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Volkssagen, Maerchen Und Legenden

Titel: Volkssagen, Maerchen Und Legenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gustav Buesching
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Springwurzel, vor der alle bezauberte Riegel aufspringen, an das Schloß, und ruft: Oeffne dich, Thür! Und mit Donnerkrachen springen alle die eisernen Riegel und Schlösser von selbst auf, und sie sehen vor sich eine runde Kapelle. Der Boden war spiegelglatt, wie Eis, und wer nicht keusch und züchtig gelebt hatte (so sagte nachmals der Mönch dem Bergmann), brach hier beide Beine, und kam nie zurück. Die Decke und die Seitenwände des runden Gewölbes flimmerten und flammerten beim Schein der Fackeln. Große Zacken von Kristall und von Diamanten hingen da herab, und zwischen ihnen noch größere Zacken von gediegenem Golde. In der einen Ecke stand ein goldner Altar, in der andern ein goldnes Taufbecken auf silbernem Fuß.
    Der Mönch winkte nun seinem Begleiter, gerade in der Mitte stehen zu bleiben, und gab ihm in jede Hand eine Fackel. Er selbst ging zu einer ganz silbernen Thür, klopfte dreimal mit dem Krummstabe an, und die Thür sprang auf.
    Der Thür gerade gegenüber saß auf einem goldnen Thron der Kaiser Friedrich, nicht etwa aus Stein gehauen, nein! wie er leibte und lebte, mit einer goldnen Krone auf dem Kopfe, mit dem er beständig nickte, indem er die großen Augenbraunen zusammenzog. Sein langer rother Bart war durch den steinernen Tisch, der vor ihm stand, durchgewachsen und reichte ihm bis auf die Füße herab. Dem Bergmann verging Hören und Sehen über den Anblick.
    Endlich kam der Mönch zurück und zog seinen Begleiter schweigend fort. Die silberne Pforte schloß sich selbst wieder zu; das eiserne Thor schlug, mit schrecklichem Geprassel, hinter ihnen zusammen. Als sie den Kreuzgang hindurch wieder in die vordre Höle kamen, senkte sich langsam der kreisrunde Boden herab. Beide traten darauf und wurden sanft in die Höhe gehoben.
    Oben gab der Mönch dem Bergmann zwei kleine Stangen von einem unbekannten Erz, die er aus der Kapelle mitgebracht hatte, welche seine Urenkel noch jetzt zum Andenken aufbewahren.«
     
70. Der Brocken (Blocksberg)
     
    Dies ist ein hoher Berg, wird allezeit um sich auf die sechzehn Meilen gesehen. Er ist gar berühmt durch ganz Deutschland, von den Hexen und Unholden, daß sie allda jährlich in der Nacht Walpurgis, oder den ersten Mai, ihren Hof halten sollen, allda von fernen Orten zusammen kommen, mit ihren Teufeln sich ergötzen, die Nacht zubringen mit Spielen, Zechen und Tanzen, wie aus ihren Aussagen kundbar. Man hat davon ein alt Lied:
     
    In Thüringen ist sehr wohl bekannt
    Ein Berg, der Prockels (Blocks) Berg genannt,
    Welcher Berg, der jetzo berührt,
    Ueber sechzehn Meil gesehen wird,
    Also, daß den fern jedermann,
    Der Sachs und Heß, anschauen kann.
    Dieweil er hoch ist, übertrift
    Mit seiner Höhe, wie ich bericht't,
    All' Berg' im Harz und Thüringen,
    Darüber er ganz hoch thut springen.
    Ueberdies ist er auch weit beschreit (beschrieen)
    Dieweil Nachts, zu Walpurg Zeit,
    In großer Zahl, wie ich bericht',
    Die Zauberin mit ihrem Gezücht
    In gemein ein'n Reichstag allda halten,
    Die Jungen sowohl, als die Alten,
    Welche all' der Teufel dahin führt
    In einem Hui, wie jetzt berührt,
    Auf welchem sie mit Tanzen, Springen,
    Mit Saufen auch die Zeit zubringen,
    Mit bösen Geistern Unzucht treiben,
    Wie solches oft die Gelehrten schreiben,
    Die Zauberinnen auch selbst, wie bericht't,
    Bekommen thun bei ihrem Gericht.
    Wann aber kommt der Hahnen Geschrei,
    So fahren sie wieder heim ohne Scheu,
    Ueber hohe Berg' und tiefe Thal,
    Bis daß sie kommen allzumal,
    Ein' jede Hexe an ihren Ort,
    Wie man solches hat wohl mehr gehört,
    Treiben also, ohn' alle Scheu,
    Ihr Hexenwerk und Zauberei
    Wider Gott und das heilig' Wort,
    Auch oftermals anstiften Mord,
    Doch können sie, wie ich bericht',
    Den frommen Leuten schaden nicht,
    Um welche her der Engel Schaar
    'ne Wagenburg thut schlagen gar,
    Wie solches oftmals, mit großen Ehren,
    Richtig die heil'ge Schrift thut lehren.
    Ihr rechter Lohn und gewisses Pfand
    Ist Feuer, Schwerdt und ew'ge Schand',
    Ja, wenn sie nicht thun Buß auf Erden,
    So können sie nicht selig werden.
    Denn wer verläugnet Jesum Christ,
    Muthwilliglich zu jeder Frist,
    Den will er wiederum vielmehr
    Vor seinem himlischen Vater
    Verläugnen gar am jüngsten Gericht,
    Wie solches die heilige Schrift bericht't.
     
    Dies sei nun genug von Zauberei'n,
    Wir wollen nun uns in gemein
    Wenden an den Prockelsberg,
    Zu beschreiben gänzlich; merk':
    So ist auch überall allda
    Derselbe Berg 'ne Praktika
    Der Landleut', welche oft, ohn'

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