Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Voll im Bilde

Voll im Bilde

Titel: Voll im Bilde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
Lobpreisung nach der anderen. Ehrentitel wie ›Der-Tausende-erschlug‹. Du kennst das ja. Wahrscheinlich hat er den Priestern ‘ne Menge Geld hinterlassen, damit sie dauernd Gebete sprechen, Kerzen anzünden, Ziegen opfern und was weiß ich. Das war damals üblich. Tja, die Burschen verbringen ihr ganzes Leben damit, zu saufen und herumzuhuren, und wenn der Schnitter damit beginnt, seine Sense zu schärfen, werden sie plötzlich ganz fromm und bezahlen den Priestern viel Geld, damit sie ihre Seelen möglichst schnell reinwaschen und den Göttern erzählen, wie anständig sie immerzu gewesen sind.«
    »Gaspode?« fragte Victor ruhig.
    »Ja?«
    »Du warst ein dressierter Hund. Woher weißt du das alles?«
    »Ich bin nicht nur niedlich, sondern auch intelligent.«
    »Du bist alles andere als niedlich, Gaspode.«
    Der kleine Hund zuckte mit den Schultern. »Wie dem auch sei: Ich habe immer gut zugehört und alles beobachtet. Ein Hund kann erstaunlich viel hören und sehen. Damals wußte ich natürlich nicht, was das alles bedeutet, aber mittlerweile habe ich es begriffen.«
    Victor blickte wieder auf die Seiten. Wenn man die Augen halb schloß… Ja, dann schienen mehrere der kleinen Bilder die Statue eines Ritters zu zeigen, dessen Hände auf einem Schwert ruhten.
    »Vielleicht ist damit gar kein Mann gemeint«, sagte er. »Piktographische Schrift hat ihre Tücken. Es geht dabei um den Zusammenhang.« Er zog die Schubladen seines Gedächtnisses auf, kramte darin nach den Erinnerungen an jene Bücher, die er in der Unsichtbaren Universität gelesen hatte. »Zum Beispiel: In der achatenen Schriftsprache gewinnen die Zeichen für ›Frau‹ und ›Sklavin‹ eine ganz neue Bedeutung, wenn sie nebeneinander stehen. Dann ist von ›Gattin‹ die Rede.«
    Tugelbend konzentrierte sich auf die Seite. Der Tote – oder der Schlafende oder der Auf-ein-Schwert-gestützt-Stehende; die Gestalt war so stilisiert, daß man kaum sicher sein konnte – erschien häufig neben einem anderen Bild. Victors Zeigefinger folgte den Piktogrammen.
    »Vielleicht ist das Mann-Symbol nur Teil eines Wortes«, fuhr er fort. »Siehst du hier? Es zeigt sich immer rechts neben diesem Bild, das eine Art… Tür oder so darzustellen scheint. Möglicherweise heißt das Wort…« Victor überlegte. »Tür-Mann.«
    Er neigte das Buch ein wenig zur Seite.
    »Ein alter König?« spekulierte Gaspode. »Oder… ›Der Mann mit dem Schwert ist gefangen.‹ Oder: ›Achtung, hinter der Tür steht ein Mann, der ein Schwert trägt.‹ Könnte alles bedeuten.«
    Victor starrte auf das Buch hinab. »Komisch«, murmelte er. »Er wirkt nicht direkt tot. Nur leblos. Wartet er darauf, zum Leben erweckt zu werden? Jemand, der mit einem Schwert wartet?«
    Tugelbend betrachtete das winzige Bild. Die Gesichtszüge blieben undeutlich, aber trotzdem erweckte die Gestalt einen vertrauten Eindruck.
    »Weißt du…«, sagte Victor langsam. »Er sieht fast so aus wie mein Onkel Osric…«
     
    Klickaklickaklicka. Klick.
    Die Spule drehte sich nicht mehr. Donnernder Applaus toste los. Hunderte von Füßen stampften über Hunderte von leeren Knallkörnertüten hinweg.
    In der vordersten Reihe des Odium starrte der Bibliothekar auf die nun weiße Leinwand. Zum vierten Mal an diesem Nachmittag hatte er Schatten der Wüste gesehen, ohne sich von seinem Sitz zu heben – einen dreihundert Pfund schweren Orang-Utan brachten die Leute nicht dazu, zwischen den Vorstellungen ins Foyer zu verschwinden. Vor ihm bildeten Erdnußschalen und zerknüllte Tüten einen mittelgroßen Haufen.
    Der Bibliothekar fand großen Gefallen an den beweglichen Bildern. Sie berührten etwas in seiner Seele. Er hatte sogar damit begonnen, eine Geschichte zu schreiben, die sich seiner Meinung nach bestens dazu eignete, verfilmt zu werden. 18 Ganz gleich, wem er das Manuskript gab: Alle lobten es, manchmal ohne es vorher zu lesen.
    Doch etwas an diesem Streifen bereitete ihm Unbehagen. Viermal hatte er ihn nun gesehen, ohne daß die Unruhe nachließ.
    Er stemmte sich aus den drei Sitzen, die seine massige Gestalt beanspruchte, wankte durch den Mittelgang und betrat das kleine Zimmer, in dem Bezam den Film zurückspulte.
    Bezam sah auf, als sich die Tür öffnete.
    »Verschwinde aus…«, begann er. Er unterbrach sich und grinste verzweifelt. »Hallo, mein Herr. Toller Streifen, nicht wahr? Wir zeigen ihn gleich noch einmal und… Was machst du da he was fällt dir ein?«
    Der Bibliothekar riß die große Rolle

Weitere Kostenlose Bücher