Volkssagen, Maerchen Und Legenden
auch nicht lange, und machte sich gleich fertig. Er nahm eine Feder, biß darein und sogleich waren mehr als 100,000 Soldaten zu Pferde hinter das Schiff mit den Flüchtigen her. Aber die Frau, die das merkte, warnte den Pastetenbäcker, und ließ sie dem Schiffe ganz nahe kommen: alsdann befahl er dem Riesen, sie alle zu nehmen und hundert Klafter tief in die Erde zu schmeißen. Das geschah auf der Stelle, und alle verschwanden mit Roß und Mann. Als dies der Popanz sah, biß er in eine andere Feder, und sogleich wurde das Schiff verfolgt von einem Heer Schlangen, Eidechsen, Kröten und anderm giftigen Gewürm. Der Pastetenbäcker steckte in der Angst noch eine von den Federn auf den Mastbaum, und das Schiff flog, wenn es vorher nur ging; und das Gewürme aber immer stärker hinterdrein. Endlich kamen sie an einen großen See. Hier befahl er dem Schiff still zu stehen, und so wie das Ungeziefer nahe genug war, ließ er den Kasten drehen und finstere Nacht machen. Kaum war das geschehen, so fuhr das Schiff wieder von dannen: das Gewürm aber verfolgte und fiel alles in das Wasser. Unterdessen kamen sie in das Königreich ***; denn der Popanz hatte sie nicht weiter verfolgt, indem er gewiß glaubte, die Thiere würden sie einholen und zu Tode quälen. Der Pastetenbäcker ließ den Riesen das mit seinen Bewohnern versteinerte Schloß umkehren, berührte seine geliebte Prinzessin mit der Feder und sogleich erwachte sie sammt allen aus der Erstarrung. Die beiden Geliebten freuten sich des lebendigen Wiedersehens und umarmten sich inbrünstig. Der König gerührt über die treue Liebe, und über den Muth und die Standhaftigkeit seines und ihres Erlösers, dagegen erzürnt über die Unthat des Prinzen, gab sogleich seine Einwilligung in die Vermählung der beiden Geliebten. Sein neuer Eidam dankte für diese Güte, bat aber noch um einen kurzen Urlaub, indem es ihm obläge, noch die andern, mit der gegenwärtigen verbundenen, Bezauberungen aufzulösen, ehe er würdig wäre, die Hand der geliebten Prinzessin zu empfangen. Es ward ihm, wiewohl nicht zu gern, verstattet. Er reiste weiter, die Frau des Popanzen aber blieb bei der Prinzessin. Sie fuhren beinahe drei Jahre, ehe sie in das Königreich kamen, indem sie viel Ungemach von Zauberern und auch vom Popanz zu erdulden hatten. Endlich kam er an das Schloß der Prinzessin, die im tausendjährigen Schlafe lag; er that, wie ihm gesagt war, und die Prinzessin erwachte. Sie sprach sogleich zu ihm: »Großmüthiger Fürst, wie viel Dank bin ich dir schuldig! du hast mir das Licht und Leben wiedergegeben: aber zugleich mich nur erweckt, um in den größten Schmerz zu versinken. Das Hündlein, das du getödtet hast, ist mein Geliebter, ein edler Prinz von Geburt, und keiner vermag ihm das Leben zu geben, als du. Laß dein Werk nicht halb vollendet, und erwecke auch ihn.« – »Wie kann ich das?« fragte der Fürst. »Hier, sagte die Prinzessin, indem sie ihm ein blankes Schwert reichte, haue dem Hündlein den Kopf ab, und lege ihn säuberlich hier auf's Bett.« Und nun entblößte sie ihren schönen Hals, der so weiß als Alabaster war; »nun haue auch meinen Kopf ab, und wenn das geschehen ist, setze meinen Kopf auf des Hündleins Rumpf und des Hündleins Kopf auf meinen Rumpf; und du wirst Wunder sehen.« »Der Prinz that, wie sie sagte.« Kaum war es geschehen, so sprangen die Köpfe wieder zurück, jeder auf seinen Rumpf, und die Prinzessin steht lebendig und unversehrt da, aus dem Hündlein ist aber plötzlich ein schöner Prinz geworden, welcher ihr um den Hals fiel und ausrief: »Ja, du liebst mich, und ich werde von nun an mehr Zutrauen zu dir haben.« Hierauf dankten sie ihrem Befreier und erzähltem ihm ihre Geschichte.
Der junge Held fuhr weiter und gelangte zu dem Prinzen mit dem Weinstock; er that, wie er vernommen hatte und beide fingen an wieder zu blühen, aber der Weinstock war noch nicht wieder verwandelt: dieß geschah durch Berührung mit der einen übrigen Feder, und Sohn und Vater erkannten und freuten sich herzinniglich, und noch mehr, als sie von ihrem Befreier vernahmen, daß ihre Gattin und Mutter noch am Leben und ebenfalls erlöset wären. Sie setzten sich darauf alle zusammen ins Schiff, nahmen auch den Hahn, und brachten ihn der schönen Fee, durch ihn die Verwünschung ihres Sohnes zu lösen und dessen Gestalt zugleich durch die Entzauberung des Hahnes, dessen Mutter unterdeß gestorben war, herzustellen. Die Fee und ihr Sohn, der Nebenbuhler
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