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Vollbeschaeftigt - das neue deutsche Jobwunder

Vollbeschaeftigt - das neue deutsche Jobwunder

Titel: Vollbeschaeftigt - das neue deutsche Jobwunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Paqué
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heute: Schafft die staatlich forcierte Energiewende eine neue GPT? Befürworter glauben dies, aber ein nüchterner Blick macht doch eher skeptisch. Der Vergleich mit der Mikroelektronik zeigt, warum dies so ist. Bei dieser Technologie geht es tatsächlich um Wellen von Innovationen, die kaum einen Produktionsprozess der Wirtschaft unberührt lassen. Die Digitalisierung sorgt für eine völlig neue Infrastruktur der Informationsübertragung; und sie ist inzwischen dabei, auch die Produktionstechnik des verarbeitenden Gewerbes umzukrempeln. Das enorme Anwendungspotenzial ergibt sich, wie früher beim Siegeszug des elektrischen Stroms, aus der Allgegenwart einer Technologie, die den technischen Raum der Möglichkeiten auf praktisch allen Produktionsstufen enorm erweitert: vom Analogen ins Digitale. Gerade in der Einfachheit ihrer Grundidee sowie im Fehlen einer Zielrichtung liegt ihr Vorzug: Sie macht alles besser, aber sie tut es „bottom-up“ und nicht „top-down“.
    Die Energiewende funktioniert ganz anders. Sie gibt – top-down – zwei Ziele politisch vor: erneuerbare statt fossiler Energieträger sowie möglichst viel Energie sparen statt verbrauchen. Sie lenkt damit den Fluss der Innovationen um, ohne ihn zu erweitern oder zu vertiefen. Ihr „general purpose“ besteht allein darin, dass alle Branchen der Wirtschaft den politischen Vorgaben folgen sollen. Eine technisch bedingte Allgegenwart ist nicht zu erkennen, zumindest nicht jenseits des normalen Ausmaßes „externer“ Anwendungen, die sich bei fast jeder neuen Technologie ergeben. Sonnen- und Windenergie machen dies deutlich: Sie liefern bestenfalls ein (gesellschaftlich gewünschtes) Substitut für bereits vorhandene fossile Energie; eine wesentlich höhere Leistungsfähigkeit oder eine breite technologische Verknüpfung mit anderen Bereichen der Wirtschaft ist damit nicht verbunden.
    Und noch eines fällt auf: Es hat bisher keinen einzigen historischen Fall einer großen erfolgreichen „General Purpose Technology“ gegeben, die vom Staat auf den Weg gebracht wurde. Wird ausgerechnet die Energiewende der erste sein?
    Tatsächlich hat die Energiewende aus Sicht des wirtschaftlichen Wachstums viel eher den Charakter einer „defensiven“ Technologie. Sie stößt keine neuen Türen auf, sondern verändert nur die Eingänge; denn sie versucht, bereits vollständig vorhandene (und funktionierende) Energiequellen durch andere zu ersetzen. Deren Funktionsweise muss erst mühsam entwickelt werden durch massiven Einsatz von Forschung und Entwicklung. Selbst wenn dies gut gelingt, liefern sie vor allem einen Ersatz für das bereits Vorhandene. Sie erschließen dagegen keine völlig neue Produkt- und Verfahrenswelt. Dies ist aus ökonomischer Perspektive auch überhaupt nicht überraschend, denn sie zielen ja gerade nicht auf eine Maximierung der Wertschöpfung des Arbeitseinsatzes durch neue Produkte und Verfahren. Ihr explizites Ziel ist es ja, die Effizienz des Energieeinsatzes zu verbessern, und zwar vor allem mit Blick auf die Minimierung des Ausstoßes an Treibhausgasen. Gerade dazu ist ja die staatliche Umlenkung geschaffen. Die Energiewende ist also ihrem Wesen nach keine Wachstumspolitik, sondern eine Politik der gezielten Strukturänderung. Man muss deshalb schon einige merkwürdige Modellannahmen bemühen, um schließlich doch zu einer Wachstumswirkung für die Wertschöpfung (und das Einkommen) pro Arbeitsplatz zu kommen. Wirklich überzeugend ist dies aber nicht.
    Vielleicht muss es das aber auch nicht sein. Denn manche Befürworter der Energiewende in Deutschland sind durchaus bereit zu konzedieren, dass es sich um eine Politik handelt, die Wachstum kostet und nicht schafft. Sie halten dies aber für gerechtfertigt, um das übergeordnete Ziel zu erreichen, und das heißt: Bremsung des Klimawandels und seiner Folgen für die Menschheit. Die Diskussion rückt damit ein Stück weg von der wirtschaftlichen auf die sozialphilosophische Ebene. Dies ist unvermeidlich, will man rational über die Zukunft einer (vollbeschäftigten) deutschen Wirtschaft nachdenken.
2.5   Ein Vorbild mit Risiken
    Zunächst gilt es festzuhalten: Das Abbremsen des Klimawandels durch Kontrolle der Treibhausgasemissionen ist seinem Wesen nach ein globales Ziel. Eine nationale oder auch europaweite Energiewende würde also für sich genommen nur dann einen wichtigen Schritt zum Erreichen des Ziels bedeuten, wenn Deutschland beziehungsweise die Europäische Union einen

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