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Volle Kanne

Volle Kanne

Titel: Volle Kanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
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…«
    »Wir haben keinen blassen Schimmer«, vollendete Zack den Satz für ihn.
    Maggies Haar war immer noch nass von der Dusche, als sie in weißen Shorts und einem marineblauen Pullover in die Küche kam. Sie lächelte unwillkürlich, als sie den Korb mit den Eiern und die gefaltete Zeitung auf dem Tisch sah und sich vorstellte, wie Zack einer Schar aufgescheuchter Hühner die Eier weggenommen hatte. Sie warf einen Blick in das Wohnzimmer; auf der Sofalehne lag ein Kopfkissen, und sie fragte sich, wie viel Schlaf er wohl bekommen hatte.
    Nachdem sie sich eine Tasse Kaffee eingeschenkt hatte, setzte sie sich an den Küchentisch und schlug die Zeitung auf.
    Carl Lee Stantons Gesicht sprang ihr entgegen.
    Ihr Mund wurde schlagartig trocken.
    Carl Lee sah älter aus, aber sie erkannte den jungen Mann, mit dem sie vor vielen Jahren befreundet gewesen war. Er war immer noch attraktiv, obwohl er auf der Stirn und um die Augen einige Falten hatte und sein ausdrucksloser Blick darauf schließen ließ, dass die Jahre im Gefängnis ihn hart gemacht hatten. Maggie überflog rasch den Artikel. Zwei Gefängniswärter befanden sich immer noch in einem kritischen Zustand, einige andere waren verletzt, jedoch nicht lebensgefährlich. Die Zeugen konnten keine genaue Beschreibung der Täter abgeben; einer hatte ein Clownskostüm getragen, und der Fahrer hatte mit seiner hellroten Perücke und einer übergroßen Brille wie eine Figur aus einem Cartoon ausgesehen.
    Als sie beim letzten Absatz angelangt war, stieß Maggie ein Seufzen aus.
    Die örtliche Kinderärztin Dr. Maggie Davenport, die eine enge Beziehung zu Carl Lee Stanton hatte, bevor er vor vierzehn Jahren seine Verbrecherlaufbahn einschlug, weigerte sich, mit der Presse zu sprechen.
    Maggie faltete die Zeitung zusammen und stopfte sie in den Mülleimer neben der Spüle, damit Mel sie nicht fand. Was nun?
    Sie würde ihre Praxis schließen und von hier wegziehen. Wie würde es Mel wohl in Portland oder Seattle gefallen? Oder vielleicht wäre Kanada besser?
    Das Telefon klingelte, und Maggie beeilte sich, das Gespräch anzunehmen, damit Mel nicht von dem Klingelton aufwachte.
    »Dr. Margaret Davenport?«, fragte ein Mann am anderen Ende.
    »Ja.«
    »Dr. Davenport, Sie kennen mich nicht. Ich bin Dr. James McKelvey, Psychiater im Staatsgefängnis von Texas. Ich rufe Sie wegen Carl Lee Stanton an.«
    Maggie hatte das Gefühl, als wäre plötzlich der gesamte Sauerstoff aus dem Raum entwichen. Sie setzte sich rasch und atmete tief ein. »Ich höre«, sagte sie und wünschte, ihre Stimme würde nicht klingen, als hätte sie gerade einen Marathonlauf hinter sich gebracht.
    »Sie haben sicher schon gehört, dass er geflohen ist. Ich wollte mich nur vergewissern, dass Sie ausreichenden Schutz haben.«
    Zack wollte sie lieber nicht erwähnen. »Ich werde heute in meinem Haus eine Alarmanlage installieren lassen«, erwiderte sie stattdessen. »Gibt es Grund zur Annahme, dass Carl Lee hierherkommen wird? Offensichtlich kennen Sie ihn ganz gut.« Es wäre unprofessionell von ihr, wenn sie ihn geradeheraus fragen würde, ob er Carl Lee behandelte, und es würde nicht dem Berufsethos entsprechen, würde er ihr darauf eine Antwort geben.
    »Ich wünschte, ich wüsste es«, erwiderte McKelvey. »Ich sollte mich eigentlich nicht einmischen, aber …« Er hielt inne. »Ich habe das Gefühl, Sie zu kennen«, fügte er dann hinzu.
    Damit hatte er ihre Frage beantwortet; ganz bewusst, aber auf indirektem Weg. Carl Lee hatte mit McKelvey über sie gesprochen. »Ich bin mir nicht sicher, womit ich rechnen muss«, erklärte Maggie und versuchte, dem Mann am anderen Ende einen weiteren Köder hinzuwerfen. »Ich mache mir Sorgen, dass er … nun ja, instabil sein könnte«, deutele sie an, anstatt direkt zu fragen, ob Carl Lee ein Psychopath war.
    Eine Weile herrschte Schweigen in der Leitung. »Er saß dreizehn Jahre in einer Gefängniszelle«, sagte McKelvey schließlich und seufzte. »Ich habe schon zu viel gesagt. Wir haben diese Unterhaltung nie geführt, okay?«
    Maggie hatte noch einige Fragen auf Lager, doch dann hörte sie ein Klicken. »Verdammt!«
    Der Türriegel wurde aufgeschoben, und Zack kam herein. »Die Leute, die die Alarmanlage einbauen werden, parken gerade in der Auffahrt.« Er runzelte die Stirn. »Warum sind Sie so grün im Gesicht?«
    Maggie starrte auf die Digitalanzeige am Telefon. Keine Anruferkennung. Sie könnte McKelvey im Gefängnis anrufen, aber das wäre ihm sicher

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