Voll auf Ex-Kurs Roman
Einfach unverzeihlich, so was hätte mir nicht passieren dürfen, ich …«
»Sie haben Recht«, stimmt mein Chef mir zu. »Das hätte Ihnen nicht passieren dürfen. Und deshalb stelle ich sie mit sofortiger Wirkung frei.«
»Bitte, was?«, rufen Barbara und ich zeitgleich aus, und meine Kollegin nimmt – vielleicht in einem unbewussten Akt der Solidarität – ihre Hand von Roland Behrmanns Arm.
»Ich möchte«, wird er nun konkreter, »dass Sie Ihren Schreibtisch räumen und nach Hause fahren. Sie sind fristlos gekündigt. Über Ihre Abfindung und darüber, wie lange ich Ihr Gehalt noch bezahle, werden wir später reden, fürs Erste will ich Sie hier nicht mehr sehen.«
»Herr Behrmann«, krächze ich, »das können Sie doch nicht machen, ich … ich …« Ich verstumme. Was soll ich dazu auch noch sagen. Barbara wirft mir einen Blick zu, den ich nicht so recht deuten kann, interpretiere ihn aber mal in Richtung »Halt lieber den Mund«. Also zucke ich mit den Schultern, flüstere ein »in Ordnung« und fange an, meine Sachen auf dem Schreibtisch zusammenzupacken.
»Gut«, erklärt Roland Behrmann. »Ich erwarte, dass Sie in spätestens einer halben Stunde hier weg sind.« Mit diesen Worten verlässt er unser Büro. Kaum ist er aus der Tür, löse ich mich aus meiner Schreckstarre und breche in Tränen aus.
»Süße!« Sofort ist Barbara bei mir, kniet sich neben meinen Stuhl und nimmt meine Hand. »Ich verstehe ja, dass das ein Schock für dich ist, aber jetzt wart’s doch erst mal ab.«
»Was soll ich denn da abwarten?«, schnaufe ich heulend. »Er hat mich rausgeschmissen, das war ja wohl eindeutig!«
»Ist doch klar, dass der Chef gerade tobt«, versucht meine Kollegin, mich zu trösten. »Aber in ein paar Tagen, wenn ein bisschen Gras über die Sache gewachsen ist, wird er sich bestimmt beruhigen. Und dann redet ihr noch einmal miteinander.« So richtig überzeugend klingt Barbara allerdings nicht, unterschwellig kann ich deutlich die Skepsis hören, die in ihrer Stimme mitschwingt.
»Meinst du?«, frage ich trotzdem in Kleinmädchenmanier nach.
»Bestimmt«, gibt sie sich zuversichtlich. »Und ich kann ja auch noch mal mit ihm reden.«
»Würdest du das tun?«
»Na klar«, sie zwinkert mir zu. »Was soll ich sonst hier ganz allein machen, wird doch tierisch langweilig, wenn ich nichts mehr von deinen Liebesdramen mitbekomme.«
»Ha, ha!«, gebe ich ironisch zurück, muss aber trotzdem dabei beinahe schon wieder lachen.
Und dann breche ich zum ersten Mal eine der Regeln, die Clemens Schüttler uns mit auf den Weg gegeben hat: Ich erzähle Barbara von dem Seminar, bei dem ich gestern war, und wie ich mit Hilfe der Strategie, die ich dort gelernt habe, versuchen will, Basti zurückzugewinnen.
»Das ist doch totaler Quatsch«, stellt Barbara fest, nachdem ich mit meinem Bericht fertig bin.
»Ich finde schon, dass da was dran ist«, gebe ich bockig zurück. Meine Kollegin verdreht die Augen, drückt noch einmal meine Hand, geht dann wieder zu ihrem Platz zurück und setzt sich hin.
»Pia«, stellt sie seufzend fest und lehnt sich auf ihrem Stuhl zurück. »In der Liebe geht es doch nicht um Strategien. Entweder ein Mann will dich, oder er will dich nicht. Und selbst, wenn du es irgendwie schaffen solltest, Basti mit diesem Unsinn«, sie betont das Wort »Unsinn« auf ziemlich abfällige Art und Weise, »zurückzugewinnen, dann kannst du dir doch nie sicher sein, ob es ihm wirklich um dich geht oder ob er sofort wieder weg ist, sobald du zurück in alte Verhaltensmuster fällst.«
»Du verstehst das eben nicht«, maule ich. »Ich will’s doch einfach nur mal versuchen, das schadet doch nichts!«
»Dann mach das«, sie klingt fast resigniert, »du lässt dich ja eh nicht davon abhalten. Ich hoffe nur, dass du dabei nicht auf die Nase fällst.«
»Na ja«, ich lache bitter auf, »schlimmer kann meine Situation gerade sowieso nicht mehr werden.«
»Auch wieder wahr.« Wir lachen uns an.
»Aber du musst mir versprechen, dass du niemandem etwas davon erzählst. Wirklich niemandem!«
Meine Kollegin zieht mit einer Hand einen imaginären Reißverschluss über ihren Mund. »My lips are sealed«, verspricht sie mir.
»Gut.« Ich seufze. »Dann werd ich mal meinen Krempel packen und mich auf den Heimweg machen.«
»Nimm’s nicht so schwer«, rät Barbara mir noch einmal, »das wird schon alles wieder.«
»Logo«, antworte ich, »und außerdem muss man es ja auch positiv sehen: Jetzt habe ich
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