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Vollbeschaeftigt - das neue deutsche Jobwunder

Vollbeschaeftigt - das neue deutsche Jobwunder

Titel: Vollbeschaeftigt - das neue deutsche Jobwunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Paqué
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Technologiepolitik in die Modelle implantiert, der kommt schnell zu dem Schluss, dass man gar nicht genug davon bekommen kann. Ohne ein ökonomisches Ertragsgesetz, das die Lerneffekte bei zunehmendem Einsatz der Lenkungsinstrumente bremst, verspricht ein Mehr davon einen größeren Wohlstand. 108 Dabei ist das Modell des Potsdam-Instituts kein Einzelfall: Bei Modellen anderer Forschungseinrichtungen mag sich der Mechanismus des Produktivitätsgewinns im Detail davon unterscheiden. Die Ergebnisse werden aber stets maßgeblich getrieben von Annahmen, die eine systematische Verzerrung des Wachstums der Wertschöpfung pro Arbeitseinsatz zugunsten ökologisch orientierter Produktion enthalten und ohne substanziellen empirischen Rückhalt gesetzt werden. 109
    Eine solche Modellphilosophie ist natürlich völlig legitim. Als ökonomische Beweisführung ist sie allerdings nicht akzeptabel. Tatsache ist eben, dass wir sehr wenig über die Effizienz der Forschung sowie die Geschwindigkeit und Breite der Lernprozesse in verschiedenen Branchen und Produktionslinien wissen. Sicherlich gab es historische Zeiten und Beispiele, in denen im Nachhinein festzustellen war, dass die technologische Entwicklung ungeheuer dynamisch verlief und volkswirtschaftlich weit ausstrahlte. Dies gilt gerade für jenes neue Wissen, das – einmal entstanden – zur „general purpose technology“ wurde und praktisch alle Branchen durchdrang. 110 Der elektrische Strom und die Mikroelektronik sind dafür herausragende Beispiele. Im besten Fall lässt sich für eine Nachwende-Energietechnik sagen, dass wir heute noch nicht wissen, ob sie entsprechende Qualitäten einer „general purpose technology“ mitbringt. Allein dies spricht für eine gewisse Skepsis gegenüber positivistischen Hoffnungen auf ein „green growth“. Bei realistischer Betrachtung ist das Bild wahrscheinlich aber noch weniger ermutigend: Denn bei den großen „general purpose technologies“ der Wirtschaftsgeschichte ging es typischerweise um „offensive“ Innovationen, die das Tor zu einer völlig neuen Produktpalette eröffneten – zum Beispiel beim elektrischen Strom der Weg zur Vollausstattung mit Haushaltsgeräten, beim Verbrennungsmotor der Weg zur Massenmotorisierung, bei der Mikroelektronik der Weg zur räumlichen Informationsverdichtung und weiträumigen Vernetzung. Nichts dergleichen gibt es in den meisten anderen Branchen.
    „General Purpose Technology“?
    Die Energiewende auf dem Prüfstand
    Technischer Fortschritt verändert die Welt. Aber er tut dies in aller Regel nur inkrementell: hier eine kleine Verbesserung der Produktqualität, dort eine leichte Anpassung des Produktionsverfahrens. Der Alltag des technologischen Wandels ist deshalb eher undramatisch. Er gleicht dem Prozess der Evolution. Gelegentlich kommt es allerdings doch zu ganz grundlegenden Veränderungen. Im Nachhinein erscheinen diese als große revolutionäre Brüche, die weite Bereiche der Volkswirtschaft erfassen und zu einem tief greifenden Strukturwandel führen, der Jahrzehnte dauern kann. Anschließend ist die Produkt- und Prozesswelt dann aber kaum mehr wiederzuerkennen.
    Für die Wirtschaftshistoriker ist es relativ einfach, solche Brüche in der Geschichte auszumachen: Die eigentliche industrielle Revolution war einer davon – durch die Einführung der Dampfmaschinen und der mechanisch-maschinellen Produktionsanlagen zunächst in der britischen Textil- und Bekleidungsindustrie, später dann im breiten Spektrum aller Branchen des verarbeitenden Gewerbes in den heutigen Industrieländern. Ein Beispiel des frühen 20. Jahrhunderts ist die Nutzung des elektrischen Stroms, ein aktuelles Beispiel die umfassende Anwendung der Mikroelektronik von der Informationstechnologie bis zur Digitalisierung industrieller Fertigungsprozesse. „General Purpose Technology“ (GPT): So werden die Technologien genannt, um die es geht. Der Begriff wurde erstmals in der modernen Wirtschaftstheorie in den 1990er-Jahren konzeptionell präzisiert. Einigkeit herrscht dabei, dass eine GPT vier typische Charakteristika aufweist: großes Potenzial für Verbesserungen, viele unterschiedliche Anwendungen, starke Komplementarität zu anderen Technologien und breite Anwendbarkeit in weiten Teilen der Wirtschaft. Alle vier zusammen sorgen für jene Allgegenwart der Technologie, die erst die Welt erkennbar transformiert und sich in fast allen Kennzahlen der wirtschaftlichen Leistungskraft niederschlägt.
    Die Frage ist

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