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Voll daneben

Voll daneben

Titel: Voll daneben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. L. Going
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»Also gut – ich nehme es.«
    »Und was ist mit dem hier?« Dino hält ein T-Shirt hoch, auf dessen Vorderseite ein Totenkopf prangt.
    »Au ja, das ist krass!« Ich lege es auf meinen Stapel.
    Pete steht im Abseits und beobachtet mich. Immer mal wieder sagt er: »Ich bin nicht sicher, ob das zu dir passt«, und bevor ich meine Sachen an die Kasse bringe, fragt er: »Bist du dir wirklich sicher, dass du das alles haben willst?«
    Ich nicke und gehe an die Kasse, um meinen Riesenstapel anschrecklichen Hemden zu bezahlen. Zum Glück ist das Zeug lächerlich billig. Sie haben gerade Ausverkauf – fünf Hemden für zwanzig Dollar.
    »Wer möchte sich Schuhe ansehen?«, frage ich, nachdem ich bezahlt habe. Eddie hebt die Hand, doch Pete und Orlando tauschen einen Blick.
    »Vielleicht sollten wir uns trennen«, sagt Orlando. »Eddie, Dino und ich können uns die Staubsauger bei Sears ansehen. Hast du nicht gesagt, du brauchst einen neuen, Ed?«
    Eddie schüttelt zwar den Kopf, doch Pete und Orlando übersehen es.
    »Liam und ich gehen rüber ins Schuhgeschäft«, sagt Pete. »Wir treffen uns später bei Friendly’s.«
    Orlando küsst Pete zum Abschied, dann gehen die Jungs los. Eddie wirft noch einen Blick zurück. Für einen Moment bleiben Tante Pete und ich draußen stehen. Das Einkaufszentrum wirkt plötzlich wie ausgestorben.
    »Das Schuhgeschäft ist da drüben«, sagt Pete und zeigt in die andere Richtung.
    Wir gehen eine Weile, ohne etwas zu sagen. Als wir den Laden erreicht haben, hustet er nervös. Er bleibt vor einem Tisch voller Damenpumps stehen und streichelt sehnsüchtig einen Schuh. Dann geht er weiter, aber er kehrt immer wieder zu diesem Schuh zurück. Schließlich holt er tief Luft.
    »Hör mal«, sagt er. »Du musst die Jungs nicht beeindrucken. Ich meine, indem du diese Sachen kaufst. Falls sie es sind, die du damit beeindrucken willst. Es ist nur ... na ja ... wir mögen dich so, wie du bist. Ich weiß, das klingt kitschig, aber manchmal sprechen Menschen es nicht aus und dann ...« Er stockt. »Ach, verdammt.«
    Das ist so ziemlich das Netteste, das man mir jemals gesagt hat. Ich bin zwar nicht sicher, ob ich es glauben kann, aber wenigstens hat Pete sich angestrengt, um zu schwindeln. Ich muss schwer schlucken und wende mich für eine Sekunde ab. Als ich mich wieder umdrehe, mache ich eine nickende Kopfbewegung in Richtung der Schuhe.
    »Die sehen gut aus.«
    Pete sieht auf und runzelt die Stirn. Sein Gesichtsausdruck ist mir irgendwie vertraut, und zuerst weiß ich nicht warum, aber dann merke ich, dass ich das Gesicht genauso verziehe, wenn ich nicht sicher bin, ob sich jemand über mich lustig macht oder nicht.
    »Sie gefallen mir echt. Ich meine, sie sind zwar eine billige Nachahmung des Originals, aber ich könnte wetten, dass sie den Modellen nachempfunden sind, die vor ein paar Jahren in der Frühlingsmodenschau in Paris gezeigt wurden. In dem Jahr war Glamour das Thema. Im Stil von Liberace. Der totale Glitzerchic.«
    Ich bleibe einen Augenblick stehen, als die Erinnerungen wiederkommen. Mom und ich waren zurück nach Paris geflogen, um ein paar Freunde von ihr zu besuchen, und ich ging mit ihr auf fast alle Modeschauen. Ich erinnere mich wieder an die Farben und die Geräusche. Die Lichter auf dem Laufsteg. Tante Pete hätte total hineingepasst.
    Plötzlich spüre ich den Drang, genau das Richtige zu sagen.
    »Willst du wissen, was diesen Schuh so besonders macht?«, frage ich und nehme ihn in die Hand.
    Pete sieht mich an, als wäre ich verrückt. Er hat lauter cooles Zeug gesagt, und jetzt will ich über Schuhe reden? Doch dann nickt er.
    »Sicher«, sagt er. »Sag es mir.«
    Ich drehe den Schuh um, damit Pete ihn sich genau ansehen kann.
    »Es sind nicht nur die Strasssteine, auch wenn die toll aussehen. Es ist die Tatsache, dass ein ganz gewöhnlicher Pump mit Strassbesetzt ist. Sie peppen etwas Alltägliches auf. Darum ging es bei den Modenschauen dieser Saison. Etwas Gewöhnliches mit etwas Außergewöhnlichem aufzupeppen.«
    Ich reiche Tante Pete den Schuh.
    »Ich finde, du solltest sie kaufen. Sie passen zu deinem roten Kleid.«
    Er nimmt den Schuh und hält ihn in seiner rauen Hand, als sei er etwas ganz Besonderes. Zum ersten Mal sieht er mich nicht so an, als wäre ich eine Art Parasit, der sich über Nacht in seinem Leben ausgebreitet hat.
    »Danke«, sagt er. »Ich glaube, ich nehme sie.«

28
    AUF DER HEIMFAHRT lassen wir wieder die Fenster offen, und die laue Nachtluft

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