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Voll erwischt

Voll erwischt

Titel: Voll erwischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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sagte er. «Als würde sie mein Gesicht kennen, könnte es aber nicht einordnen.» Er schüttelte den Kopf. «Wahrscheinlich hat sie an Gene Hackman gedacht.»
     

Kapitel 12
    Geordie heftete sich an die Fersen des Typen, der laut Sam Norman Brown hieß, und achtete auf den Abstand von ungefähr zwanzig Schritten. Im Gehen klemmte er sich das kleine Mikro an das Revers seiner Jacke und setzte den Kopfhörer des Walkman auf. Gus hatte die Walkmen so umgebaut, daß sie nicht nur als Cassettenplayer funktionierten, sondern auch als Funkempfänger. Für solche Dinge hatte Gus ein Händchen: Computer zusammenschrauben, einen Sender in einen Kugelschreiber einbauen, alles, was irgendwie mit Elektronik zu tun hatte. Er war ein echtes Genie. In letzter Zeit redete er häufig von einer Videokamera, die so klein war, daß sie in eine Streichholzschachtel paßte. Aber  Geordie konnte sich nicht vorstellen, wie man so winzige Dinger bedienen sollte und wo die Knöpfe und Schalter untergebracht wären.
    «Bist du da?» fragte Geordie und sprach halbwegs in Richtung des Mikros, wobei er aber versuchte, es nicht anzusehen.
    «Verstanden», sagte Gus, der immer die korrekte Antwort bei einer Observierung wußte. «Ich bin auf der anderen Straßenseite, s ungefähr zehn Meter hinter dir. Dreh dich nicht um.»
    «Weiß ich doch. Wieso erzählst du mir so was?»
    «Over and out», sagte Gus, und der Ohrhörer verstummte.
    «Scheiße, verstanden», sagte Geordie. Over and out? Mein Gott, das klang irgendwie nicht richtig. Verstanden war schon was anderes. Das paßte irgendwie zu allem. Aber Over and out... das sagten doch solche Piloten von Kampfflugzeugen, wie in diesen alten Filmen über den Krieg. Biggles, so Typen. Jungs, wie der. Die Brylcreem Boys.
    Norman Brown überquerte die New Street, um in die Coney Street einzubiegen, und Geordie fiel noch ein paar Schritte zurück, als der Passantenstrom dünner wurde. «Verlier ihn nicht», meldete sich Gus’ Stimme in seinem Ohr. «Fall weiter zurück und warte. Ich häng mich an ihn.»
    «Verstanden», sagte Geordie. Er blieb einen Moment stehen und sah ins Schaufenster eines Immobilienmaklers. Dann überquerte er die Straße und übernahm Gus’ Position.
    Das hier war schon eher richtige Detektivarbeit wie in diesen Büchern, die Sam dauernd las und die sich in seinem Zimmer stapelten. Und wie in den Humphrey-Bogart-Filmen. Normalerweise war Detektivarbeit überhaupt nicht so wie in Büchern oder Filmen. Es war zum Einschlafen langweilig. Bestand hauptsächlich aus ewiger Warterei in parkenden Autos oder Herumgestehe an Straßenecken, manchmal womöglich stundenlang. Man kriegte einen Krampf. Im Winter erfror man, und im Sommer wurde man gegrillt.
    In den Büchern und Filmen ließen sie es romantisch und stets aufregend aussehen, aber das war eine Lüge, damit man umblätterte oder weiter in die Glotze starrte. Wenn man im wirklichen Leben Leute kennenlernte und sie fanden heraus, daß man Privatdetektiv war, sagten sie immer: Ach, wie aufregend, erzähl mir mehr davon. Und man mußte sich das Hirn zermartern, bis einem irgendwas einfiel, das man erzählen konnte. Ach, ja, also heute hab ich sieben Stunden an ’ner Straßenecke gestanden. Nichts ist passiert. Dann bin ich nach Hause...
    Andererseits wurde es gelegentlich ausgesprochen lebendig. So wie jetzt. Es bewegte sich was. Geordie wußte nichts über diesen Norman Brown, nicht mal, ob der Typ wirklich so hieß. Wußte nicht, woher er kam oder wohin er ging. Nur, daß Sam seine Adresse haben wollte. Mein Gott, der Typ könnte gefährlich sein. Wie dieser Irre, von dem Geordie in den Nachrichten gehört hatte, der Typ, der in Haxby ein altes Ehepaar gekillt hatte.
    Norman Brown verschwand in einem W. H. Smith’s, und Gus folgte ihm hinein. Geordie wartete auf dem Bürgersteig gegenüber und plauderte eine Weile mit Tombo, der an seinem Stammplatz war und The Big Issue verkaufte, «’ne Menge Leute sind in der Stadt», sagte Tombo. «In den Parks schlafen jetzt mehr Frauen und Mädchen. Warten auf das Ende der Welt. Ist auch viel Koks in Umlauf. Jeder zweite, den du triffst, hat die Nase im Arsch.»
    «Wie steht’s mit dir?» fragte Geordie.
    Ein Lächeln strich über Tombos lädiertes Gesicht. Dann berührte er mit den Fingern der linken Hand kurz seine Nase. «Ja», sagte er. «Ich auch.» Das Lächeln blieb. Es hatte eine Weile gebraucht, bis es dort angekommen war, als hätte es sich durch seine furchige Haut zwängen

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