Volkssagen, Maerchen Und Legenden
ist ein großer Zulauf von allen Orten her gen Zehdenick worden und sind unter andern auch dahin kommen: Bischof Rüdiger von Brandenburg und die beiden Markgrafen, Johannes und Otto, Gebrüder, sammt ihrer Schwester Mechtild, Herzogin zu Braunschweig und Lüneburg.
Zum Gedächtniß dieser Geschichte hat man allda, mit Rath des Bruder Herrmann von Langeln, Lektors im grauen Kloster zu Berlin, der der Markgrafen Beichtvater gewesen, ein Jungfrauenkloster Zisterzienser Ordens gestiftet und aufgerichtet im folgenden 1250sten Jahre.
49. Die Teufelsmauer bei Lieberose.
Vor vielen Jahren machte der Teufel mit dem damaligen Besitzer des Gojazer Krugs bei Lieberose ein Bündniß, worin er sich anheischig machte, wenn der Krüger sein Versprechen (worin dies aber bestanden, hat die Sage vergessen) hielte, um seinen Weinberg und ganzen Acker in einer Nacht eine Mauer aufzuführen, den Hofraum zu pflastern und damit fertig zu sein, ehe noch der Hahn krähte. Der Weinberg erhielt seine Mauer von kleinen und wieder ungeheuern großen Feld- und Bruchsteinen, zwischen welchen die Zeit und Witterung den Kalk und die bindenden Theile zernagte und weggespült hat, und dennoch liegen die Steine, durch die geschickte Legung und durchs Gesetz ihrer natürlichen Schwere, so fest auf einander, daß, dem Anscheine nach, nur teuflische Macht sie bauen konnte.
Um jedes Stück Acker, das zum Gute gehört, liegen große Steine, der Hof ist auch gepflastert; aber so rüstig und emsig auch der Teufel arbeitete, krähte doch der Hahn, ehe er einen großen Stein im Hofe anbringen konnte. Diesen nahm er in höllischem Zorne und warf ihn mit einer Hand, obgleich er funfzehn Zentner schwer war, über den Thorweg und ließ ihn liegen, wo er noch, mit fünf Löchern, die seine Finger eingedrückt hatten, zum Wahrzeichen vor mehrern Jahren lag.
50. Die tugendhafte Nonne.
Um das Jahr 1325 fielen Pohlen, Litthauen und Preußen, zu ganzen Schaaren in die Mark Brandenburg ein, sengten, raubten, mordeten und begingen alle die Gräule, die nur barbarische Nazionen zu begehen im Stande sind. Einer dieser Barbaren hatte eine schöne Jungfrau aus einem Kloster geraubt und, ob er wohl bald mit Dräuworten, bald mit Bitte sie zu bewegen suchte, seinen Willen zu thun, hat er sie dennoch nicht können erweichen. Deswegen hat er sich unterstanden, dieselbe wider ihren Willen, mit Gewalt zu zwingen.
Da sie nun der Gewalt zu widerstehen viel zu geringe und schwach war, bat sie den Barbaren, jetzt mit weinenden Augen, dann mit Liebkosungen, er wolle ihre Ehre verschonen, so wollte sie ihm dagegen eine solche Verehrung thun, davon er sich unter allen sterblichen Menschen wohl den glückseligsten in der ganzen Welt schätzen möchte. Jenem wurden von diesen Worten die Ohren so weit, daß er aus Wunder fragete, was köstliche Verehrung das immer sein möchte! Sie antwortete ihm: es wäre eine bewährte Kunst, wenn sie ihn dieselbe lehrete, so könnte er die Tage seines Lebens mit keinen Waffen, Schwerdt, Spieß oder Pfeil an seinem Leibe verwundet oder versehret werden.
Ob er nun wohl gänzlich entschlossen war, seinen Willen zu schaffen, jedoch, damit er die Kunst erst lernen möchte, verzog er sein Fürhaben und sagte ihr zu, sie bei Ehren zu behalten, wo sie ihn die Kunst, ihrer Verheißung nach, würde lehren. »Es sind – sagte sie – wenige verborgene zauberische Worte, die ich dafür spreche, und damit du an solcher Kunst nicht mögest zweifeln, magst du sie an mir selbst erstlich probiren.« Indem kniete sie vor ihm nieder, segnete sich mit dem Kreuze und betete den Vers aus dem ein und dreißigsten Psalm:
»in manus tuas, domine, commendo spiritum meum.«
Diese Worte verstund jener nicht, sondern meinete, es wären die starken unverständlichen Zauberworte, darauf die ganze Kunst beruhete. Da sprach die Jungfrau ferner mit ausgestrecktem Halse: er solle nun zuhauen, so würde er gewisse Probe und Bewährung der Kunst befinden. Was geschah? Er zückte, ohne ferneres Hinterdenken, den Säbel und schlug ihr mit dem ersten Streiche das Haupt herab. Da sah er allererst, daß er durch diese List betrogen und sie ihre Ehre lieber als das Leben gehabt hätte.
51. Das Wunderblut zu Wilsnack in der Priegnitz.
Im tausend dreihundert und drei und achtzigsten Jahre nach Christi Geburt ist die große Wallfahrt zur Wilsnack in der Priegnitz, unter dem Bischof zu Havelberg, angegangen, wegen der blutigen Hostien, so nach Abbrennung der Kirche
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