brod und Käse brauchte die Pflugschaar anstatt des Tisches, so lange, bis die Abgesandten der Libussa Befehl vollzogen und ihn zu ihrem Fürsten beriefen und ernannten. Darauf stand er alsbald auf, nahm seine Ruthe, so von einer Haselstande gemacht, und neben dem Pfluge lag, stipfete damit die Ochsen, daß sie sollten gehen, von wannen sie kommen wären. Wie man sagt, sollen die Ochsen verschwunden, in einen Berg gangen und nicht mehr sein gesehen worden. Hernach nahm er die Ruthe, steckte die in die Erde, welche alsbald zu einer Haselstaude ward und drei grüne Zweige herfür brachte, deren zween alsbald verdorrten, der dritte aber wuchs und ward zu einer großen Haselstaude, so Früchte brachte.
Als Primislaus solch Wunder sah, wendete er sich zu den Abgesandten, sagte, er müßte Gott gehorsamen, der ihn vom Pfluge zum Fürstenthume berufete, doch wollte er gewünscht haben, daß sie etwas langsamer kommen wären, daß er den Acker vollends hätte mögen aufreißen; denn solcher Gestalt würde die Macht dieses Königreichs viel gewaltiger sein worden, und würde sein männliches Geschlecht zu ewigen Zeiten regiert haben. Darauf legte er seine alte bäurische Kleidung ab, zog das fürstliche Kleid und die Schuh an, so ihm Libussa übersendet hatte, setzte sich auf das Roß und zog nach dem Schloß Wischerad, sein ehelich Beilager allda zu halten.
Als er aber ein wenig von dannen kommen und auf der Reise war, sagete er, er hätte sein Säcklein, in welchem er seine Speise und seine Schuh hatte, vergessen mit sich zu nehmen, bat derowegen, daß irgend einer wieder umkehren wollte und auf dem Acker ihm dieselben hohlen. Als sie nun gebracht wurden, fragete der Gesandten einer: warum er doch so sehr nach seinem Säcklein und Schuhen verlangete? denn er dieselben viel lieber hinweg werfen und verbergen, denn jemand sehen lassen sollte, weil wegen derselben vielmehr jedermann ihn ausspotten als rühmen würde.
Darauf antwortete er: er würde vielmehr einen Ruhm dadurch erlangen, weil er sich seiner geringen Abkunft nicht schämete und ein Gedächtniß derselben hinter sich verließe, damit die nachkommenden Fürsten wegen ihrer geringen Abkunft sich desto weniger überhöben; denn dies ja ein stolzer Herr sein müsse, der sein geringes Herkommen vor Augen sähe und dennoch prangen und hoffertig sein wollte.
Der Abgesandte fragte weiter: was doch das Wunderzeichen mit den Ochsen und der Ruthe bedeutete? Darauf antwortete er: solches bedeute seine Hoheit und Ehre, zu welcher er erhoben wäre. Die Ruthe aber, aus welcher drei Zweige gewachsen, bedeutete seine drei Söhne und gleich wie zween Zweige der Hasel bald verdorret wären, also würde er zween Söhne überkommen, aber sie würden nicht lange im Leben bleiben, der dritte aber würde zu einem Regenten werden und edle Früchte bringen. Und wenn durch der Abgesandten Zukunft, sprach er, das Ackeraufreißen nicht wäre verhindert worden, sondern vollendet, so würde sein männlicher Stamm keine Endschaft bei den Böhmen gewonnen haben. Nun aber würde derselbe zwar eine lange Zeit währen, doch würde er zuletzt untergehen und verfallen, wenn der Enkel den Großvater rächen würde.
Als die Abgesandten mit Primislaus zu dem Schlosse naheten, eilete ein jeder, damit er dem andern zuvorkäme und Libussa die Zeitung brächte. Es zog ihm auch Libussa entgegen und war bei jedermann große Freude und das herzogliche Beilager wurde gehalten.
18. Wlasta.
Unter Libussa's Frauenzimmern aber war eine Jungfrau, mit Namen Wlasta (etliche nennen sie Valaska). Dieselbe hatte einen hohen Geist, war eine rechte Mannin und konnte dazu wahrsagen. Derselben hatte Libussa ihre anderen Frauenzimmer auf ihrem Todbette, sammt dem Schlosse Libus, befohlen. Als sie aber das Schloß in ihre Verwahrung genommen, dachte sie höher zu steigen und mehr Gewalt zu überkommen. Derowegen richtete sie, an einem gewissen Tage, ein herrliches Pauket auf dem Schlosse an und lud zu ihr etliche Jungfrauen, so ihres Gleichen und recht streitbare Heldinnen waren.
Als sie aber Mahlzeit gehalten und allein waren, redete sie die Jungfrauen an und sprach: es wäre ihr Leid, daß es nun mit ihr und ihnen allen dahin kommen, daß sie nicht mehr das Regiment über die Männer haben und nach der
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