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Voll erwischt

Voll erwischt

Titel: Voll erwischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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wußte noch sehr genau, wie er eines Morgens neben ihr aufwachte, sie schlief noch, sie ansah und dachte: Wo kommst du denn her?
    Scheiße, sie könnte jetzt am Fenster Vorbeigehen, und wahrscheinlich würde er sie nicht wiedererkennen. So lief’s eben -Menschen begegneten sich und verloren sich wieder aus den Augen. Ab und zu mal würde einer davon die oder der Richtige sein, oder doch wenigstens fast, jedenfalls richtig genug, daß man sich sagte, es war die oder der Richtige. Einmal, vielleicht auch zweimal im Leben war es dann tatsächlich so.
    Wanda war fast die Richtige für Sam, und er war fast der Richtige für sie. Meistens waren sie beide richtig füreinander. Sex mit Wanda war gut. Und sie konnten miteinander reden, es schien keine Rolle zu spielen, was der andere sagte. Reden konnten sie ganz sicher, meistens.
    «Ich sag dir was, Barney», sagte er zu dem Hund. «Wenn dieser Kerl vor zwölf reinkommt, machen wir einen kleinen Urlaub. Fahren für den Nachmittag runter ans Meer.»
    Barney hob den Kopf, spitzte ein Ohr, legte den Kopf dann wieder hin. Er beobachtete Sam mit einem Auge, hatte das Maul geöffnet und die Zunge heraushängen. Sam machte ihn nach.
     
    Als das Betty’s aufmachte, ging Sam auf einen Kaffee hinunter. Setzte sich an einen Tisch am Fenster und drehte sich eine Zigarette. Behielt die Tür zu seinem Büro im Auge, damit er Norman Brown nicht verpaßte, wenn er mit dem Geld kam. Die einzige Person, die hineinging, war eine vier- oder fünfunddreißigjährige Frau. Lange Beine und ein unverwechselbarer Gang; sie machte kleine Schritte, immer einen nach dem anderen, so daß man sie einfach nicht aus den Augen lassen konnte. Sie hatte kurzes schwarzes Haar, das ihr bis zu den Ohrläppchen reichte, und trug ein gelbes Seidenkleid mit V-Ausschnitt, das vorne durchgehend geknöpft war. Sam schüttelte den Kopf und drückte die Zigarette im Aschenbecher aus. Das Beste, was er heute gesehen hatte.
    Als er ins Büro zurückkam, ging er zum Tapedeck hinüber. Legte Planet Waves auf, um an seinem Bewußtsein zu arbeiten. Tänzelte auf dem Rückweg zum Schreibtisch zu den ersten Takten von «On a Night Like This». Fast hätte Barney seinen Korb verlassen, überlegte es sich dann jedoch anders, als Sam sich in seinen Sessel setzte und die Beine auf den Schreibtisch hochlegte.
    Der Bluesman war inzwischen bei «Something There is About You» angekommen, als Norman Brown eintrudelte. Einmal kurz; angeklopft, und schon war er im Büro, bevor Sam die Füße vom Tisch nehmen konnte. «He, hab ich Sie erwischt», sagte Norman und trat mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht vor den Schreibtisch.
    Heute war er ganz in Blau gekleidet. Hellblauer Popelineanzug, gleichfarbiges Hemd und passende Krawatte. Kleinjungenblau. Er legte die Hundert auf den Schreibtisch und setzte sich auf den Besucherstuhl. «Sie dachten schon, ich würde nicht mehr aufkreuzen, stimmt’s?» meinte er.
    «Sie haben gestern einen Hunderter hiergelassen», sagte Sam. «Wenn jemand so was macht, hab ich das starke Gefühl, daß ich ihn wiedersehen werde.»
    «Wie wahr, sagte Norman. «Haben Sie schon irgendwelche Fortschritte gemacht?»
    «Hab eigentlich noch gar nicht richtig angefangen», sagte Sam. «Morgen geht’s mit Volldampf los. Sie haben nicht zufälligerweise ein Foto dabei?»
    «Nein», sagte Norman. «Sie wissen genausoviel wie ich.» Er griff in seine Tasche und nahm ein Päckchen Zigaretten heraus. Steckte sich eine an, schlug die Beine übereinander und lehnte sich zurück. Musterte den Schreibtisch.
    Sam mochte ihn nicht. Am liebsten hätte er das Geld von diesem Kerl sofort wieder über den Schreibtisch zurückgeschoben und ihm gesagt, er solle sich jemand anderen suchen. Wenn nur ein einziger anderer Job zu erledigen gewesen wäre, hätte Sam sich gar nicht erst mit ihm abgegeben. Aber Rechnungen mußten bezahlt werden, und der Bursche hatte auch nichts Unrechtes getan. Irgendwo in seinem Inneren, tief vergraben, flüsterte eine leise Stimme Sam zu, die Sache abzuhaken, ehe der Schaden größer wurde, und sich den Kerl vom Hals zu schaffen. Aber es war eine ausgesprochen leise Stimme, und dem Verstand bereitete es keinerlei Probleme, sie zu unterdrücken. Sam dachte, er hätte nicht übel Lust, den kleinen Wichser zu erwürgen und ihm die Zigaretten abzunehmen.
    «Diese Musik haben Sie doch neulich auch schon gehört», meinte Norman und deutete aufs Tapedeck. «Irgendwie jazzy.» Er trommelte mit den Fingern

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