Voll auf Ex-Kurs Roman
jede Menge Zeit für das Programm, kann permanent Sport machen, mir was Gutes tun und mich mit Typen verabreden.«
»Siehste, ist doch super!«
Ich sammle alles zusammen, was ich mit nach Hause nehmen will – viel ist es ohnehin nicht, der Großteil ist ja Eigentum von »Behrmann Communications« – und packe es in den Deckel eines Kopierpapier-Kartons. Dann nehme ich das Foto von Basti, das rechts an meinem Computer klebt und stecke es vorn in mein Filofax. Mein Filofax, ha, ha! Ich schlage es auf und betrachte den Eintrag, den ich erst vor wenigen Minuten gemacht habe: »15. Oktober: Ich habe einen Job.« Nun denn, mit einem dicken Filzer streiche ich den Satz durch. Denke einen Moment nach. Und schreibe dann darunter: »Ich habe ein Auto.«
Doch noch nicht ganz ready for restart
Eine halbe Stunde später sitze ich in meinem Golf und fahre Richtung Semperstraße. Barbara hatte vorgeschlagen, dass ich dem Chef noch kurz Tschüss sage und ihm alles Gute wünsche, quasi als versöhnliche Geste, aber das habe ich einfach nicht fertiggebracht. Vielleicht hat sie ja Recht und
in ein paar Tagen hat er sich wieder beruhigt, momentan erscheint es mir wesentlich schlauer, komplett auf Tauchstation zu gehen. Wie bei Basti, einfach mal total und für alle von der Bildfläche verschwinden. Pia Weiland macht sich unsichtbar.
Dabei würde ich Basti angesichts der neuesten Entwicklungen natürlich am liebsten sofort anrufen und ihm davon erzählen. Hier geht’s schließlich wirklich nicht um einen abgebrochenen Fingernagel, nein, ich hätte eine handfeste Katastrophe zu berichten, das wäre schon ein sehr plausibler und nachvollziehbarer Grund, um mich bei dem Menschen zu melden, der mir am wichtigsten ist. Vielleicht könnte ich den Beginn der sechs Wochen ja ein wenig weiter nach hinten verschieben?
Ich denke daran, wie lieb Basti mich nach der Flughafen-Nummer nach Hause gebracht und mir sogar noch ein Glas mit einer aufgelösten Aspirin hingestellt hat. Bestimmt würde er mich in meiner jetzigen Lage trösten und hätte ein offenes Ohr für mich. O ja, das wäre so schön, mich einfach an Bastis Schulter ausweinen und mir von ihm über den Kopf streicheln lassen …
Schon wandert meine rechte Hand zu meiner Tasche auf dem Beifahrersitz und fängt an, darin nach dem Handy zu kramen. Doch dann fallen mir Clemens Schüttlers strenge Worte ein, und ich halte in der Bewegung inne. Die schlimmsten Fehler, die wir auf gar keinen Fall machen dürfen, wenn wir unseren Expartner zurückhaben wollen, plötzlich gehen sie mir alle wieder durch den Kopf.
Unserem Ex Vorwürfe machen oder mit ihm streiten. Mitleid erregen (und, wenn ich ehrlich bin, momentan würde ein Anruf bei Basti in genau diese Kategorie fallen). Ihm Geschenke machen oder einen großen Gefallen tun, um ihn zurückzulocken. (Clemens
Schüttler nannte das »würdelos« und noch dazu nicht zielführend; das Gefühl, uns etwas »schuldig« zu sein, sei keine solide Basis für eine Beziehung.) Ihm die Pistole auf die Brust setzen und ein Ultimatum stellen.Versuchen, ihn eifersüchtig zu machen (die Pflichtdates seien für unser Ego, keinesfalls sollen wir unserem Ex davon erzählen, weil er sich in seiner Entscheidung, sich zu trennen, dann nur bestärkt sieht). Und, ganz wichtig: Dem Expartner auf gar keinen Fall anbieten, man könne ja »Freunde bleiben«, in der Hoffnung, ihn dann wieder öfter zu sehen und so rumzukriegen. »Freundschaft«, hat Clemens Schüttler gemeint, »ist nicht das, was ihr wollt!«
Tja, so sehen sie aus, die Regeln. Was demnach bedeutet, dass ich Basti nicht einmal dann anrufen dürfte, wenn ich mit beiden Beinen und Armen in Gips stecken würde und meine Bude abgefackelt hätte. Seufzend ziehe ich meine Hand wieder aus der Tasche. Nein, wenn ich schon meinen Job gegen die Wand gefahren habe, will ich wenigstens diesen einen Strohhalm, meine Beziehung vielleicht retten zu können, nicht auch noch selbst abknicken.
Ich schalte das Radio ein, um mich auf andere Gedanken zu bringen, bevor ich in einer Kurzschlussreaktion doch zum Handy greife. Aber irgendwie scheint heute alles schiefzugehen, prompt kommt mir Marit Larsens »If a song could get me you« entgegengedudelt, noch dazu die passendste Stelle:
I would prove my love for you
I could swallow half the moon
Just tell me where, tell me when
I will have you back again
Entnervt wechsle ich den Sender. Ja, ja, tell me where, tell me when – das wüsste ich selbst nur zu gern! Als
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