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Vollendet - Der Aufstand (German Edition)

Vollendet - Der Aufstand (German Edition)

Titel: Vollendet - Der Aufstand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Shusterman
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Valentinstag. Sie sollen eine feierliche Stimmung herbeizaubern, wirken aber einfach nur sadistisch in einer Strafanstalt für Jungen, von denen nur eine winzige Schar Auserwählter in diesem Jahr noch eine Romanze erleben wird.
    »Du hast mir also etwas Nützliches mitzuteilen?«, höhnt der Junge im orangefarbenen Overall. Er besteht aus purer Arroganz, Tätowierungen und Körpergeruch. »Wie alt bist du, zwölf?«
    »Nein, ich bin vierzehn.«
    Der Junge feixt. »Tja, gut für dich. Jetzt geh mir aus den Augen. Ich brauche keine geistlichen Ratschläge von einem Jesus-Freak.« Er fasst über den Tisch und wischt Lev von unten durchs Haar, das im vergangenen Jahr bis auf die Schultern gewachsen ist und tatsächlich ein bisschen nach Jesus aussieht.
    Lev macht das nichts aus. Er kennt das schon. »Wir haben noch eine halbe Stunde. Vielleicht sollten wir mal drüber reden, warum du hier bist.«
    »Ich bin hier, weil sie mich erwischt haben.« Der Punk verengt die Augen und sieht sich Lev genauer an. »Du kommst mir bekannt vor. Kenne ich dich von irgendwoher?«
    Lev antwortet nicht. »Ich schätze mal, du bist sechzehn, stimmt’s? Du giltst als ›Anstaltsrisiko‹, das weißt du, oder? Das bedeutet, du riskierst, umgewandelt zu werden.«
    »Glaubst du etwa, meine Mutter würde mich umwandeln lassen? Die würde das nie wagen. Wer sollte denn dann ihre verdammten Rechnungen bezahlen?« Er rollt einen Ärmel hoch; die Tätowierungen an den Handgelenken ziehen sich offenbar bis hinauf zur Schulter. Knochen, Totenschädel und Spuren von Gewalt zieren seine Haut. »Außerdem, wer will schon diese Arme haben?«
    »Du würdest dich wundern«, erwidert Lev. »Für so gute Tinte zahlen manche Leute drauf.«
    Den Punk überrascht dieser Gedanke. Er sieht Lev wieder forschend an. »Bist du sicher, dass wir uns nicht kennen? Wohnst du hier in Cleveland?«
    Lev seufzt. »Wir kennen uns nicht, du hast nur von mir gehört.«
    Es dauert noch einen Moment, dann reißt der Punk die Augen auf. Er hat ihn erkannt.
    »Nee, oder? Du bist dieses Zehntopfer! Ich meine, der Klatscher! Der, der nicht in die Luft geflogen ist! Du warst überall in den Nachrichten!«
    »Genau. Aber wir wollen hier ja nicht über mich reden.«
    Plötzlich ist der Punk wie ausgewechselt. »Ja, ja, ich weiß. Tut mir leid, dass ich so ein Arschloch war. Also, warum bist du denn hier?«
    »Hab einen Deal gemacht. Darf nicht drüber reden«, erklärt ihm Lev. »Sagen wir mal, dass ich mit dir rede, ist Teil meiner Bestrafung.«
    »Verdammt!« Der Junge grinst. »Geben die dir auch ’ne Penthouse-Wohnung?«
    »Ernsthaft, ich darf nicht darüber reden … aber ich darf mir alles anhören, was du mir erzählen willst.«
    »Hm, na gut. Ich meine, wenn du es wirklich hören willst …«
    Und dann setzt er zu einer Lebensbeichte an, die er wahrscheinlich noch niemandem erzählt hat. Das ist das Positive daran, dass Lev berühmt-berüchtigt ist: Er hat den Respekt derer, die normalerweise vor niemandem Respekt haben.
    Die harten Jungs in der Jugendstrafanstalt wollen immer alles über ihn erfahren, aber die Bedingungen sind klar. Da die einen so viel Mitleid mit ihm hatten und die anderen so wütend auf ihn waren, war es »im Interesse der Öffentlichkeit«, Lev möglichst schnell aus den Medien zu bekommen und zu verhindern, dass er zu einer landesweiten Galionsfigur gegen die Umwandlung wurde. Also verurteilte man ihn zu Hausarrest. Man implantierte ihm einen Chip in die Schulter, damit er nicht weglaufen konnte, und verdonnerte ihn zu fünfhundertzwanzig Stunden gemeinnütziger Arbeit im Jahr, bis zu seinem achtzehnten Geburtstag. Er sammelte also im Park Müll ein und führte abtrünnigen Jugendlichen die schlimmen Folgen von Gewalt und Drogenkonsum vor Augen. Im Gegenzug zu dieser relativ milden Strafe erklärte er sich bereit, alles preiszugeben, was er über Klatscher und andere terroristische Aktivitäten wusste. Das war einfach, weil es nicht viel preiszugeben gab, von seiner Klatscher-Zelle einmal abgesehen, deren übrige Mitglieder alle tot waren. Außerdem erhielt er ein dauerhaftes Redeverbot, durfte also in der Öffentlichkeit nicht über die Umwandlung, Zehntopfer und das, was im Happy Jack passiert war, sprechen. Im Grunde wurde Lev dazu verurteilt, von der Bildfläche zu verschwinden.
    »Wir sollten dich Arielle nennen, wie die kleine Meerjungfrau«, hat sein Bruder Marcus scherzhaft gesagt. »Du darfst herumlaufen, musst dafür aber deine Stimme

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