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Voll im Bilde

Voll im Bilde

Titel: Voll im Bilde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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einer inneren Stimme oder so angetrieben zu werden.«
    »Oh, ich weiß nicht«, entgegnete Quieki. »Wenn du mich fragst: Wer beim Gehen nur zwei Beine benutzt, taumelt immer.«
    »Ein Blick in ihr Gesicht genügt. Dann wird einem klar, daß etwas nicht in Ordnung ist!«
    »Nun, sie gehört zu den Menschen«, meinte die Maus. »Bei den Menschen ist nie alles in Ordnung.«
    Gaspode dachte darüber nach, was er jetzt tun konnte. Viel Auswahl hatte er nicht. Die naheliegendste Maßnahme bestand darin, Victor aufzusuchen und ihn hierherzubringen. Er entschied sich dagegen, weil es zu sehr wie Laddies dummes Verhalten aussah: Wenn du als tapferer, intelligenter Hund mit einem Rätsel konfrontiert wirst – fällt dir nichts Besseres ein, als einen Menschen zu rufen, um es zu lösen?
    Er lief los und schnappte nach dem Saum des Nachthemds. Die Schlafwandlerin setzte den Weg fort und zerrte den Hund hinter sich her. Katze lachte, und nach Gaspodes Ansicht klang es zu sarkastisch.
    »Wird Zeit aufzuwachen«, knurrte er und löste die Zähne aus dem dünnen Stoff. Gingers Beine blieben in Bewegung.
    »Na bitte«, schnurrte Katze. »Man gebe ihnen eine Hand mit vier Fingern und einem Daumen. Und fon glauben fie, etwaf Befonderef zu fein.«
    »Ich werde ihr folgen«, beschloß Gaspode. »Eine junge Frau, die des Nachts allein unterwegs ist… Ihr könnte etwas zustoßen.«
    »Typiff für Hunde«, wandte sich Katze an Quieki. »Wollen fich dauernd bei den Zweibeinern einfmeicheln. Beftimmt dauert ef nicht mehr lange, bif er ein mit Diamanten befetztef Halfband und einen Napf mit feinem Namen drauf bekommt.«
    »Wenn du unbedingt einen Teil deines Fells verlieren willst – ich bin gern zu Diensten.« Gaspode fletschte seine kariösen Zähne.
    »Daf brauche ich mir nicht gefallen zu laffen«, sagte der Kater und hob stolz den Kopf. »Komm, Quieki. Laf unf einen Müllhaufen fuchen. Hier gibt ef zuviel Dreck.«
    Gaspode starrte den beiden Tieren nach.
    »Mieze!« rief er.
    Dann zockelte er durch die Gasse, behielt Ginger im Auge und haßte sich dafür. Wenn ich ein Wolf wäre, dachte er, und tief in meinem Innern bin ich ein Wolf, ja, dann würde ich nun den Rachen öffnen und, und… Ich meine, dann hätte die junge Frau da vorn nur noch eine Lebenserwartung von wenigen Sekunden. Ich könnte angreifen. Natürlich. Ich könnte jederzeit angreifen. Ich will es nur nicht. Und eins steht fest: Es liegt mir fern, auf sie aufzupassen. Victor würde mich bestimmt bitten, sie vor irgendwelchen Gefahren zu bewahren, aber ich lasse mir von Menschen keine Anweisungen geben. Wäre ja noch schöner. Wehe dem Menschen, der versucht, mir Anweisungen zu erteilen. Müßte mit einer zerfleischten Kehle rechnen, jawohl.
    Aber wenn ihr was passiert… Wahrscheinlich verzehrt er sich tagelang vor Kummer und vergißt, mich zu füttern. Was nicht heißen soll, daß Hunde wie ich Menschen brauchen, die ihnen Nahrung besorgen. Ich könnte ein Rentier reißen, indem ich ihm auf den Rücken springe und den Hals durchbeiße. Schwierig wird’s nur, wenn man anschließend nach einem Teller sucht, der für eine solche Mahlzeit groß genug ist.
    Ginger ging ziemlich schnell. Gaspodes Zunge baumelte aus dem Maul, als er versuchte, mit ihr Schritt zu halten. Hinter seiner Stirn pochte dumpfer Schmerz.
    Er riskierte einige verstohlene Blicke nach rechts und links, um festzustellen, ob ihn andere Hunde beobachteten. Wenn mir jemand zusieht… Ich könnte den Anschein erwecken, sie zu verfolgen. Wie Beute. Ja. Das stimmt auch. Ich folge ihr nicht, sondern ver folge sie. Das Problem war nur: Gaspode neigte zu Kurzatmigkeit, und er keuchte nun immer lauter. Warum mußte seine Beute so schnell gehen?
    Ginger kletterte am Hang des Hügels empor.
    Gaspode überlegte, ob er laut bellen sollte. Wenn ihn später jemand nach dem Grund dafür fragte, konnte er immer behaupten, es sei ihm nur darum gegangen, die junge Frau zu erschrecken. Allerdings hatte er gerade genug Luft, um drohend zu schnaufen.
    Ginger erreichte die Mulde zwischen den Bäumen.
    Gaspode wankte näher, richtete sich auf und klappte den Mund auf, um eine Warnung zu winseln – fast hätte er sich an seiner eigenen Zunge verschluckt.
    Das Portal stand jetzt einige Zentimeter weiter offen. Sand rieselte beiseite.
    Und Stimmen flüsterten. Sie raunten keine Worte, sondern ihren Inhalt, die eigentliche Essenz von Bedeutung. Wie bettelnde Moskitos summten sie in Gaspodes rundem Kopf, flehten und lockten

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