Voll gebissen
ein Wort gesagt zu haben und ging auf mich zu. Ich dachte, er wollte mir aufhelfen und reichte ihm meine Hand, da packte er meinen Fuß und strich mit den Fingern darüber. Dann rieb er Zeigefinger und Daumen gegeneinander und hielt sie sich prüfend vor die Nase.
Etwas ängstlich beobachtete ich, wie er ins Leere stierte und seine Nasenflügel zitterten und bebten.
„Was ist denn los? Bitte, Liam, sag doch was.“
Nach einer gefühlten Ewigkeit klärte sich sein Blick und er schaute mich an. Dann hielt er mir seine Finger unter die Nase.
„Igitt! Tu das weg!“, beschwerte ich mich sofort. Das Zeug stank echt erbärmlich.
„Was meinst du , was das ist, Emma?“
Ich betrachte te die Flüssigkeit genauer und stellte fest, dass es der gleiche Glibber war, der sich oben auf meiner Kloschüssel befand. Ratlos zuckte ich mit den Schultern.
„Keine Ahnung. Oben auf der Toilette hab ich das Zeug auch schon entdeckt. Ich dachte, die Toilette wäre irgendwie undicht.“
„Hier war en keine Einbrecher am Werk.“
Hä ? Was sollte das denn jetzt heißen?
„Ach nein? Und wie erklärst du dir dann das hier?“ Ich machte erneut eine ausladende Geste und zeigte auf unsere neue Inneneinrichtung. Marke: Totale Verwüstung.
„Das warst du.“
„Ich???“, fragte ich völlig pikiert. Hatte er sie noch alle? „Spinnst du?!“
Doch Liam schüttelte nur den Kopf.
„Ich finde das gar nicht witzig. Hier ist eingebrochen worden. Ich bin heilfroh, dass mir nichts passiert ist und du beschuldigst mich, dass ich dieses Chaos hier veranstaltet habe? Hast du sie noch alle?!“ Ich war fassungslos.
„Wer schreit, ist noch lange nicht im Recht“, war seine schlichte Antwort darauf.
Grrr ! So ein Oberlehrersatz hatte mir gerade noch gefehlt.
„So. Dann erklär mir doch mal bitte, wie ich den Küh lschrank umgeschmissen haben soll! Weißt du eigentlich, wie schwer der ist? Oder wie ich diese Furchen in die Tür gemeißelt haben soll. Etwa mit meinen Fingernägeln?!“ Ich schnaufte vor Empörung.
„Mit den Fingernägeln …“, sinnierte er plötzlich, „ja, so ähnlich.“
„Du bist doch nicht bei Trost!“, schimpfte ich.
Verärgert rappelte ich mich auf und klopfte mir den Dreck von den Kleidern. Wenn man beim Streiten ernst genommen werden wollte, war es nicht ratsam, sich dabei in sitzender Position zu befinden.
„Hör mir zu Emma. Ich …“
„Nein, jetzt hörst du mir mal zu. Ich finde es eine U ngeheuerlichkeit, dass du mir sowas unterstellst. Ich werde jetzt die Polizei anrufen und dann wird ein richtiger Polizist sich hier umsehen und dann werde ich Anzeige erstatten, in der Hoffnung, dass man den Täter findet.“
„Es gibt keine n Täter!“, schrie Liam, doch das war mir egal. Mit einem Bekloppten musste ich mich deshalb noch lange nicht unterhalten.
„Wer schreit, hat noch lange nicht Recht, oder wie war das?“, sagte ich zu ihm und wandte mich zum Gehen, da fasste Liam mich am Arm und zog mich zurück.
„Aua“, beschwerte ich mich, doch bevor ich noch etwas sagen konnte, hielt er mir seine Finger unter die Nase. „Igitt! Ich hab dir doch gesagt, du sollst diese Stinkfinger wegnehmen“, brauste ich auf und schlug seine Hand weg.
„Weißt du was das ist , Emma? Nein? Dann helf ich dir mal auf die Sprünge!“
Mit hochgezogenen Augenbrauen und verschränkten A rmen stand ich vor ihm und erwartete die glorreiche Antwort.
„Das ist Werwolf-Speichel !“
Fassungslos schaute ich ihn an. „Das ist S abber?“, fragte ich langsam.
„Sabber ! Spucke! Geifer! Mundflüssigkeit! Nenn es wie du willst, aber das macht die Sache nicht besser.“
Bestürzt s tarrte ich ihn an. „Dann war ein Werwolf hier?“
„Nein, nicht EIN Werwolf, Emma. Du warst hier!“
Liam ließ sich auf den Boden fallen und stützte das Gesicht in seine Hände. „Wie konnte ich nur so dumm sein. Wie konnte ich nicht auf die Anzeichen achten , die so klar waren! Deine neue Liebe zu Wurst, wo du doch fast Vegetarierin bist. Deine Aggressivität, wo du doch sonst immer so friedliebend warst. Ich hätte es besser wissen müssen. Schließlich bin ich selbst einer.“ Entschuldigend schaute er mich an, doch ich war nicht zu irgendeiner Gefühlsregung fähig. Ich sollte ein Werwolf sein. Das musste ich erstmal sacken lassen.
„Dann war das also doch kein Traum?“, wisperte ich, mehr zu mir selbst, als zu Liam.
Er stand auf und nahm mich in den Arm. „Es tut mir so leid Emma. Ich wollte niemals, dass sowas
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