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Vollbeschaeftigt - das neue deutsche Jobwunder

Vollbeschaeftigt - das neue deutsche Jobwunder

Titel: Vollbeschaeftigt - das neue deutsche Jobwunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Paqué
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gerne von einer „zweiten industriellen Revolution“, was aber doch eine Überhöhung der Vorgänge darstellt, denn an die ungeheuer umwälzende Kraft des Übergangs von der Agrar- zur Industriegesellschaft im Deutschland des 19. Jahrhunderts reicht die künftige Veränderung – bei allem Respekt vor dem Ehrgeiz der Zielsetzungen – nicht annähernd heran. 105
    Trotzdem geht es zweifellos um einen gigantischen Kraftakt der Umlenkung von Innovationskraft. Genau an dieser Stelle dürften aber in Deutschland die höchsten volkswirtschaftlichen Kosten der Energiewende liegen. In gewisser Weise wird eine immer kleiner werdende Kohorte von Ingenieuren und Wissenschaftlern in eine bestimmte Richtung der Spezialisierung gelenkt, die sich nicht mehr an Gesichtspunkten des Marktes, sondern – direkt oder indirekt – an politischen Zielvorgaben orientiert. Es geht dabei keineswegs nur um den engen Bereich dessen, was heute schon als Energiewirtschaft firmiert, also – schlagworthaft formuliert – um die Umrüstung von Forschern aus der Kohle-, Öl- und Nukleartechnologie auf die neue Kraftwerkswelt der erneuerbaren Energien. Es geht vielmehr um die überaus breite Palette der Forschungswege, die durch die Investitionslenkung in traditionell energiefernen Branchen des verarbeitenden Gewerbes begünstigt werden. Man denke nur an die Werkstofftechnik zur Isolierung von Häusern, die Entwicklung von energiesparenden Motoren oder die Pflanzenzucht mit Blick auf Biotreibstoff.
    „Green Growth“:
    Die Renaissance des Positivismus
    Es ist ein dickes Buch von 630 eng bedruckten Seiten, veröffentlicht im Jahr 2011. Sein Titel: Towards a Green Economy: Pathways to Sustainable Development and Poverty Eradication . Sein Verfasser ist das United Nations Environment Programme (UNEP), eine Art umweltpolitische Unterorganisation der Vereinten Nationen, die 1972 gegründet wurde.
    Das Buch liefert einen Bericht über Nutzen und Kosten einer globalen ökologischen Politik. Die Botschaft, die dabei herauskommt, ist eindeutig und klar: Eine Investition von zwei Prozent des globalen BIP in grüne Technologien lohnt sich, und zwar nicht nur, um die Ressourcen der Welt zu schonen und den Klimawandel zu bremsen, sondern auch, um auf längere Sicht das Wachstum der Weltwirtschaft zu beschleunigen. Also (in den Begriffen des Berichts): „green economy“ statt „brown economy“, das ist nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus ökonomischer Sicht eine tolle Sache.
    Wie kommt der Bericht zu diesem Ergebnis? Die Antwort lautet: durch Modellanalysen und Computersimulationen. Das angewandte Modell hat den zeitgemäßen Namen T 21 (T für „threshold“). Es ist ein Weltmodell, das in der langen Tradition der Systemdynamik steht, die unter anderem vom Club of Rome in den frühen 1970er-Jahren entwickelt wurde. Das Hauptverdienst von T 21 ist das systematische Abbilden von Interdependenzen der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Sektoren auf globaler Ebene. So heißt es jedenfalls in dem Bericht, der ansonsten, was die Struktur des Modells betrifft, erstaunlich wortkarg ist: Weniger als 40 Seiten sind dem Modell gewidmet, bestenfalls zehn davon seiner Mechanik, so gut wie nichts dem analytischen Kern seiner Logik.
    Vieles bleibt deshalb im Dunkeln oder Halbdunkeln. Es lässt sich eigentlich nur aus der Struktur der Ergebnisse und ihrer Kommentierung ermitteln. Daraus ergibt sich folgendes Bild: Eine Politik des „business as usual“, also das schlichte Festhalten an der traditionellen „brown economy“ und deren technologischen Trends, führt mittelfristig in eine Verknappung von Ressourcen, Zerstörung der Umwelt und Erwärmung des Klimas, die auch das Wirtschaftswachstum bremsen – durch steigende Kosten und sinkende Produktivität. Der technische Fortschritt, den es durchaus gibt, ist nicht stark genug, um der üblichen Wirkung des unerbittlichen wirtschaftlichen Ertragsgesetzes erfolgreich entgegenzuwirken. Es kommt langfristig zu Wachstumseinbußen. Ganz anders beim frühen Umschalten auf die „green economy“ durch massive Investitionen in grüne Technologien. Dieses kostet zwar anfangs mehr, sorgt aber mittelfristig durch Effizienzgewinne, Ressourcenschonung und Minderung des Ausstoßes von Treibhausgasen für das Vermeiden von Schäden, deren nachträgliche Beseitigung sehr teuer beziehungsweise technisch gar nicht möglich wäre. Genau hier greift die entscheidende Annahme: Grüne Technologien – einmal massiv

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