Volle Kanne
Abby zornig an. »Wann werden Sie endlich lernen, sich um Ihre eigenen Angelegenheiten zu kümmern?« , sagte sie verächtlich. »Ich hätte nicht übel Lust…«
»Wir müssen los«, unterbrach Maggie sie hastig und warf einen Zehndollarschein auf den Tresen. Dann schob sie die stirnrunzelnde und missmutig vor sich hinmurmelnde Queenie zur Tür.
Everest schien ihre Stimmung sofort zu spüren. »Wer hat Sie verärgert, Oma Queenie? Wie heißt diese Person?«
»Darum kümmere ich mich selbst, mein Lieber. Die alte Queenie hat immer noch ein paar Tricks auf Lager.«
Maggie warf ihr einen finsteren Blick zu. »Daran solltest du nicht einmal denken.«
»Wer ist Carl Lee Stanton?«, fragte Mel. »Und wen hat er beraubt?«
Maggie und Queenie sahen sich an, dann wandte sich Maggie an Mel. »Er ging auf die gleiche Highschool wie ich, allerdings zwei Klassen höher. Er hat einige sehr schlechte Entscheidungen in seinem Leben getroffen und wanderte deshalb ins Gefängnis.«
»Hat er jemanden umgebracht?«
»ja, einen FBI-Agenten«, antwortete Maggie. Sie schilderte ihrer Tochter kurz, was Carl Lee verbrochen hatte.
Mel sah aus dem Fenster, aber Maggie wusste, dass sie angestrengt nachdachte. Ihre Tochter hatte noch mehr Fragen auf Lager. Als Queenie den Motor anließ und aus der Parklücke rangierte, wandte sich Mel wieder an Maggie. »Warum sollte er dir einen Besuch abstatten?«
»Äh, na ja«, wand Maggie sich. »Wir waren ein paarmal miteinander aus.«
Mel war offensichtlich schockiert. »Du hast dich mit einem Verbrecher verabredet?«
»Nein!« Maggie schüttelte heftig den Kopf. »Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits mit ihm Schluss gemacht.«
»Du bist also mit ihm gegangen? Du warst fest mit ihm befreundet?«
»Meine Güte«, warf Queenie ein. »So viele Fragen. Das erinnert mich an die alte Fernsehserie
Perry Mason.«
»Ich finde, dass es mein gutes Recht ist, Fragen zu stellen«, erwiderte Mel. »Außer mir weiß die ganze Stadt, dass meine Mutter mit einem Mörder gegangen ist.«
»Melanie Anne Davenport!« In Queenies Stimme schwang eine deutliche Warnung.
Everest schüttelte den Kopf. »Ich habe es nicht gewusst.«
»Das ist schon sehr lange her«, erklärte Maggie. »Und diejenigen, die es wussten, haben es wahrscheinlich längst vergessen. Außer dieser großmäuligen Abby Bradley. Aber die meisten Leute schenken ihr ohnehin keine Beachtung.«
»Jemand sollte Abby einmal eine Lektion erteilen«, meinte Queenie.
»Ich könnte eines meiner Gespräche mit ihr führen«, bot Everest an.
Mel sah jetzt ernsthaft besorgt aus. »Befinden wir uns in Gefahr?«
»Everest wird auf dich und deine Mama aufpassen«, sagte Queenie rasch. »Ich werde morgen nach Savannah fahren, um meine Vorräte aufzustocken. Und eine schwarze Henne kaufen«, fügte sie hinzu. »Dann sollte Carl Lee Stanton sich schleunigst vom Acker machen, denn mit Queenie ist manchmal nicht gut Kirschen essen.«
Maggie runzelte die Stirn, verkniff sich aber eine Antwort. Sie war sich nicht sicher, was sie mehr ängstigte – Carl Lee auf der Flucht oder Queenie mit einem schwarzen Huhn und weiß der Himmel was sonst noch.
Wenige Minuten später stellte Queenie ihren Wagen hinter Maggies Auto ab, und Everest kämpfte wieder mit der Tür. »Oma Queenie, Sie müssen endlich diese Türen reparieren lassen.«
»Das liegt an der Feuchtigkeit«, verkündete Queenie, als ob damit alles hinreichend erklärt worden wäre.
Nachdem es Everest endlich gelungen war, die Tür aufzustemmen, stieg er aus und half Maggie mit der Beifahrertür. »Kommst du?«, wandte sie sich an Mel.
Mel schüttelte den Kopf. »Ich fahre bei Tante Queenie mit.«
Maggie zögerte.
»Wir fahren dir hinterher«, sagte Queenie. »Mach dir keine Sorgen. Ich werde sie nicht schelten und ihr nicht sagen, dass ich ihr nicht beigebracht habe, so mit ihrer Mutter zu sprechen. Das ist dein Job!«
»Danke.« Maggie eilte zu ihrem Wagen. Kurz darauf befand sie sich auf der Straße und auf dem Weg nach Hause. Während der Fahrt versuchte sie, wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Ein wichtiger Schritt war bereits erledigt; Mel wusste jetzt von Carl Lee und hatte erfahren, dass ihre Mutter sich mit ihm eingelassen hatte. Maggie hielt es für das Beste, dass Mcl zuerst diese Neuigkeit verdaute, bevor sie den Rest und damit die ganze Wahrheit erfuhr.
Als sie in ihre Straße einbog, fiel ihr sofort der Van in ihrer Auffahrt ins Auge. Es war kaum möglich, ihn nicht zu bemerken.
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