Voll auf Ex-Kurs Roman
unter seiner Jacke ist, nach jemandem, der keinen Sport macht, fühlt sich das nun wahrlich nicht an. Kurz schießt mir das Blut in die Wangen, diese plötzliche Nähe macht mich ganz verlegen. Als er mich wieder loslässt, lacht er fröhlich, was zusammen mit seiner roten Sturmfrisur und den Sommersprossen schon recht niedlich aussieht. »Du musst mir sowieso noch deine Telefonnummer geben«, stellt er dann fest.
»Gute Idee«, bestätige ich, »wir sollten uns unbedingt über unsere Fortschritte auf dem Laufenden halten.«
»Das meine ich nicht«, erklärt Lars. »Du bist mein erstes Pflichtdate, das ist doch wohl klar!«
»Meinte Clemens Schüttler nicht, es muss immer mit einer Person sein, die wir neu kennengelernt haben?«, wende ich ein, obwohl ich mich heimlich über den Vorschlag von Lars freue, weil er schon ein ziemlich Netter ist.
»Ach was, da lass uns mal nicht päpstlicher als der Papst sein. Außerdem: An mir gibt’s noch jede Menge neue Seiten zu entdecken, das kann ich dir versprechen.«
»Na denn.« Ich krame einen Zettel und einen Kuli aus meiner Handtasche, schreibe Lars meine Handy- und Festnetznummer auf und lass mir dann seine geben.
»Wir sehen uns bei unserem Date!«, sagt er noch, bevor wir uns endgültig verabschieden.
Als ich müde in der U-Bahn sitze und gen Heimat tuckere, merke ich, dass ich gerade richtig gut gelaunt bin. Was für ein interessanter Nachmittag! Und die Aussicht auf ein nettes Pflichtdate habe ich auch schon. Möchte meinen: Das hat sich doch gelohnt!
5. Kapitel
Ready for restart
Als mein Wecker am nächsten Morgen nicht wie sonst um acht, sondern um sieben klingelt, habe ich das Gefühl, gerade erst ins Bett gegangen zu sein. Ziemlich unruhig war die Nacht, das Seminar ist mir noch lange durch den Kopf gegangen, dazu die Gedanken an Basti und ob er wirklich merken wird, wenn ich mich zurückziehe, und ob das alles etwas bringt und überhaupt …
Gähnend haue ich mit einer Hand auf die Stummtaste. Ich kann jetzt unmöglich aufstehen und joggen gehen, wie ich es mir vor dem Einschlafen vorgenommen hatte. Beginne ich also mit einem anderen Punkt aus der Ex-Back-Strategie: Ich tue mir selbst was Gutes und drehe mich noch einmal um.
Eine Stunde später bin ich tatsächlich wesentlich fitter, nach einer starken Tasse Kaffee fühle ich mich nahezu beschwingt. Ja, ab heute startet mein Basti-Zurückgewinnungsprogramm, ich bin fest entschlossen, das durchzuziehen. Das Joggen gehe ich dann eben nach der Arbeit an, ist ja egal, ob man morgens oder abends läuft, von einer bestimmten Tageszeit hat der Guru schließlich nichts gesagt.
»Guten Morgen!«, flöte ich Barbara entgegen, als ich um halb zehn in unser Büro rausche.
»Morgen!«, sagt sie und betrachtet mich überrascht. »Du
siehst ja echt viel besser aus als gestern, der Arzt hat wohl Wunder vollbracht!«
»Kann man wohl sagen«, gebe ich mich geheimnisvoll. Tschaka, du schaffst das, lautet ab sofort die Devise. »Ist hier gestern noch was Aufregendes passiert?«
»Nö«, meint Barbara, »hab dem Chef gesagt, dass es dir nicht gut geht, hat ihn aber nicht sonderlich interessiert. Hat nur gemeint, die Apfelhofseiten müssten heute zum Kunden.«
»Mach ich gleich fertig«, erkläre ich, setze mich auf meinen Platz und fahre den Computer hoch. Zuerst aber mache ich dann doch etwas anderes: Ich krame mein Filofax aus der Handtasche und schlage den Kalender beim heutigen Datum auf. Wenn ich schon das Joggen verschoben habe, will ich jetzt wenigstens ganz pflichtbewusst alle Aufgaben erfüllen.
Gar nicht so einfach, stelle ich zehn Minuten später fest. Was ist gut in meinem Leben? Was gefällt mir an mir selbst? Hm … Momentan habe ich für meinen Geschmack eindeutig ein paar Kilo zu viel auf den Rippen, das ist nicht so gut. Basti hat mich verlassen, auch überhaupt nicht gut. Mein Job … hm, so der Spitzenknaller ist der auch nicht gerade, das muss ich leider sagen. Na ja, aber immerhin ist es ein Job – bei der momentanen Medienkrise auch keine Selbstverständlichkeit mehr.
»Ich habe einen Job«, schreibe ich deshalb in die Spalte vom 15. Oktober und beschließe, dass das für heute reichen muss. Schließlich muss man klein anfangen, damit man sich immer weiter steigern kann. Bei Präsentationen fange ich ja auch mit der lahmsten Idee an, um die Kunden dann mit dem zweiten oder dritten Vorschlag zu begeistern, altes und unumstößliches Werbergesetz. Dann jetzt also die Apfelpatenschaften, es
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