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Voll im Bilde

Voll im Bilde

Titel: Voll im Bilde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Er knurrte leise.
    »Was meinst du mit gehetzt?« fragte Victor.
    »Du hast das typische Erscheinungsbild. Viele werden gerufen, aber nur wenige auserwählt. Etwas in der Art.«
    »Was für ein Erscheinungsbild? «
    »Du siehst aus, als hätte dich etwas hierhergeholt, ohne daß du den Grund dafür kennst.« Gaspode kratzte sich erneut am Ohr. »Übrigens: Ich habe dich als Cohen der Barbar gesehen.«
    »Äh… und was hältst du davon?«
    »Nun, solange der alte Cohen nichts davon erfährt, dürfte alles in Ordnung sein.«
     
    »Ich habe gefragt: Wann war er hier?« rief Schnapper. Rubin stand wieder auf der kleinen Bühne und sang mit schmalziger Stimme. Es klang wie ein Schiff, das durch dichten Nebel glitt und in großen Schwierigkeiten war.
    »GrooOOowwonnigghrhhooOOo…« 6
    »Er gerade erst gegangen!« brüllte Rock. »Und jetzt ich Lied anhören, klar?«
    »… OowoowgrhhffrghooOOo…« 7 *
    Treibe-mich-selbst-in-den-Ruin stieß Detritus an, der sich langsam aufrichtete und mit offenem Mund zur Bühne starrte.
    Bisher war das Leben des alten Trolls recht einfach gewesen: Leute bezahlten ihm Geld, damit er andere Leute schlug.
    Jetzt kam es zu ersten Komplikationen: Rubin hatte ihm gerade zugezwinkert.
    Seltsame und völlig ungewohnte Gefühle regten sich im schneller klopfenden Herzen des Trolls.
    »… groooOOOooohoofooOOoo…« 8 **
    »Komm endlich«, zischte Schnapper.
    Detritus erhob sich und warf noch einen letzten, sehnsüchtigen Blick zur Bühne.
    »… ooOOOgooOOmoo. OOhhhooo.« 9
    Rubin hauchte ihm einen Kuß zu, und Detritus’ Gesicht bekam plötzlich die Farbe von frisch geschnittenem Granat.
     
    Gaspode führte Victor aus der Gasse und ins dunkle Hinterland der Stadt. Sträucher und Sandgras wuchsen dort.
    »Mit diesem Ort stimmt was nicht«, murmelte der Hund.
    »Er ist anders«, sagte Victor. »Was meinst du mit ›stimmt was nicht‹?«
    Gaspode schien spucken zu wollen.
    »Nimm mich«, fuhr er fort, ohne auf die Frage seines Begleiters zu achten. »Ich bin ein Hund. Habe immer nur daran gedacht, irgendwelchen Dingen nachzujagen. Und natürlich an Sex. Doch plötzlich träume ich. In Farbe. Ich war baff. Und erschrocken. Zum erstenmal in meinem Leben sah ich Farbe. Du hast viel gelesen, und daher weißt du sicher: Hunde sehen alles in Schwarzweiß. Aber Rot ist verdammt schockierend, kannst du mir glauben. Man hält seine Mahlzeit für einen weißen Knochen mit etwas Grau dran, und dann stellt sich heraus, daß man jahrelang gräßliches rotes und purpurnes Zeug verspeist hat.«
    »Was für Träume?« fragte Victor.
    »Sie sind verdammt peinlich«, grummelte Gaspode. »In einem wurde eine Brücke fortgespült, und ich mußte losrennen und eine Warnung bellen. In einem anderen steht ein Haus in Flammen, und ich rette die Kinder. Und dann haben sich Kinder in Höhlen verirrt, und ich finde sie und führe die Rettungsgruppe zu ihnen… Verdammt, ich hasse Kinder. Seit einiger Zeit kann ich nicht mehr die Augen schließen, ohne davon zu träumen, Leute zu retten, Leute zu warnen, Verbrechern das Handwerk zu legen und was weiß ich. Ich meine, ich bin sieben Jahre alt. Ich habe Flöhe, ich bin räudig. Warum muß ich unbedingt ein Held sein, wenn ich schlafe!«
    »Donnerwetter«, kommentierte Victor. »Das Leben ist interessant, wenn man es aus der Perspektive einer anderen Person, äh, eines Hunds sieht.«
    Gaspode blickte aus verkrusteten gelben Augen gen Himmel.
    »Wohin gehen wir?« erkundigte sich Tugelbend nach einer Weile.
    »Ich stelle dir einige andere Bewohner von Holy Wood vor«, erwiderte Gaspode. »Und sie werden dir beweisen, daß hier etwas Unheimliches geschieht.«
    »Oben auf dem Hügel? Ich wußte gar nicht, daß oben auf dem Hügel Leute wohnen.«
    »Es sind keine Leute«, entgegnete der Hund geheimnisvoll.
     
    Ein kleines Feuer brannte auf der Kuppe des Holy-Wood-Hügels. Victor hatte es angezündet. Weil es ihn beruhigte. Weil es der menschlichen Verhaltensweise entsprach, Feuer anzuzünden.
    Er hielt es für notwendig, sich daran zu erinnern, ein Mensch zu sein und nicht den Verstand verloren zu haben.
    Es erstaunte ihn kaum mehr, mit einem Hund zu sprechen. Menschen sprachen oft mit Hunden, besser gesagt: zu ihnen. Das galt auch für Katzen. Und sogar für Kaninchen. Aber ein Gespräch mit Maus und Ente verdiente durchaus die Bezeichnung »sonderbar«.
    »Glaubst du etwa, wir haben’s uns gewünscht, reden zu können?« fragte das Kaninchen. »Im einen Augenblick denkst

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