Voll auf Ex-Kurs Roman
Und es hat sich richtig gut angefühlt, meine Laune hat sich schlagartig gebessert. Natürlich will ich nichts von ihm, ich will ja nur meinen Basti zurück. Und Lars seine Yvonne. Aber irgendwie … na ja, Clemens Schüttler scheint schon Recht zu haben: So ein kleiner Ego-Booster tut unheimlich gut. Lächelnd und nahezu beschwingt wandere ich zurück zu meinem Auto. Wenn ich mal von der klitzekleinen Tatsache absehe, dass ich heute entlassen worden bin und den Termin für die Scheidung mitgeteilt bekommen habe – so schlecht sieht der Tag bisher doch gar nicht aus!
Doch dann zeigt der Tag plötzlich wieder sein finsteres Gesicht. Als ich zwanzig Minuten später direkt vor meiner Haustür eine Parklücke entdecke, sehe ich bereits Philip, der auf den Stufen zu meinem Eingang sitzt. Und obwohl ich noch ein paar Meter von ihm entfernt bin, kann ich an seiner Haltung erkennen, was los ist. Zusammengekauert und mit hängenden Schultern hockt er da und hält ein Stück Papier in Händen. Die Vorladung zum Gericht, er wird sie heute auch bekommen haben.
Ich steige aus dem Auto und gehe auf ihn zu. Als ich schon
fast bei ihm bin, blickt er auf. Es zerreißt mir im wahrsten Sinne des Wortes das Herz, auf der Stelle. Philip hat geweint. Wortlos bleibe ich direkt vor ihm stehen, er erhebt sich und fällt mir eine Sekunde später um den Hals.
»Tut mir leid«, schluchzt er mir ins Ohr. »Ich will dir nicht auf die Nerven gehen, aber ich … ich … ich wollte dich einfach sehen, weil es doch uns beide betrifft und … und … und …«
»Schsch«, sage ich und streichele ihm dabei über den Rücken. »Ist schon gut, ich hab auch erst mal geheult, als ich die Vorladung vorhin im Briefkasten gefunden habe.« Philip schiebt mich ein Stück von sich weg und mustert mich verwundert.
»Echt?« Ich nicke. »Aber ich dachte, das ist es, was du möchtest.«
»Das tue ich ja auch. Trotzdem ist es schon seltsam, wenn es dann auf einmal ernst wird.« Jetzt ist es an Philip zu nicken.
»Stimmt. Hätte nicht gedacht, dass mich das so umhaut.«
»Lass uns mal reingehen. Ich glaube, wir brauchen beide ein Glas Wein.«
»Könnte jedenfalls nicht schaden.« Ich schließe die Tür auf, wir gehen ins Haus.
»Sag mal«, will Philip wissen, während wir die Treppe zu meiner – vormals unserer – Wohnung hochsteigen. »Wie siehst du eigentlich aus? Du warst doch nicht etwa joggen, oder?«
»Das«, antworte ich, »ist eine lange Geschichte.«
6. Kapitel
Ex-Kursion
»Der kann dich doch nicht einfach so rausschmeißen!« Philip ist empört, nachdem ich ihm erzählt habe, dass Roland Behrmann mich fristlos entlassen hat.
»Natürlich kann er das«, stelle ich lapidar fest. »Ich hab ja auch einen ziemlichen Bock geschossen.«
»Okay«, gibt Philip zu, »natürlich ist die Sache mit dem Prospekt doof gelaufen.« Er schmunzelt. »Aber eigentlich ist die Geschichte doch auch ganz lustig.«
»Das sieht der Kunde leider vollkommen anders. Sie haben uns sofort den Etat gekündigt.«
»Ich hab’s dir ja schon tausendmal gesagt: Du solltest echt mal einen Roman schreiben! Da kannst du deine Fantasie voll ausleben und kriegst trotzdem keinen Ärger.«
»Tja«, antworte ich, »wenn Roland Behrmann die Kündigung nicht zurücknimmt, hätte ich sogar die Zeit dazu, mich an einem Buch zu versuchen.«
»Na also«, meint Philip, »das wäre doch eine perfekte Gelegenheit.«
»Bleibt aber nach wie vor das Problem, dass ich nicht wüsste, worüber.«
»Vielleicht über eine Werbetexterin, die einen Prospekt vergeigt hat?«
Ich lache. »Das wäre dann eher eine Kurzgeschichte.«
»Na ja, ein bisschen was müsstest du dann halt noch drumherum stricken. Mein Angebot steht jedenfalls, dass ich dir gern helfe, wenn du eine Idee hast.«
»Ach, Philip«, ich seufze, »das ist wirklich lieb von dir, aber es ist mehr als unrealistisch, dass ich so ein Projekt mal angehe.« Meine Miene verfinstert sich. »Fürs Erste muss ich jetzt sowieso mal zum Arbeitsamt, um mich zu erkundigen, wie’s jetzt weitergehen kann. Tja, und dann müsste ich mir wohl einen anderen Job suchen.« Ich hänge kurz meinen Gedanken nach. Vielleicht ist der Rauswurf ja auch ein Zeichen, eigentlich wollte ich eh schon längst bei einer größeren Agentur arbeiten. Springer & Jacoby, Scholz & Friends, so was in der Richtung halt. Nur sind meine Referenzen bisher ziemlich bescheiden, und mit meinem letzten großen Coup für die Müllermanns Baumärkte muss ich mich
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