Voll gebissen
mich wie gewohnt mit Liam an der Laterne. Auf dem Weg zur Schule beratschlagten wir, wie ich unsere königliche Amilia am besten besänftigen konnte, um aus dem ganzen Schlamassel, den ich mir mit meiner großen Klappe eingebrockt hatte, wieder herauszukommen.
Nachdenklich stapfte ich neben Liam h er, der sich im Vergleich zu gestern wieder beruhigt hatte und nun versuchte, mir Mut zu machen.
„Mach dir nicht so viele Gedanken, Emma. Sie wird schon nicht nein sagen. Sie wird zufrieden sein, wenn du dich offiziell entschuldigst. Auf einen Rangkampf ist kein Werwolf scharf. Nicht mal, wenn einer haushoch überlegen ist.“
„Wenn du das sagst“, antwortete ich darauf mit einem kritischen Blick und schaute unsicher zu Liam.
„Amilia ist kein Unmensch. Du wirst sehen. Und jetzt guck nicht andauernd so niedergeschlagen.“
Liam legte zur Bestätigung seiner Worte de n Arm um mich, doch ich glaubte Amilia besser zu kennen. Wenn der Kampf für mich tatsächlich so aussichtlos war, wie Liam sagte, würde sie ihn nie und nimmer absagen. Schon gar nicht, wenn sie dadurch in ihrer Rangfolge aufsteigen würde , wo sie doch angeblich so scharf darauf war.
Laut Liam war das ja auch der einzige Grund, warum sie überhaupt was von ihm wollte. Wenn sie ihn als Gefährten hätte, würde sie ebenfalls ein Alpha-Wolf werden und damit zu den Ranghöchsten zählen. Na, wenn das kein Grund war, eine Beziehung mit jemandem einzugehen, hatte ich gedacht, als er mir das erzählte.
Um mich auf andere Gedanken zu bringen, erzählte ich Liam von dem Traum. Da er für mich so greifbar war, so wirklich, und es sich angefühlt hatte, als würde ich das alles tatsächlich erleben, konnte ich mich an jedes einzelne Detail erinnern und dementsprechend ausführlich berichten.
Da Liam nichts dazu sagte und nur stumm vor sich hin starrte, bekam ich Bedenken.
„Was ist los?“, fragte ich ängstlich und versuchte an seiner Reaktion zu erkennen, ob er die Wahrheit sagte, oder mich einfach nur beruhigen wollte.
„Sagen wir so, es ist ungewöhnlich, dass du bereits nach deiner zweiten Verwandlung träumst. Und dann auch noch so detailliert.“
Hmm, war das jetzt gut oder schlecht?
„Aber du hattest doch gesagt, dass es durchaus vo rkommt, dass man das Erlebte nochmal träumt.“
„Das stimmt Emma. Dennoch ist die Zeit, die es bei dir gedauert hat, einfach ziemlich kurz.“
„Vielleicht bin ich ja ein Naturtalent?“, witzelte ich. Schließlich konnte jeder irgendwas gut. Ein bisschen schade, dass ich mein Talent nicht wirklich gebrauchen konnte und ich auch erst zu einem Werwolf werden musste, um überhaupt irgendwas besser zu können als andere, aber immerhin!
Liam rieb sich das Kinn und dachte laut nach. „Ich glaube eher, dass es daher kommt, dass ich dir von den Träumen erzählt habe. Du weißt, dass es sowas gibt und nun versuchst du dich womöglich unbewusst mit allen Mitteln, daran zu erinnern. Wie dem auch sei. Normal ist es so oder so nicht.“
„Was meinst du?“
„Dein Perspektivwechsel. Du erlebst dich in deinen Träumen normalerweise nur als Täter. Ich habe noch nie gehört, dass es jemanden gab, der sich selbst als Außenstehender beobachten konnte.“
Ich dachte über seine Worte nach. „Und wenn ich das gar nicht war? Wenn dort noch ein zweiter Werwolf war?“
Liam schien meinen Einwand in Erwägung zu ziehen, doch dann verneinte er. „Das ist unmöglich , Emma. Wenn da tatsächlich noch ein zweiter Werwolf gewesen wäre, hättest du ihn auf jeden Fall bemerken müssen. Sich an einen Werwolf heranzuschleichen, ist nahezu unmöglich. Auch nicht, wenn man selbst einer ist. Und das würde auch immer noch nicht den Perspektivwechsel erklären.“
Ich nickte wissend. Dank des Traums wusste ich, welche Kleinigkeiten man als Werwolf registrierte.
Mittlerweile waren wir auf dem Schulhof angekommen und ich sah Amilia mit Kyle & Co. in einer Ecke stehen. Liam deutete in ihre Richtung und ich verzog das Gesicht. Ich hatte echt überhaupt keine Lust, jetzt vor ihr zu Kreuze kriechen zu müssen, zumal ich mich viel lieber weiter über meine Absonderlichkeit in Sachen Träumen unterhalten hätte, aber es half wohl alles nichts.
Liam schien meine Gedanken zu erraten. „Geh schon zu ihr. Je eher du hingehst, umso schneller hast du es hinter dir. Über deine Träume können wir uns noch später unterhalten.“
Mit hängenden Schultern ging ich zu Amilia und baute mich dann feierlich vor ihr auf.
„Was willst du?“,
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