Voll daneben
Kopf.
»Zuckerpüppchen, woher hast du denn die Bauchmuskeln?«,fragt er. Eddie hat sich heute ganz in Silber gekleidet. Ohne Witz. Seine Schuhe, die Hose, das Hemd, die Sonnenbrille ... alles silbern.
»Ich habe auch ganz gute Bauchmuskeln«, sagt Dino beiläufig.
Pete schnaubt verächtlich.
»Das ist wahr«, beharrt Dino. »Man sieht sie bloß nicht unter dem Bierbauch, aber ich mache jeden Abend an die zehn Sit-ups.«
»Du hast noch nie einen einzigen Sit-up gemacht!«, behauptet Eddie und lässt seine Sonnenbrille auf dem Nasenrücken herunterrutschen.
»Ach ja? Komm, Liam. Ich besiege dich hier und jetzt. Ich bin eine Sit-up-Maschine.«
Dino spannt seine Armmuskeln an, die beeindruckend umfangreich sind, auch wenn das mit Sit-ups rein gar nichts zu tun hat. Als Orlando schließlich eintrifft, keuchen Dino und ich auf dem Boden, während Eddie und Pete unsere Sit-ups zählen.
»... fünf ... sechs ... siebeneinhalb ... sieben ... siebeneinviertel ...«
»... vierunddreißig ... fünfunddreißig ... sechsunddreißig ...«
Orlando kommt rein und lässt sich auf das Sofa fallen.
»Ich möchte gar nicht wissen, was hier läuft.« Er lehnt sich zurück und schließt die Augen. Er wirkt, als hätte er einen harten Tag hinter sich, und für einen Moment habe ich ein schlechtes Gewissen. Dino bleibt erschöpft auf dem Boden liegen.
»Wir müssen das später fortsetzen«, sagt er. »Orlando ist da, also sollten wir aufbrechen.«
»Genau. Schließlich wollen wir nicht zu spät zum Einkaufszentrum kommen«, sagt Pete voller Sarkasmus. »Wir haben nur noch viereinhalb Stunden Zeit zum Shoppen.«
Ich stehe auf, ziehe ein Hemd an und folge den Jungs nachdraußen. Ich bemühe mich, Orlandos Blick auszuweichen, doch der pufft mich in den Arm und sagt: »Ich hatte alles auf dich gewettet.«
Dann zwängen sich alle in den Nissan. Ich kann es nicht glauben. Wir können doch nicht alle im selben Auto fahren! Schlimm genug, dass der betreffende Wagen ein 1990er Modell mit Zebrastreifen ist – er hat auch nicht genug Platz für vier große Männer und Eddie.
Pete hupt laut.
»Quetscht euch rein«, ruft er, während ich noch mit offenem Mund dastehe. Dann dreht er sich um und schreit: »Macht dahinten Platz!«
Ich hole tief Luft und zwänge mich neben Dino ins Auto. Ich bete zu Gott, dass Darleen in diesem Augenblick zur Tür herauskommt, aber das tut sie natürlich nicht. Stattdessen halte ich auf der ganzen Fahrt den Atem an, während die Jungs bei offenen Fenstern schallend singen.
»Sing mit«, fordert Dino mich auf, als wir schon fast angekommen sind. Dann sagt er: »Lasst uns ein Lied singen, das Liam kennt.«
Am liebsten würde ich in der Ritze des Rücksitzes verschwinden. Zum Glück haben wir zu dem Zeitpunkt, als sie sich endlich auf ein Lied geeinigt haben, dessen Wortlaut ich kennen könnte, den Parkplatz erreicht.
»Hebt es euch für die Heimfahrt auf«, sagt Pete und fährt diagonal in eine Parklücke. Ich öffne die Tür und springe raus, als würde mein Leben davon abhängen.
Das Einkaufszentrum ist eine dieser alten Malls, in denen alles auf einer Etage liegt und die Hälfte der Geschäfte seit Jahren leer steht. Im Gebäude ist es ziemlich dunkel, und in einem riesigen ausgetrockneten Brunnen schimmern Münzen. Ich blicke nachlinks und rechts, während Eddie mir tröstend die Hand auf die Schulter legt.
»Tut mir leid«, sagt er. »Mehr gibt es hier nicht.«
Mein erster Gedanke ist: Ich kann nicht glauben, dass es Einkaufszentren wie dieses wirklich gibt. Aber als ich mir die Läden näher ansehe – JCPenney, Sears, Karl’s Shirt Emporium, Payless –, dämmert mir, dass ich hier genau richtig bin.
»Im Gegenteil«, sage ich. »Es ist perfekt.«
Pete runzelt die Stirn, sagt aber nichts, während ich Eddie und Dino von einem Geschäft zum anderen folge. Ich habe kein Vertrauen in meine eigene Fähigkeit, grauenhafte Klamotten auszusuchen, aber ich sage mir, dass ich mit den Jungs nichts falsch machen kann.
Im Shirt Emporium zieht Eddie ein Hemd von der Stange.
»Wenn ich du wäre, Liam«, sagt er, »dann würde ich meine Garderobe ein bisschen aufpeppen. Natürlich hast du einen sehr guten Geschmack, und deswegen versuche ich erst gar nicht, dir vorzuschreiben, was du tun sollst, aber dieses Hemd würde dir wirklich stehen ...«
Er hält ein Hemd mit Knöpfen hoch. Es ist grellpink mit schwarzen Streifen.
»Findest du?«, frage ich und tue so, als müsste ich es mir noch überlegen.
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