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Voll erwischt

Voll erwischt

Titel: Voll erwischt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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wegfliegen. Vielleicht würde Geordie die Flügel flattern lassen, ein kräftiges Kikeriki ausstoßen und dann einen Moment an der Tür stehenbleiben, um allen noch ein letztes Mal zuzuwinken.
    Er lächelte bei der Vorstellung.
    Norman Brown beobachtete ein Mädchen in der Kosmetikabteilung. Das Mädchen sackte einen Lippenstift ein und verschwand durch die Tür. Norman klemmte sich an ihre Fersen. «Er kommt raus», meldete Geordie ins Mikro.
    «Verstanden», bestätigte Gus.
     

Kapitel 13
     
    Jennie Cosgrave saß an ihrem Schreibtisch und starrte auf den leeren Computerbildschirm. Scheint ein netter Typ zu sein, dachte sie. Hatte einen netten Hund, falls das irgendwas bedeutete. Du kannst einen Mann nach seinen Schuhen beurteilen, hatte ihr Vater immer gesagt, vor... ja, wie vielen Jahren? Schon komisch, woran man sich erinnerte. Der Weg ins Herz eines Mannes führt über den Magen. Kleider machen Leute. Man kann einen Menschen nicht allein nach seinem Äußeren beurteilen.
    Sie fragte sich, ob sie die Tür zu früh geschlossen hatte, ob er dann vielleicht noch etwas gesagt hätte. Sie fragte sich, warum sie an ihn dachte, statt mit ihrer Arbeit weiterzumachen. Sie erhob sich von ihrem Stuhl und setzte sich auf die Schreibtischkante und sah auf den Platz hinunter.
    Sie sagte sich, muß wohl am Wetter liegen. Es war viel zu heiß zum Arbeiten, zu heiß, um klar denken zu können. Dann lächelte sie und wußte, daß es nur eine Ausrede war. Dachte an all die Ausreden, mit denen Kriminelle ankamen, wenn sie geschnappt worden waren. Die Klassiker: Die anderen haben das Ding gedreht, ich hab nur Schmiere gestanden. Hätte sie gemacht, was ich ihr gesagt hab, dann war ihr auch nichts passiert. Die haben mich dauernd gepiesackt; was haben die denn erwartet?
    Sie sah wieder auf den leeren Computerbildschirm und seufzte. Sie mußte noch einen Multiple-choice-Test vorbereiten, mit dessen Hilfe sie bei einer Gruppe gewalttätiger weiblicher Häftlinge die Motivation zur Verhaltensänderung untersuchen wollte. Das bedeutete, sie mußte die Faktoren aus ihnen herauskitzeln, die sie bei einer kriminellen Karriere positiv besetzten, um das dann mit den Faktoren zu gewichten, die sie negativ bewerteten. Einen ähnlichen Test hatte sie bereits mit männlichen Strafgefangenen in Dartmoor durchgeführt und herausgefunden, daß bei dieser Gruppe der signifikanteste Faktor für eine kriminelle Karriere darin bestand, bei Frauen um Aufmerksamkeit zu buhlen. Nach diesem Ergebnis hatte sie nicht mehr ernsthaft damit gerechnet, vom Innenministerium weitere Subventionen für ihr Forschungsprojekt zu erhalten. Aber hier war sie und arbeitete immer noch daran. Zwar mit einem geringeren Budget, als das Projekt benötigte, aber als Bittsteller darf man nicht wählerisch sein.
    Jennie versuchte noch einmal, das Fenster zu öffnen, doch wegen der zahlreichen Farbschichten war überhaupt nichts zu machen. Nach dieser Anstrengung war ihr nur noch heißer und unbehaglicher als ohnehin. Sie wischte sich gerade mit dem Handrücken über die Stirn, als es an ihrer Tür klopfte und Sam Turners Kopf auftauchte. Die Tür ging weiter auf, und er kam mit Barney an einer Leine herein.
    «Wir fahren ans Meer», sagte er. «Haben Sie Lust mitzukommen?» Ihre Kinderstube, Sittsamkeit und angeborene Zurückhaltung verbündeten sich und sagten ihr, sie solle den Kopf schütteln und ihn mitsamt dem Hund zwischen seinen Beinen zum Teufel jagen. Sie mußte einmal tief schlucken, um herauszubringen: «Ja. Wahnsinnig gern.»
    «Mein Wagen steht um die Ecke», sagte er, als sie nach draußen kamen. «Hinter der Brücke.»
    «Ich hab überhaupt nichts dabei», sagte sie. Sie hatte eine kleine Umhängetasche mit ihrem Portemonnaie und Celias Hausschlüsseln. Sonst nichts. «Ich komme mir nackt vor.»
    Er warf ihr einen kurzen Blick zu. «Ist schon okay», meinte er. «Ich hab alles dabei, was wir brauchen.» Ihr fielen immer wieder die Haare über das rechte Auge, also wechselte sie auf seine rechte Seite. So kann ich dich viel besser sehen, Mr. Turner.
    Spontane Entschlüsse war Jennie nicht gewohnt. Sie wollte es sich nicht anders überlegen und fühlte sich gut, aus dem Büro herauszukommen, aber irgendwie hätte sie sich noch erheblich besser gefühlt, wenn sie etwas mehr Geld bei sich gehabt hätte. Und wirklich perfekt wäre es gewesen, wenn sie ihre große Strohtasche mit einem Badeanzug, einem Handtuch, vielleicht noch mit ein paar Sandwiches und einer

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