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Voll daneben

Voll daneben

Titel: Voll daneben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. L. Going
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Blick auf mir ruht. Er legt mir die Hand auf die Stirn.
    »Du siehst gar nicht gut aus«, sagt er. »Warum legst du dich nicht in der Zelle da drüben hin?«
    In diesem Moment kann ich mir nichts Verlockenderes vorstellen, als mich in die Zelle zu legen.
    »Wirklich?«
    Dino nickt. »Sieh mich nicht so glücklich an«, sagt er. »Sobald du drin bist, schließt sie sich automatisch, und es gibt nur noch eine saubere Decke.«
    Es ist ein Geschenk des Himmels.
    Hoffentlich schaffe ich es, die ganze Nacht über wach zu bleiben und zu beten.

39
    ALS ICH WIEDER AUFWACHE, IST ES DUNKEL IN DER ZELLE. Meine Schläfen pochen, und zuerst weiß ich nicht, wo ich bin. Draußen höre ich eine merkwürdige Stimme, dann Musik, und irgendwann merke ich, dass es das Radio ist. Ich blinzle durch das Zellengitter in den Wachraum. Bis auf Dino, der sich auf seinem Stuhl hin und her dreht und ein Lied über heiße Liebe mitsingt, ist das Polizeirevier leer. Ich habe Durst und möchte um ein Glas Wasser bitten, aber ich befürchte, mich beim Klang meiner eigenen Stimme zu erbrechen. Also lege ich mich wieder auf die dünne Matratze. Mit ein bisschen Glück werde ich wieder das Bewusstsein verlieren. Der Klang des Radios ist ein tröstliches Summen im Hintergrund. Bis ich die Worte verstehe.
    »Okay, Leute, das war ›Hot Love‹ von T. Rex. Das Lied davor war ›Life on Mars?‹ von der jungen Miss, äh, ich meine von dem jungen Mr Bowie, und davor spielten wir meinen persönlichen Lieblingssong ›Do You Wanna Touch Me‹ von Gary Glitter. Ich bin der Rockende Pete, und wir spielen zu dieser späten Stunde eure Lieblings-Glam-Songs hier auf WXKJ. Wir wollen jetzt wieder einen Anruf entgegennehmen. Für diejenigen unter euch, die gerade erst eingeschaltet haben: Wir lassen unsere Hörer abstimmen. Heute Abend lautet die Frage: ›Soll ich meinen Neffen aus dem Knast holen?‹ Also ruft an unter 555-WXKJ.«
    Ich reiße die Augen auf. Das kann doch nicht wahr sein. Noch nicht einmal in meinem Leben.
    »Und hier ist der nächste Anrufer. Larry, du bist auf Sendung.«
    »Ja, Pete?«
    »Hallo.«
    »Ich wollte bloß sagen, dass ich deine Sendung liebe. Du bist Spitze, Mann.«
    »Zu gütig. Aber sag mir, was sollte ich deiner Meinung nach mit meinem Neffen machen? Der Junge ist siebzehn. Seine Eltern haben ihn rausgeworfen. Bei mir hat er auch schon mal Mist gebaut, und jetzt wurde er betrunken auf einer Party aufgegriffen. Ich weiß nicht – soll ich ihn vor die Tür setzen?«
    Der Anrufer am anderen Ende der Leitung wägt sorgfältig ab.
    »Nee, Mann, ich bin mir nicht sicher. Er klingt mir nach einem typischen Jugendlichen, und er ist noch nicht lange bei dir, stimmt’s?«
    »Richtig.«
    »Na ja, also ... Ich glaube, du solltest ihm eine zweite Chance geben.«
    Ich schließe die Augen und danke Larry im Stillen.
    »Glaubst du? Okay, das ist cool, Mann. Lasst uns noch einen Anruf entgegennehmen. Janet, bist du noch da?«
    »Ich bin da, Rockender Pete.«
    »Sag uns, was du denkst. Gib dem ollen Petey einen guten Rat.«
    Janet zögert nicht. »Sei streng mit ihm! Kids wie er haben keinen Respekt, und wenn sie so sind, lassen sie sich auch nicht ändern. Du kannst es endlos versuchen. Lass es dir von mir sagen, denn ich habe selber einen Sohn in diesem Alter und schon alles versucht.«
    »Hast du mal versucht, ihm zu sagen, dass du ihn lieb hast?«
    Die Frau lacht.
    »Das ... na ja ... das habe ich jahrelang getan, aber mittlerweile mag ich den Jungen noch nicht einmal mehr.«
    Ich winde mich.
    »Danke, dass du deine Erfahrungen mit uns geteilt hast. Wir wollen noch eine weitere Meinung hören. Wir haben Wayne aus Grover County in der Leitung. Wayne? Was denkst du? Denn ich weiß es einfach nicht. In der heutigen Sendung haben viele Hörer angerufen, und die meisten finden, ich sollte ihn an die Luft setzen. Denkst du auch so, Wayne?«
    In der Leitung ist nur Rauschen zu hören, und ich flehe Wayne stumm an, etwas Gutes über mich zu sagen. Vielleicht etwas Gutes über das Verzeihen im Allgemeinen oder ...
    »Lass ihn schmoren, Petey!«
    Jetzt wird mir richtig schlecht.
    »Wie? Bist du für die Höchststrafe wegen ... Meinst du das?«
    »Juuuu-HUUUU!«
    »Wayne, kann es sein, dass du gern etwas zu tief ins Glas schaust? Gehe ich richtig in der Annahme, Mann?«
    Man hört ein anderes lautes undefinierbares Geräusch.
    »Leute, ich glaube, der gute alte Wayne hat heute Abend einen über den Durst getrunken. Also gut, wir wollen zum Ende kommen.

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