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Volkssagen, Maerchen Und Legenden

Titel: Volkssagen, Maerchen Und Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gustav Buesching
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Ich war neugierig und bat ihn, mich hineinsehen zu lassen, und siehe, er packte mich und wollte mich in seinen Kasten stecken: daher muß es gekommen sein, daß ich dich so gezogen habe.« – »Was du für närrisches Zeug träumest!« – »Giebt's denn einen solchen Mann?« – »O ja, den hab ich ja in meinem Lande!« – »Aber wie kommt es denn, daß ich ihn nie gesehen habe?« – »Das ist, weil du das Mittel nicht kennst, wodurch man ihn sieht oder gebrauchen kann.« – »Was muß man denn thun, um seiner habhaft zu werden?« – »Das ist ebenfalls ein Mittel, das von mir abhängt, denn es gehört eine Feder aus meinem Schwanze dazu. Man muß diese Feder in die Ritze des Kastens zu bringen suchen: alsbald geht der Mann mit dem Kasten, wohin man will, und thut, was man ihm befiehlt. Jetzt aber, hoffe ich, wirst du mich schlafen lassen und nicht mehr träumen; denn die Nacht ist bald zu Ende.« Er entschlief wieder, die Frau nicht faul, riß ihm die sechste Feder aus. Er schalt fürchterlich: »Verdammtes Weib! ich glaube wirklich, daß du besessen bist.« – »Ach lieber Mann, ich weiß nicht, wie ich diese Nacht mit ungeheuern Träumen geplagt bin: eben träumte ich, daß in deiner Abwesenheit hier Leute hereinkamen, die mir sagten, daß sie ein Schiff hätten, das so gut zu Lande, als zu Wasser ging; und ob ich es nicht sehen wollte? Als ich herausging, wollte mich einer packen und in das Schiff setzen; daher meine Angst. So ein Schiff giebt es aber wohl nicht?« – »O ja, und es gehört mir, es kann niemand sich desselben bedienen, es sei denn, daß er eine Feder aus meinem Schwanz hätte.« – »Wenn dies nun wäre, würdest du denn nicht mit deinen andern Federn dagegen wirken können?« – »Nein, weil mein Schwanz nur 60 Federn hat und sie alle 60 ihre eigene Bestimmung haben; und wenn man mir eine Feder auszöge mit dem Gedanken von einer dieser Bestimmungen, so träfe man immer die dazu gehörige, so daß ich alsdann keine Macht mehr darüber hätte.« »Wie findet man aber das Schiff?« – »Man kann nicht fehlen; man legt die Feder vor sich an die Erde nieder, sogleich erhebt sie sich und fliegt ganz langsam zu dem Ort hin, wo das Schiff steht: hier läßt sie sich herunter und man nimmt sie und pflanzt sie als Fahne auf den Mast, worauf es so gut zu Lande als zu Wasser geht. – Nun aber sage ich dir, störst du mich noch einmal, so binde ich dich an die Bettstolle, damit ich Ruhe vor dir habe.« – Er drehte sich um und schlief, aber nicht lange, denn die Frau zögerte nicht, ihm auch die siebente und letzte Feder auszureißen. Worauf er aufsprang und sie wirklich anbinden wollte. Sie bat und liebkosete ihn aber so viel, daß er sich wieder beruhigte. Sie versprach ihm heilig, es nicht wieder zu thun, sie wollte lieber die ganze Nacht wach bleiben, um den bösen Träumen zu entgehen. – »Nun, was hast du denn schon wieder geträumet?« – »Es war mir, als wenn ich von einem fremden Mann entführt würde, und zwar mit meinem Wissen und Willen. Könnte das wohl geschehen, und ohne daß du es merken würdest?« – »Es könnte wohl gehen: aber wehe dir und dem, der es unternähme! Ihr wäret beide des Todes: es wäre denn, daß er die Feder hätte, wodurch ich dich halte, und was freilich nicht gut wäre für mich, wiewohl für viele andere: denn dein Gemahl, der Prinz, welchen du glaubst, daß ich ihn gefressen habe, ist eben der Prinz, welcher immer krank ist, und dein Sohn, das ist der Weinstock.« Mit diesen Worten schlief er, müde von dem vielen Wachen, wieder ein. Kaum hörte sie ihn schnarchen, so stand sie leise auf, zog den Pastetenbäcker unterm Bette hervor und schlich mit ihm leise zum Schlosse hinaus. Das erste, was sie thaten, war in dem Wald den Zwerg aufzusuchen, und mit ihm zu thun, wie sie von dem Popanz gehört hatten. So thaten sie es auch mit dem Kasten, worin Tag und Nacht, und dem Land- und Wasserschiff. Sogleich setzten sie sich in dieses und fuhren fort.
    Unterdessen war es Tag geworden und der Popanz erwachte. Als er seine Frau vermißte, fiel es ihm aufs Herz; er besah seinen Schwanz und da er seine Federn zählte, ward ihm alles klar. Sogleich faßte er die Feder an, welche ihm alles offenbarte, und erfuhr dadurch die Flucht seiner Frau mit dem Pastetenbäcker. Er war außer sich vor Bosheit und Wuth und wollte schier von Sinnen kommen; er schwur sie zu verfolgen und sich zu rächen und sollte er auch darüber seinen ganzen Schwanz einbüßen. Er säumete

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