Voll Speed: Roman (German Edition)
viermal so stark wie ich. Was hätte ich denn tun sollen?«
»Hat die Wache denn nichts unternommen?«, frage ich.
»Mads und Moby hatten Wache«, entgegnet Rufus.
»Mads und Moby!«, rufe ich. »Warum werden denn die Allerjüngsten zur Wache eingeteilt?«
»Weil wir hier im Zoo sind!«, begehrt Rufus auf. »Es rechnet doch niemand damit, dass unser Bau tatsächlich angegriffen wird. Außer Pa vielleicht.«
Auch wieder wahr. »Haben die beiden wenigstens Alarm geschlagen?«
»So ähnlich. Als die Ratten auftauchten, sind Mads und Moby laut schreiend in den Bau gerannt.«
»Und das hat Rocky auf den Plan gerufen, vermute ich.«
Rufus nickt.
»Was haben die Ratten sonst noch mitgenommen?«, frage ich.
»Ein bisschen Plunder aus der Asservatenkammer«, antwortet Rufus und beißt sich auf die Unterlippe. »Allerdings haben sie sich unser Speedboot unter den Nagel gerissen.«
»Sie haben den Elektroschocker und das Speedboot geklaut und obendrein Rocky als Geisel genommen?«, fasse ich frustriert zusammen.
Rufus nickt. »So sieht es aus.«
»Und niemand hat versucht, sie aufzuhalten?«
Rufus schüttelt den Kopf. »Der komplette Clan hat sich im Versammlungssaal verschanzt. Es herrscht blanke Panik. Pa erzählt Horrorgeschichten aus Afrika, und Roxane hat vorgeschlagen, sämtlich Ein- und Ausgänge zuzuschütten und schon jetzt ins Steinhaus umzuziehen, weil die Ratten da vermutlich nicht hinkommen.«
»Wir sollen das Gehege aufgeben?«, frage ich perplex. »Sind denn jetzt alle verrückt geworden?«
»In ein paar Wochen gehen wir doch sowieso ins Winterquartier«, erwidert Rufus. Er scheint Roxanes Idee gar nicht so schlecht zu finden.
»Und was machen wir im Frühling?«, frage ich. »Bleiben wir dann weiterhin im Steinhaus hocken? Verbringen wir jetzt unser ganzes Leben in einem stickigen Raum hinter einer dicken Glasscheibe?«
Rufus zuckt müde mit den Schultern. »Vielleicht wäre das besser, als in ständiger Angst zu leben.«
»Wenn du auch so denkst, warum bist du dann überhaupt noch hier?«, will ich wissen.
»Um dich zu briefen«, erklärt Rufus. »Und um dir zu helfen, falls du einen Plan hast.« Rasch fügt er hinzu: »Vorausgesetzt, dieser Plan ist nicht allzu lebensgefährlich.« Er nimmt sich noch etwas Traubenzucker und reibt sich das weiße Pulver auf die Vorderzähne. »Aber im Grunde hab ich genauso wenig Lust wie du, den Schwanz einzuziehen und mich in diesem blöden Steinhaus einschließen zu lassen. Ich meine: Hey! Wer sind wir denn?«
Mein Bruder nun wieder. Pinkelt sich ins Fell, weil er in seiner Asservatenkammer zwei Ratten findet, aber kaum hat er ein bisschen Traubenzucker intus, da wird er schon wieder mutig.
»Dann lass uns runtergehen und verhandeln«, sage ich.
Rufus schluckt trocken. »Verhandeln? Mit wem denn verhandeln?«
»Mit den Ratten.«
Rufus sieht mich an, als hätte jemand ihm eins mit dem Elektroschocker übergebraten. »Ich hab eben gesagt, ich helfe dir, wenn du einen Plan hast, der nicht allzu lebensgefährlich ist. Die Idee, mit den Ratten zu verhandeln, klingt aber reichlich lebensgefährlich.«
»Sehe ich anders«, erwidere ich. »Als die Ratten den Elektroschocker hatten, da hätten sie problemlos ein Blutbad in unserem Clan anrichten können, wenn sie gewollt hätten.«
Rufus nickt. »Bis hierhin stimme ich dir zu.«
»Sie wollten aber offenbar kein Blutbad. Statt sich zu rächen, haben sie eine Geisel genommen. Für mich heißt das: Sie wollen verhandeln.«
»Entweder das, oder sie wollen sich in aller Ruhe an Rocky rächen. Weil er so viele von ihnen niedergemetzelt hat, steht ihm ein langer und qualvoller Tod bevor. So machen es die Indianer mit ihren Feinden.«
Ich überlege kurz. Klingt ebenfalls plausibel.
»Klingt für mich überhaupt nicht plausibel«, sage ich prompt.
»Okay. Und worüber wollen die Ratten deiner Meinung nach verhandeln?«, fragt Rufus.
»Eben das müssen wir herausfinden.«
Rufus überlegt angestrengt, dann sagt er: »Wenn deine Theorie falsch ist, dann gehen wir mit Sicherheit beide drauf.«
»Immer noch besser als ein Leben an der Seite von Roxane. Das hast du doch selbst gesagt.«
Rufus seufzt. »Stimmt ja auch. Ich hätte nur trotzdem gern mein Leben nicht als … Jungfrau beendet.«
Ich klopfe meinem Bruder auf die Schulter. »Wir werden schon nicht draufgehen, Rufus. Und wer weiß? Vielleicht findet Natalie es total sexy, dass du dich in Gefahr begibst, um Rocky zu retten.«
Rufus überlegt, dann
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