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Vollbeschaeftigt - das neue deutsche Jobwunder

Vollbeschaeftigt - das neue deutsche Jobwunder

Titel: Vollbeschaeftigt - das neue deutsche Jobwunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Paqué
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Eines jedenfalls ist klar: Stimmt Weizsäckers Analyse, so braucht die Weltwirtschaft einen kontinuierlichen Zufluss neuer „safe assets“, um überhaupt den globalen Kapitalmarkt ins Gleichgewicht zu bringen. Bleibt der aus, droht irgendwann ein schwieriges Dilemma: Entweder es gibt einen permanenten Druck in Richtung Deflation – mit Unterauslastung der Produktionskapazitäten und Arbeitslosigkeit –, oder die Zentralbanken lassen eine stärkere Inflation zu, um den Realzins nach unten zu drücken und die private Kapitalnachfrage anzuheizen, und zwar in Richtung von eigentlich unrentablen Projekten, die nur einen negativen Realzins erwirtschaften! Es ist eine Art selbst gewählte keynesianische Falle, in die wir tappen: Der solvente Staat zieht sich zurück, obwohl er vielleicht der Einzige ist, der noch über sozial rentable Projekte verfügt. Das macht keinen Sinn. Weizsäcker folgert daraus: Die Schuldenbremse ist falsch, sie sollte weg.
    Klar ist: Allein im Rahmen seiner ökonomischen Logik hat Weizsäcker recht. Er liefert damit tatsächlich ein starkes Argument gegen einen schuldenpolitischen Dogmatismus, der die deutsche Öffentlichkeit zu erfassen droht. Er lässt allerdings einen wichtigen Aspekt außer Acht: die Erfahrung der Vergangenheit. Auch ein solventer Staat muss – zur Erhaltung seines Rufes – gelegentlich die Fähigkeit beweisen, dass er einen scheinbar unaufhaltsamen Trend stoppen kann. Seit Mitte der 1960er-Jahre die öffentlichen Haushalte ins Defizit gerieten, stieg auch die Schuldenquote fast kontinuierlich an – von knapp über null Prozent (1965) auf rund 30 Prozent (1980), 60 Prozent (1995) und 80 Prozent (2010). Der Staat und seine Finanzminister waren offenbar politisch machtlos, den Trend zu stoppen – trotz vieler gegenteiliger Ankündigungen. Entsprechend aufgeregt wurde im letzten Jahrzehnt die öffentliche Diskussion geführt, als Reflex des Versagens. Es war der Verlust an politischem Vertrauen, um das es ging, ähnlich wie beim Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. Nicht der Kapitalmarkt, sondern der breite Konsens der Bürger erzwang das Handeln – bei der Schuldenbremse genauso wie bei Hartz IV.
    Warten wir also ab. Gelingt es dem deutschen Staat, die öffentlichen Haushalte spätestens ab 2020 (oder noch früher) auszugleichen, so ist vielleicht schon bald das politische Vertrauen in seine Entschluss- und Handlungsfähigkeit wiederhergestellt. Sollte dann im nächsten Jahrzehnt die Kapitalschwemme zu einer extremen Belastung der Weltwirtschaft werden, so wären auch pragmatische neue Wege vorstellbar – etwa dadurch, dass man nicht die Nullverschuldung verlangt, sondern ein Drei-Prozent-Maximum des BIP für die Nettokreditaufnahme zulässt. Bis dahin aber muss der Staat politisch beweisen, dass er es kann. Und die Diagnose der Kapitalschwemme muss erst einmal zur herrschenden Meinung in der Öffentlichkeit werden. So ist eben die politische Realität in Deutschland – nach fast 50 Jahren des Wegs in den „Schuldenstaat“.
    Krise der Kapitaldeckung?
    Zur Zukunft unserer Rentensysteme
    Auf Dauer niedrige Realzinsen: Das ist eine gute Nachricht für Investoren, aber eine schlechte für Sparer. Denn ohne Rendite vergrößert sich der Wert eines Vermögens nicht mehr von selbst. Das Sparen wird zu einem reinen Zurücklegen, ohne Aussicht auf eigenständigen Zuwachs des einmal angehäuften Kapitals. Wer in der Zukunft mehr Mittel zur Verfügung haben will, der muss also immer neuen Konsumverzicht leisten.
    Damit zerplatzen so manche Träume von der Reform unseres Rentensystems. Erinnern wir uns: Durch die demografische Entwicklung wurde bereits im Deutschland der 1990er-Jahre öffentlich diskutiert, dass in der Zukunft die Finanzierung der Renten im Umlageverfahren zu deutlich höheren Beiträgen führen müsse. Der politische Ruf nach mehr Eigenvorsorge wurde laut. Also: eigenes Ansparen, von der Lebensversicherung über die betriebliche Altersvorsorge bis zum simplen Sparvertrag. In Ansätzen wurde dies auch als politisches Programm in die Tat umgesetzt, in Deutschland mit der sogenannten Riester-Rente, also mit steuervergünstigten Sparprogrammen für die Altersvorsorge.
    All dies beruhte auf der Annahme, dass die Kapitaldeckung vor den Problemen des Umlageverfahrens gefeit sei. Diese Annahme schien auch wirtschaftlich plausibel zu sein: Die Kapitaldeckung sorgt für eine Zusatzversorgung, deren nachhaltige Rentabilität vom Realzins abhängt – und nicht von der

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