Volkssagen, Maerchen Und Legenden
mißgestaltete Padde aus dem Sumpf hervor, stellte sich vor ihn und fragte, mit nicht ganz übeltönender Stimme: was ihm denn fehle? Der Prinz, unwillig, antwortete: »Frosch, du wirst mir nicht helfen.« – »Und doch, – erwiederte der Frosch – sagt mir nur eure Leiden.« Nach mehrern Weigerungen erklärte endlich der Prinz die Ursache, warum ihn sein Vater ausgesendet habe. »Dir soll geholfen werden,« sagte die Padde, kroch in ihren Sumpf zurück und zerrte bald ein Läppchen Leinewand, nicht größer als eine Hand und nicht eben zum saubersten aussehend, hervor, das sie vor den Prinzen niederlegte und ihm andeutete, das solle er nur nehmen. Der Prinz hatte gar keine Lust, ein so übel scheinendes Läppchen anzunehmen, doch lag etwas in den Zuredungen der Padde, das ihn bereitwillig machte und er dachte: etwas ist doch besser, als gar nichts, steckte daher sein Läppchen ein und empfahl sich dem Frosche, der mühsam sich wieder in das Wasser schob.
Je weiter er ging, je mehr merkte er zu seiner Freude, daß ihm die Tasche, in welche er das Läppchen gesteckt hatte, immer schwerer ward und er wanderte daher muthvoll auf den Hof seines Vaters zu, den er auch in kurzem erreichte, als eben auch seine Brüder mit ihren Frachtwagen wieder anlangten. Der Vater war erfreut, seine drei Kinder wieder zu sehen, zog sogleich seinen Ring vom Finger und die Probe begann. Auf alle den Frachtwagen war auch nicht ein Stück, das nur zum zehnten Theile durch den Ring gegangen wäre, und die beiden ältern Brüder, die erst ziemlich spöttisch auf ihren Bruder, der ganz ohne alle große Vorräthe gekommen war, sahen, wurden ziemlich kleinlaut. Wie ward ihnen zu Muthe, als er aus seiner Tasche ein Gespinnst zog, das an Zartheit, Feinheit und Weiße alles übertraf, was man je gesehen hatte. Es wallte in glänzenden Lagen und ging nicht allein höchst bequem durch den Ring durch, man hätte wohl noch ein Stück zu gleicher Zeit durch den Ring ziehen können, und dennoch gab das Maaß richtige hundert Ellen.
Der Vater umarmte den glücklichen Sohn, befahl die unbrauchbare Leinewand ins Wasser zu werfen, und sagte dann zu seinen Kindern: »nun, ihr lieben Prinzen, müßt ihr die zweite Forderung erfüllen, ihr müßt mir ein Hündlein bringen, das in eine Nußschale paßt.« Die Söhne waren über eine so wunderbare Aufgabe nicht wenig erschrocken, aber der Reiz der Krone war zu groß, sie versprachen auch dies zu erfüllen zu suchen, und wanderten nach wenig Tagen Ruhe wieder aus.
Am Scheidewege trennten sie sich; der Jüngste sie ging seinen feuchten, unscheinbaren Weg, er hatte schon bei weitem mehr Muth. Kaum hatte er einige Zeit an der Brücke gesessen und wieder geseufzet, so kroch auch die Padde wieder hervor, setzte sich ihm, wie das erstemal, gegenüber, öffnete #den weiten Mund und fragte: was ihm denn fehle? Der Prinz setzte diesmal keinen Zweifel in die Macht der Padde, sondern gestand ihr gleich sein Bedürfniß. »Dir soll geholfen werden,« sagte wiederum die Padde, kroch in den Sumpf und brachte ein Haselnüßlein hervor, legte sie ihm vor die Füße, sagte ihm, er solle sie nur mitnehmen und seinen Herrn Vater bitten, die Nuß sauber aufzuknacken, das andere würde er schon sehen. Der Prinz ging vergnügt fort und die Padde schob sich wieder mühsam in das Wasser hinab.
Daheim waren die Brüder auch schon zu gleicher Zeit angekommen und hatten eine große Menge sehr zierlicher Hündlein mitgebracht. Der alte Vater hatte eine beträchtlich große Wallnußschale bereit und schob jedes Hündlein hinein, aber die hingen bald mit den Vorderfüßen, bald mit dem Kopf, bald mit den Hinterfüßen, bald ganz über die Wallnußschale fort, so daß gar nicht daran zu denken war, daß ein Hündlein hineingepaßt hätte. Als nun kein Hund mehr zu proben übrig war, überreichte der Jüngste mit einer zierlichen Verbeugung dem Vater seine Haselnuß und bat, sie auf das behutsamste aufzuknacken. Kaum hatte der alte König es gethan, als aus der Haselnuß ein wunderkleines und niedliches Hündlein sprang, das gleich auf der Hand des Königs umher lief, mit dem Schwänzlein wedelte, ihm schmeichelte und gegen die andern auf das zierlichste bellte.
Die Freude des Hofes war allgemein, der Vater umarmte wieder den glücklichen Sohn, befahl abermals, die andern Hunde in das Wasser zu werfen und zu ersäufen, und sagte dann zu seinen Söhnen: »liebe Kinder, die beiden schwierigsten Bedingnisse sind nun erfüllt. Hört nun mein
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